Indigene Stimmen
„Wenn ich all das verliere, bin ich verloren“

Dieser Artikel ist Teil einer Interviewreihe, in der Indigene Stimmen aus verschiedenen Teilen der Welt zu Wort kommen, darunter eine Turkana und ein Massai aus Kenia und ein Sámi aus Norwegen.
Bitte stellen Sie sich kurz vor: Wo leben Sie, und zu welcher Indigenen Gemeinschaft gehören Sie?
Mein Name ist Sonami Baski, und ich komme aus einem Dorf namens Bishnubati in Bolpur, Westbengalen. Ich bin Studentin und gehöre zur indigenen Gruppe der Santals.
Was bedeutet Ihnen Ihre Indigene Identität?
Meine Identität als Adivasi – das bedeutet „Ureinwohner“ und ist der Name, den wir und andere Indigene Gruppen in Indien und Bangladesch uns gegeben haben – bedeutet mir alles. Sie zeigt mir, wer und was ich bin und wo meine Wurzeln liegen.
Meine Identität drückt sich aus in meiner Sprache, Kultur, Kleidung und in der Küche. Wenn ich all das verliere, bin ich verloren. An meiner Gemeinschaft mag ich einfach alles: die Lieder und Tänze, die Kleidung und unseren Stil, die Religion und die Feste, sogar die Regeln und Vorschriften. Ich mag auch, dass Männer und Frauen bei uns gleichberechtigt behandelt werden.
Was gibt es an der Situation der Gemeinschaft zu verbessern?
Es gibt viel Armut, deshalb gehen die jungen Leute früh von der Schule ab. Sie sind gezwungen, auf dem Feld zu arbeiten oder in die größeren Städte zu ziehen, um Arbeit zu finden. In unserer Gesellschaft fangen vor allem junge Männer schon sehr früh damit an, Alkohol zu trinken. Es gibt auch Fälle von früher Verheiratung. Grundsätzlich fehlt es an Bildung, und die Leute sollten mehr auf ihre eigene Gesundheit achten.
Was kann die Welt von Ihrer Gemeinschaft lernen?
Ganz viel, denke ich. Wir haben zum Beispiel verschiedene Tänze für verschiedene Jahreszeiten und Anlässe. Wir machen vieles auf eine besondere Art: wie wir unsere Häuser bauen, sauber halten und dekorieren, Matten flechten, Besen herstellen und Tiere jagen, zum Beispiel. Außerdem kennen wir uns sehr gut mit Heilpflanzen aus.
Davon abgesehen ist unsere Gemeinschaft wahrscheinlich bei der Erfüllung mancher Entwicklungsziele weiter als manche nichtindigenen Gesellschaften: Bei uns geht es nicht streng patriarchal zu, Frauen sind frei. Und wir Adivasi verehren die Natur. Wir nehmen uns von ihr nur das, was wir brauchen, und machen sie nicht unnötig kaputt oder töten Tiere, wenn es nicht sein muss.
Sonami Baski ist Studentin und gehört zur Santal-Gemeinschaft.
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