Entwicklung und
Zusammenarbeit

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Wüstenbildung

Menschen vor Ort einbeziehen

Wüstenbildung ist ein großes Problem in vielen Gegenden Afrikas. Sie zieht gesellschaftliche und wirtschaftliche Probleme und zuweilen sogar gewalttätige Konflikte nach sich. Seit 2007 wird eine Barriere aus Bäumen quer durch Afrika angelegt, um die Ausbreitung der Sahara zu stoppen. Der nigerianische Umweltschützer Nnimmo Bassey bewertet das Projekt.
Baumpflanzungen in großem Stil gegen die Wüstenbildung. picture-alliance/AP Images/Source: Green Wall Initiative Baumpflanzungen in großem Stil gegen die Wüstenbildung.

Ein 8 000 Kilometer langes Band aus Bäumen wird vom Senegal bis Dschibuti gepflanzt: die sogenannte Große Grüne Mauer. Bislang sollen 15 Prozent fertiggestellt sein. Kann dieses Projekt die Sahara aufhalten?
Die Idee einer solchen 8 000 Kilometer langen und 15 Kilometer breiten Barriere ist gut (siehe Kasten nächste Seite). Das Projekt wird viele Auswirkungen haben, und das Ziel, damit die Wüste zu stoppen, ist auf jeden Fall interessant. Allerdings marschiert die Wüste nicht voran wie Menschen. Die Bäume können sie nur aufhalten, wenn man sich gut um sie kümmert und sie ein integraler Bestandteil eines komplexen Ökosystems werden, das die wirtschaftlichen und gesellschaftlich-kulturellen Aktivitäten der Gemeinschaften in der Region unterstützt. Das würde das Engagement der Menschen vor Ort garantieren. In Nigeria zum Beispiel fehlt das bislang. Die Regierung organisiert seit Jahren Baumpflanzaktionen, aber die Menschen sind in den Prozess nicht eingebunden und sehen nicht ein, weshalb sie diese Bäume pflegen sollten. Sie sehen es als Regierungsprojekt an, nicht als ihr eigenes. Ein weiteres Problem besteht darin, dass mancherorts keine einheimischen Bäume gepflanzt werden. Sie überleben dann nicht oder haben für die Menschen einfach keine Relevanz.

Hat das Große-Grüne-Mauer-Projekt den Anstoß für die Baumpflanzaktionen in Nigeria gegeben?
Nein, die gab es schon vorher. Aber das Projekt hat für mehr koordinierte Anstrengungen gesorgt, die Vegetation in der Region wiederherzustellen.

Weshalb und auf welche Weise findet Wüstenbildung überhaupt statt?
Nun, Wüstenbildung oder Desertifikation bedeutet, dass Gegenden sich in Wüsten verwandeln. Das kann überall passieren. Hier in Nigeria gibt es zwei Ursachen dafür: Klimawandel und schlechtes Umweltmanagement, zum dem auch der Umgang mit Bewässerungssystemen gehört. Der Klimawandel führt zu Wassermangel und Dürre. Die wichtigsten menschgemachten Faktoren sind Wanderhirtentum und Überweidung.

Welche Folgen hat die Wüstenbildung?
Sie vertreibt die Menschen und führt damit zu Binnenmigration. Die Hauptursache ist Wassermangel – fruchtbares Land geht verloren, und Landwirtschaft ist kaum noch möglich. Ich würde die Betroffenen als Klimaflüchtlinge bezeichnen. Der Tschadsee im Nordosten Nigerias ist ein gutes Beispiel: Er ist auf weniger als fünf Prozent seiner ursprünglichen Größe geschrumpft. Tausende von Bauern, Fischern und Wanderhirten sind aus der Gegend geflüchtet. Andere haben ihre Häuser und ihr Einkommen verloren. Die Vertreibung trägt zu den gewalttätigen Konflikten in der Gegend und in Nigerias Middle-Belt-Region bei. (Siehe Beitrag von Lea Diehl in E+Z/C+C e-Paper 2018/09, Monitor.)

Was kann man machen, um diese Entwicklung zu stoppen?
Das Entscheidende ist, dass Menschen Wasser brauchen, Wassereinzugsgebiete müssen also geschützt werden. Auch Baumpflanzungen sind wichtig. Manche einheimische Sorten können Wasser im Boden speichern. Diese müssen für die Große Grüne Mauer verwendet werden. Damit das Projekt ein Erfolg wird, muss auf lokales Wissen und Vorgehen zurückgegriffen werden, und die Menschen vor Ort müssen in Planung und Durchführung eingebunden sein.

Können Sie Beispiele solcher lokaler Vorgehen geben?
Natürlich. Im vergangenen Jahr sind zwei der Preisträger des Right Livelihood Award dafür ausgezeichnet worden, dass sie vertrocknetes Land wiederhergestellt haben. Der eine ist Yacouba Sawadogo, ein Bauer aus Burkina Faso. Er benutzte eine lokale Methode namens „Zia“, bei der Steinbar­rieren und Kompost zum Einsatz kommen, um verschiedene Baumsorten zu kultivieren und die Vegetation insgesamt zu regenerieren. Diese Bäume begrünen nun eine Gegend in Burkina Faso, die ansonsten semiarid wäre. Der andere ist Tony Rinaudo, ein australischer Agrarökonom und Pionier der Farmer Managed Natural Regeneration. Er erweckt Wurzeln zum Leben – das ist beinahe Magie. Er arbeitet mit lokalen Bauern zusammen, um die Wurzeln zu beschneiden und daraus Bäume zu ziehen. Beide Methoden sind sehr nachhaltig und benötigen kaum externen Input. Sie sollten andernorts kopiert werden.

Die Wüstenbildung zu stoppen ist nicht das einzige Ziel der Großen Grünen Mauer. Was ist sonst noch wichtig?
Ich denke, das andere große Ziel besteht darin, unterschiedliche wirtschaftliche Aktivitäten in der Region zu fördern. Die Große Grüne Mauer muss sie hervorbringen. Sie soll die Landwirtschaft beflügeln und Menschen dazu bringen, besser mit dem Boden umzugehen. Wir müssen die kleinbäuerliche Landwirtschaft wiederherstellen. Große Monokulturen sind keine Lösung: Sie zerstören die Umwelt, weil sie sehr viel Wasser und Chemie benötigen. Es ist wichtig, dass die Große Grüne Mauer keine Große Grüne Plantage wird. Wenn wir die kleinbäuerlichen Betriebe nicht erhalten und unterstützen, werden die Lebensgrundlagen der Menschen weiter schwinden. Sie sehen dann keinen Sinn darin, sich an Umweltschutzaktivitäten zu beteiligen. Letztlich kommt es darauf an, wie das Projekt umgesetzt wird. Eine Große Grüne Mauer als Monokultur exotischer oder gar genetisch veränderter Bäume wäre wertlos. Aber wenn man es richtig macht, kann die Mauer sehr nützlich sein. Sie wirkt sich dann direkt auf Wirtschaft und Klima aus, und sehr viele Menschen profitieren. Es gibt Anlass sowohl zur Hoffnung als auch zur Vorsicht.


Nnimmo Bassey leitet die Health of Mother Earth Foundation (HOMEF), einen unabhängigen nigerianischen Thinktank.
nnimmo@homef.org
http://www.homef.org/

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