Demokratie

Verlorenes Vertrauen

Am 23. Dezember finden in der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo) Präsidentschafts-, Parlaments- und Kommunalwahlen statt. Das hätte vor zwei Jahren schon geschehen sollen, wurde aber zweimal verschoben. Der amtierende Präsident Joseph Kabila darf nicht erneut kandidieren, und mittlerweile akzeptiert er das auch. Leider gewährleistet das noch keine friedlichen, transparenten und rechtmäßigen Wahlen.
Sicherheitskräfte gehen Ende 2017 gegen Protestierende in Kinshasa vor. John Bompengo/picture-alliance/AP Photo Sicherheitskräfte gehen Ende 2017 gegen Protestierende in Kinshasa vor.

Im Dezember 2016 sollte in der Demokratischen Republik Kongo gewählt werden. Damals endete Joseph Kabilas zweite Amtszeit. Obwohl die Verfassung eine erneute Kandidatur ausschloss, agierte er so, als wolle er wieder antreten. Das löste Proteste mit etlichen Todesopfern aus. Am 31. Dezember 2016 einigten sich Präsidentenlager und Opposition auf eine Übergangsphase, um freie und faire Wahlen vorzubereiten.

Das unter der Schutzherrschaft der katholischen Kirche unterzeichnete „Silvester-Abkommen“ sah für diese Zeit eine gemeinsame Führung des Landes vor. Kabila blieb Präsident, das Oppositionslager bestimmte den Premierminister, und ein Nationaler Übergangsrat wurde geschaffen.

Gewählt werden sollte im Dezember 2017. Doch aus logistischen Gründen wurde der Termin erneut verschoben. Im November 2017 erklärte die unabhängige Wahlkommission, sie brauche mehr Zeit für Dinge wie das Erstellen des Wählerverzeichnisses und die Beschaffung von Wahlmaschinen.

Kandidaturen konnten bis zum 8. August 2018 angemeldet werden. An diesem Tag gab Kabila bekannt, Emmanuel Ramazani Shadar werde Präsidentschaftskandidat seines Lagers. Kabila beendete so Spekulationen über eine dritte Amtszeit. Sie hatten seit Dezember 2016 für Unruhen gesorgt und viele Menschen das Leben gekostet.

Die endgültige Kandidatenliste wurde am 19. September veröffentlicht. Sie umfasst 21 Bewerber. Vier weitere wurden abgelehnt. Dass zwei der populärsten Politiker nicht antreten dürfen, ist ein ernstes Problem. Die Bewerbung des früheren Warlords Jean-Pierre Bemba, der nach Ende des Bürgerkriegs von 2003 bis 2006 Vizepräsident einer Übergangsregierung unter Kabila gewesen war, lehnte das Verfassungsgericht mit der Begründung ab, der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag (IStGH) habe ihn wegen der Bestechung von Zeugen verurteilt. Allerdings sprach der IStGH Bemba im Juni in einem Verfahren wegen Kriegsverbrechen frei. Bemba ist in der DR Kongo beliebt.

Auch Moïse Katumbi, der frühere Gouverneur der Provinz Katanga, kann nicht antreten. Er war ebenfalls früher mit Kabila verbündet, lebt aber seit 2016 im Exil. Er sagt, ihm sei im August an der sambischen Grenze die Einreise in die DR Kongo verwehrt worden, als er sich als Kandidat registrieren lassen wollte.

Beide Männer galten als mögliche Wahlsieger. Dass ihre Namen nicht auf dem Stimmzettel stehen, mindert in den Augen vieler oppositioneller Gruppen die Legitimität der Wahl. Sie werfen der Regierungspartei, die Geheimdienst und Verfassungsgericht kontrolliert, vor, den Wahlverlauf zu manipulieren und mit staatlichen Institu­tionen Oppositionspolitiker einzuschüchtern oder auszugrenzen.

Auch dass die Präsidentschafts-, Parlaments- und Kommunalwahlen gleichzeitig stattfinden, gibt Anlass zur Sorge. Die logistischen und finanziellen Herausforderungen sind riesig. Internationale Unterstützung könnte Verzögerungen oder gar eine erneute Verschiebung verhindern, aber die Regierung lehnt das im Namen der Souveränität ab. Sie hat sogar Unterstützung von MONUSCO, der UN-Mission zur Stabilisierung des Landes, ausgeschlagen. Für den wahren Grund halten Oppositionelle, dass die Regierung die Wahlen manipulieren will.

Für Kontroversen sorgen auch die Wahlmaschinen, die die Wahlkommission einsetzen möchte. Laut Opposition ermöglichen sie Betrug in großem Stil. Die Opposition ist jedoch zersplittert und hat sich nicht hinter einem einzigen Kandidaten gesammelt.

Aus all diesen Gründen bleibt die Lage im Land angespannt, obwohl Kabila nicht wieder antritt. Die Menschen hoffen auf faire, freie Wahlen. Viele wollen einen Regierungswechsel. Doch die wenigsten trauen den öffentlichen Institutionen. Dass Gewalt schnell eskalieren kann, hat die Vergangenheit gezeigt. Der verheerende Bürgerkrieg im Osten des Landes wurde nie wirklich beendet – und der aktuelle Ebola-Ausbruch dort vergrößert die Probleme nur.


Jonathan Bashi ist Rechtsprofessor und Entwicklungs-Consultant in Kinshasa.
euz.editor@fazit-communication.de

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