Schwierige Grundlagen
„Ownership” ist das zentrale entwicklungspolitische Schlagwort der vergangenen Jahre. Es klingt wie ein klares Prinzip, beschreibt aber ein Dilemma. Die Geberregierungen wissen, dass Fortschritt davon abhängt, dass Entscheidungsträger in Entwicklungsländern verantwortungsvoll den Kurs für die Zukunft ihrer Gesellschaft festlegen. Das geschieht aber nicht überall, weshalb über „Souveränität”, „Demokratie” und „Selbstbestimmung” hinaus ein weiterer Terminus geprägt wurde.
Wenn nicht sonstige Wirtschafts- und Sicherheitskalküle vorherrschen, machen Geber ihre offizielle Entwicklungshilfe (ODA) davon abhängig, dass sie geeignete Ownership erkennen. Viele arme Staaten brauchen aber Unterstützung, sodass im Diskurs ein Paradoxon mitschwingt: Diejenigen, deren Verantwortung betont wird, können nicht selbständig handeln. Wollen sie weiter Geld bekommen, müssen sie sich mit den Gebern gutstellen – ihre nationalen Kontrollinstanzen sind weniger wichtig. Das Dilemma lässt sich nicht einfach lösen. Psychologen empfehlen in solch widersprüchlichen Double-Bind-Situationen behutsames und bewusstes Handeln. Die OECD-Staaten haben denn auch in der Paris Declaration on Aid Effectiveness vor fast drei Jahren Harmonisierungsregeln formuliert, um durch kohärentes und koordiniertes Auftreten Fortschritt in fremden Ländern voranzubringen.
Ähnlich wird auch in der Europäischen Union gedacht. Sie hat sich im Grundsatz schon auf eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik geeinigt, ihre Mitglieder gehören auch der OECD an, und zusammen bringen sie den Löwenanteil der weltweiten Entwicklungshilfe auf. Deshalb kommt es auf die EU als Vorreiterin der Harmonisierung besonders an. Es lässt sich immer darüber streiten, ob ein Glass halb voll oder halb leer ist. Es wäre zynisch, Fortschritt zu leugnen. Und es wäre naiv, sich mit dem Erreichten zufriedenzugeben.
Bedrückend ist, dass Harmonisierung vor allem bei relativ erfolgreichen „Donor Darlings” wie Ghana oder Tansania vorankommt. Diese Länder machen den Gebern die geringsten Sorgen. In großen Problemfällen – Afghanistan oder Kongo etwa – ist alles viel schwieriger. Gerade dort ist aber Verzettelung sogar im Wortsinn tödlich und die Förderung wohlverstandener Ownership besonders dringlich. Wo Krieg tobt oder jederzeit ausbrechen kann, ist langfristiger Aufbau ohnehin sehr schwierig. Und der Streit, welcher Verbündete wie viele Truppen wohin schickt, überdeckt schnell die Entwicklungsdebatte.
Zum Jahreswechsel erschütterten der Mord an Benazir Bhutto in Pakistan und der Wahlskandal in Kenia die Welt. Beide Dramen verdeutlichen, dass friedliche Entwicklungserfolge der internationalen Sicherheit dienen würden. Beide Beispiele zeigen aber auch, dass es nicht nur auf die ODA der reichen Nationen ankommt, sondern auf deren gesamtstaatliches Handeln. In beiden Ländern waren OECD-Regierungen zu lange bereit, mit fragwürdigen Partnern zu kooperieren, weil das politisch opportun schien. In beiden Fällen haperte es offensichtlich an der Ownership, auf die in strategisch und ökonomisch weniger wichtigen Ländern geachtet worden wäre.
Das Kalkül ist nicht aufgegangen. Nun eskalieren Krisen, die westliche Außen- und Sicherheitspolitiker mit faulen Kompromissen verhindern wollten. Grundwerte der Entwicklungspolitik wie Demokratie oder Good Governance mögen schwer zu verwirklichen sein – aber es geht um sehr viel mehr als lediglich Floskeln vermeintlicher Gutmenschen.