Qualifizierungsmaßnahmen
Von Digitalisierung können informelle Firmen profitieren
Einzuschätzen, wie sich die Digitalisierung auf den Arbeitsmarkt auswirkt, ist nicht einfach, geben die GIZ-Autoren zu. In der formellen Wirtschaft gehen Jobs verloren, die Automatisierung macht Arbeiter überflüssig – zugleich kann die Digitalisierung die informelle Wirtschaft auch vorantreiben.
Die informelle Wirtschaft besteht aus Unternehmen, die weder offiziell registriert noch straff reguliert sind. Meist zahlen sie keine Steuern und sind wenig produktiv. Aus Sicht der GIZ kann die Digitalisierung vieles verbessern, etwa wenn Angestellte neue Fähigkeiten, etwa grundlegende Lese- und Schreibkenntnisse, erwerben. Firmeninhaber investieren jedoch vor allem dann in Ausrüstung und Training, wenn andere Risiken nicht allzu groß erscheinen. Schlechte Infrastruktur (bezüglich Wasser-, Stromversorgung oder Verkehr) ist somit ein echtes Hindernis.
Digitalisierung des Finanzwesens kann laut GIZ die Buchführung erleichtern sowie Umsätze und Gewinn steigern. Zugleich kann das Internet die Interaktion mit Kunden, Auftraggebern und Lieferanten verbessern. Längerfristig kann die Digitalisierung helfen, Unternehmen zu formalisieren und produktiver zu machen. Zugang zu e-Government-Diensten kann die Verwaltung vereinfachen. Der Spielraum für mehr Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz oder die Bereitstellung von Sozialleistungen (inklusive Krankenversicherung) wird größer.
Im Bericht wird das Beispiel Kenia angeführt, wo das bargeldlose Zahlsystem M-Pesa erheblichen Fortschritt gebracht hat. Es hat Geldtransfers deutlich erleichtert, was auch zu mehr Transparenz auf dem informellen Markt geführt hat. Auch der Zugang zu Krediten und anderen Finanzdiensten ist besser geworden. Anerkennend erwähnt die GIZ auch das mexikanische Tabletas-Concanaco-Programm. Dieses hat zwei Ziele: informelle Unternehmen produktiver zu machen und sie zu besteuern. Die Unternehmen erhalten eine Software und freien Internetzugang – und letztlich nehmen das jeweilige Unternehmen und der Staat mehr ein.
Die größte Herausforderung, so die GIZ-Autoren, ist die mangelnde Qualifikation, weshalb die technische und berufliche Bildung (Technical and Vocational Education and Training – TVET) von entscheidender Bedeutung ist. Die Möglichkeiten, sich relevantes Wissen zu verschaffen, variieren je nachdem, wo man ist. Im städtischen Umfeld ist es tendenziell einfacher.
Bis zu einem gewissen Grad können laut GIZ auch informelle Unternehmen von TVET-Angeboten profitieren, die Nichtregierungsorganisationen oder private Trainingszentren anbieten. Auch Online-Lernen kann sich als sinnvoll erweisen. Laut den Autoren bieten manche Universitäten, Bibliotheken und andere öffentliche Einrichtungen passende Internetplattformen und Kurse für Schulabbrecher, Menschen mit Behinderungen, rückkehrende Migranten und andere benachteiligte Menschen an. Die verschiedenen Zielgruppen brauchen oft unterschiedliche Angebote, betonen die Experten. Auch Geschlecht, Alter und Vorbildung der Teilnehmer spielen eine Rolle.
Mobiles Lernen mit dem Handy hat enormes Potenzial, eine Vielfalt an Menschen zu erreichen, da es leicht zu betätigen und kostengünstig ist. Die Autoren betonen, dass m-learning sehr gute Erfolge in der Landwirtschaft gezeigt hat.
Die GIZ-Studie hebt erforderliche Qualifikationen hervor. Lese- und Rechenkenntnisse sind essenziell, aber nichtroutinemäßige Aufgaben erfordern generell höhere kognitive Fähigkeiten. Zudem ist es oft wichtig zu wissen, wie man kompetent mit anderen interagiert. Wichtig sind auch Umgang mit Daten, Bewältigung von Computerproblemen und Schutz der Privatsphäre.
TVET unterstützt unternehmerische Fertigkeiten, so die Autoren. Sie raten Organisationen, die TVET-Kurse anbieten, auf digitale Möglichkeiten im informellen Sektor zu achten und sich untereinander international zu vernetzen. Länder mit fragmentierten Berufsbildungssystemen und mangelhaften Bildungssektoren würden ihnen zufolge besonders profitieren.
Rishikesh Thapa hat kürzlich seinen Master in Internationale Beziehungen und Kulturdiplomatie an der Hochschule Furtwangen gemacht.
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