Entwicklung und
Zusammenarbeit

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High-Level-Panel-Bericht

Neue Partnerschaft

Bis 2030 sollen extreme Armut und Hunger aus der Welt verschwunden und eine nachhaltige Entwicklung vorangetrieben sein. Das ist die Hauptvision des von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon beauftragten High-Level-Panels, das nun seine Empfehlungen zur Post-2015-Development-Agenda in einem Bericht veröffentlicht hat.
Die Mitglieder des High-Level-Panels (siehe Artikel). UN-Foto/Eskinder Debebe Die Mitglieder des High-Level-Panels (siehe Artikel).

Die internationale Fachwelt hat mit Spannung erwartet, was das hochkarätig besetzte Expertengremium (siehe Bild) zur Weiterentwicklung der Millenniumsentwicklungsziele (MDGs) über das Jahr 2015 hinaus vorschlägt. Kernempfehlung an den UN-Generalsekretär ist, dass eine neue Entwicklungsagenda die beiden Ziele Armutsbekämpfung und Nachhaltigkeit verbinden soll. Eine eigene Sustainable Development Agenda, wie sie derzeit eine Arbeitsgruppe als Ergebnis des Rio+20-Gipfels ausarbeitet, erachtet das High-Level-Panel (HLP) als nicht sinnvoll. Dies entspricht der Meinung vieler deutscher Entwicklungsexperten (siehe Dirk Niebel in E+Z/D+C 2013/04, S. 166 f.).

Die künftige Agenda sollte nach Meinung des Panels auf den positiven Aspekten der bisherigen MDGs aufbauen und diese weiterentwickeln. Dazu gehört eine Fokussierung nicht mehr nur auf die Entwicklungsländer, sondern auf die ganze Welt, ein Wunsch, den auch Nichtregierungsorganisationen (NGOs) an eine neue Agenda gestellt haben (siehe Hans Dembowski in E+Z/D+C 2013/05, S. 180 f.). Das heißt, auch hochentwickelte Länder müssen ihre Lebensweise ändern, zum Beispiel in Bezug auf nachhaltigen Konsum.

Deshalb trägt der Bericht den Titel „A new global partnership: eradicate poverty and transform economies through sustainable development“. Er soll der UN-Generalversammlung als Grundlage dienen, um in den nächsten zwei Jahren eine verbindliche multilaterale Agenda zu beschließen.

Das Expertengremium nennt in seinem Bericht fünf zentrale Leitlinien. An erster Stelle steht der Gedanke der Gleichheit aller Menschen. Die Menschenrechte müssten für jede Person gelten, egal welchen Alters, Geschlechts, welcher Rasse, Nationalität oder Behinderung. Jedem steht ein Recht auf wirtschaftliches Auskommen zu, befindet das HLP. Armut müsse nicht nur reduziert, sondern bis 2030 beendet sein.

Die zweite Leitlinie zielt auf nachhaltige Entwicklung und ein Aufhalten des Klimawandels. Neue Technologien müssten dafür eingesetzt werden, um den Konsum nachhaltig zu gestalten. Den reichen Ländern komme eine Vorreiterrolle zu.

Die Wirtschaftssysteme müssen nach Meinung der Experten so umgestaltet werden, dass die Ökonomie nachhaltig und inklusiv wächst. Die Schaffung neuer Arbeitsplätze vor allem für Frauen und junge Leute sei mitentscheidend, um die Armut zu beenden und eine gute Lebensgrundlage für alle zu bieten.

Ein Gedanke, der in den MDGs bisher nicht formuliert wurde, ist der von Frieden, guter Regierungsführung und verlässlichen Institutionen für die Bürger aller Länder. Das HLP sieht darin einen Grundpfeiler für eine prosperierende und zufriedene Gesellschaft.

Die Forderung nach einer neuen globalen Partnerschaft rundet die Empfehlungen ab. Im Kern geht es um kohärente multilaterale Entscheidungsfindung mit stringenter Durchsetzung für Menschheitsfragen wie Handel, Umweltschutz, Sicherheit et cetera.


