UN Mission
Frustrierter Rückzug
Von Floreana Miesen
Die Provinz-, Senatoren- und Bürgermeisterwahlen werden in der DRC nicht im nächsten Jahr wie geplant abgeschlossen sein, sondern sich bis 2014 hinziehen. Das beschloss die nationale Wahlkommission Anfang Juni. Derweil bleibt Joseph Kabila als Präsident umstritten. Mit einer kurzfristigen Verfassungsänderung hatte seine Regierung bei den Wahlen 2011 ermöglicht, dass er mit nur 49 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt wurde. Oppositionskandidaten erkannten das Ergebnis aber nicht an, und es gibt weiterhin Forderungen nach Neuwahlen.
Laut einer aktuellen Studie von Mirko Herberg von der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) zeigt diese Erfahrung, dass Machtwechsel durch Wahlen in Zentralafrika praktisch unmöglich sind. Typischerweise seien Wahlkommissionen nicht neutral, Wählerverzeichnisse mangelhaft, und die Stimmauszählung finde im Geheimen statt. In der DRC seien Oppositionen drangsaliert worden. Die internationale Gemeinschaft muss aus Herbergs Sicht darauf reagieren, dass in der DRC international akzeptierte Demokratiestandards ignoriert werden.
Auf einer Konferenz, die die FES zusammen mit dem Ökumenischen Netz Zentralafrika (ÖNZ) im Juni in Berlin veranstaltete, beklagte Claudel André Lubaya, Abgeordneter der Nationalversammlung, die parlamentarische Opposition könne in der DRC ihre Kontrollfunktion nicht ausüben. Wichtige Diskussionen fänden hinter verschlossenen Türen statt.
Das Land leidet unter anhaltenden Konflikten. Amnesty International (AI) berichtet von zunehmendem Waffenhandel und der Rekrutierung von Kindersoldaten – vor allem im Osten der DRC. Laut AI-Expertin Franziska Ulm-Düsterhöft interessieren sich die internationalen Geber wegen des arabischen Frühlings weniger für Entwicklungen südlich der Sahara. Die internationale Gemeinschaft sei dabei, sich frustriert zurückzuziehen.
Jean Claude Katende von der Association Africaine de Défense des Droits de l’Homme (ASADHO) bezeichnet die kongolesische Polizei als inkompetent und in Menschenrechten ungeschult. Nur 30 Prozent der Gerichtsurteile würden ausgeführt. Es gebe kein echtes Verständnis von Rechtsstaatlichkeit, und die Menschen wendeten sich lieber an humanitäre Organisationen als an die Justiz.
Seit 1999 soll die MONUSCO (United Nations Organisation Stabilisation Mission in the DR Congo) den Frieden sichern. Samba Tall von MONUSCO klagt aber über die Vielzahl von Rebellengruppen. Jede MONUSCO-Einheit habe den Eindruck, sich selbst verteidigen zu müssen. Aus Sicht von Aloys Tegera vom Pole Institute in der DRC sind die MONUSCO-Soldaten indessen schlecht ausgebildet und verstehen das Land nicht. Er vergleicht die DRC mit einem „heiß kochenden Kochtopf“, auf den die MONUSCO nur einen Deckel setze und es im Innern weiterbrodeln lasse. Er fordert, die Probleme an der Wurzel anzugehen und beispielsweise eine Armee ohne Rebellenvergangenheit zu schaffen.
Gefährliche Sicherheitskräfte
MONUSCO kostet mehr als eine Milliarde Dollar pro Jahr. Laut einer Studie von 13 verschiedenen internationalen und kongolesischen Organisationen haben die einfachen Bürger des Landes davon aber nicht viel. Die kongolesischen Sicherheitskräfte schützen demnach die Bevölkerung nicht, sondern bedrohen sie – ähnlich wie die Rebellenmilizen. Die Regierung wolle den Sicherheitssektor nicht wirklich reformieren. Sie profitiere vielmehr von korrupten Netzwerken, die diesen durchziehen.
Wolfgang Manig vom deutschen Auswärtigen Amt betont, die Weltgemeinschaft müsse sich ihrer Verantwortung in der DRC wieder bewusst werden. Multilaterale Arbeit sowie Kooperation mit der kongolesischen Regierung seien essenziell für Fortschritt und Frieden. Auch was kommunale Wahlen angeht, gibt er sich vorsichtig optimistisch. Ein angemessener Verlauf sei möglich, schließlich gehe es „nicht um das Präsidentenamt“.
Floreana Miesen