Von der Vision zur Aktion

Die Auswirkungen der Leitlinien wird von der Umsetzung konkreter Ziele und Prioritäten abhängen, urteilt das Expertengremium. Deshalb gibt es den Verfassern der Post-2015-Agenda eine Liste mit zwölf Zielen (goals), vier mehr als in den MDGs festgeschrieben sind, an die Hand (siehe Kasten).

54 Einzelmaßnahmen (targets) – jeweils vier oder fünf pro Ziel – bieten einen Fahrplan, wie die Ziele konkret und messbar umzusetzen sind. Die Gleichstellung von Frauen soll etwa durch das Verhindern und Beenden von Gewalt gegen Frauen und das Ende der Zwangsheirat von Kindern umgesetzt werden. Gute Regierungsführung und verlässliche Institutionen sollten zum Beispiel durch die Sicherstellung von Rede- und Pressefreiheit erreicht werden. Konkret messbare Zielvorhaben, wie die Erhöhung der Zahl geimpfter Kinder um einen Faktor x, nennt das Panel nicht. Es gibt aber Vorschläge, welche messbare Indikatoren Länder umsetzen können.

Die neue Agenda sollte nach Ansicht des HLPs jedem Land ermöglichen, die Ziele in Eigenregie umzusetzen. Als wichtige Lektion für eine neue Agenda habe man von den MDGs gelernt, dass globale Ziele nur dann effektiv verfolgt werden, wenn sie auf nationaler und lokaler Ebene angenommen werden. Deshalb sollte die konkrete Umsetzung in nationalen Aktionsplänen festgeschrieben werden, damit jede Regierung individuelle Ausgangspunkte und Zielvorgaben festlegen könne. In die Umsetzung sollten die Regierungen dann wiederum die lokalen Ebenen – Städte, Dörfer, Gemeinden oder Provinzen – einbeziehen.

Die Ziele wären, wie auch schon die MDGs, nicht rechtsverbindlich. Vertrauenswürdige Institutionen und einklagbare Ansprüche sieht das HLP als Ziel für die nationalstaatliche Ebene vor. Das Gremium fordert aber ein unabhängiges und strenges Monitoring, das auf höchster politischer Ebene angesiedelt werden soll. Es schlägt vor, dass unter Führung der UN die Daten aller Länder gesammelt und ausgewertet werden sollen. So könne man sehen, wie weit die neue Agenda in den Ländern implementiert sei.

Im Post-2015-Prozess sieht das Gremium deshalb sogar eine Chance für eine „Datenrevolution für nachhaltige Entwicklung“. Bisher werden Zahlen in globalen Organisationen, nationalen Statistikämtern oder von der Privatwirtschaft getrennt voneinander gesammelt. Das HLP fordert nun, all diese Erhebungen in einer „globalen Partnerschaft für Entwicklungsdaten“ zusammenzuführen. Diese Partnerschaft könnte eine weltweite Strategie entwickeln, um Wissenslücken zu füllen, die Datenverfügbarkeit zu erweitern und alle internationalen Arbeiten zusammenzuführen.

Die Mitglieder des High-Level-Panel sind: Emilia Pires (Timor-Leste), Horst Köhler (Deutschland), Königin Rania aus Jordanien, Susilo Bambang Yudhoyono, Präsident von Indonesien (Co-Chair), David Cameron, britischer Premierminister (Co-Chair), Ellen Johnson Sirleaf, Präsidentin von Liberia (Co-Chair), Amina J. Mohammed (ex officio), Naoto Kan (Japan), Jean-Michel Severino (Frankreich), Andris Piebalgs (Lettland), Gunilla Carlsson (Schweden), Ngozi Okonjo-Iweala (Nigeria), Gisela Alonso (Kuba), Patricia Espinosa (Mexiko), Sung-Hwan Kim (Südkorea), Maria Angela Holguin (Kolumbien), Fulbert Gero Amoussouga (Benin), Kadir Topbaş (Türkei), Abhijit Banerjee (Indien), Izabella Teixeira, Brasilien, Elvira Nabiullina (Russland), John Podesta (USA), Yingfan Wang (China), Betty Maina (Kenia), Tawakel Karman (Jemen), Paul Polman (Niederlande) und Graça Machel (Südafrika).

 

Sabine Balk ist Redakteurin von E+Z/D+C.
euz.editor@fs-medien.de