Peacekeeping
Ohne Plan auf Afrikas Schlachtfeldern
Mit ihrer Mission in der sudanesischen Krisenregion hat die Afrikanische Union (AU) sich eine Aufgabe aufgehalst, für die sie eigentlich erst in drei Jahren gerüstet sein wollte. 2003 vereinbarten die AU-Mitglieder die Einrichtung einer ständigen AU-Truppe für Einsätze in afrikanischen Krisengebieten. Laut dem Beschluss sollte die Truppe frühestens 2010 in Konflikte intervenieren, die der Darfur-Krise vergleichbar sind. Entsprechend ernüchternd fällt eine vorläufige Bilanz der Darfur-Mission (AMIS) aus, die das UN-nahe Beratungsinstitut International Peace Academy (IPA) vorgelegt hat. Der Einsatz war schlecht geplant, die zivilen und militärischen Teile harmonieren nicht, die politische und operative Führung ist mangelhaft und die Ausrüstung der Truppe ist so schlecht, dass die Soldaten teilweise kaum für ihre eigene Sicherheit sorgen können. Die IPA-Studie fasst die Ergebnisse eines Workshops in der ghanaischen Hauptstadt Accra zusammen. Dort berieten Sicherheitsexperten, Militärangehörige, Polizeioffiziere und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen aus Afrika und aus Geberländern über den Verlauf von AMIS, um Lehren für die geplante ständige AU-Truppe zu ziehen.
Die Studie zitiert einen der Workshop-Teilnehmer mit den Worten, die Darfur-Mission „war nie geplant, sondern ist einfach passiert“. Der ursprüngliche Auftrag von AMIS war die Überwachung eines 2004 von der Regierung in Khartum und zwei Darfur-Rebellengruppen geschlossenen Waffenstillstandes. Laut dem IPA-Papier war von Beginn an unklar, wie die Arbeitsteilung zwischen dem Militär und zivilen Polizeikräften ausehen soll; teilweise hätten beide Seiten eigene und sich widersprechende Analysen zur Sicherheitslage an die Einsatzleitung weitergegeben. Auch für die Zusammenarbeit mit den in Darfur tätigen zivilen Hilfsorganisationen verfüge AMIS über kein Konzept. Ein großer Mangel sei außerdem, dass die Mission zu keiner Zeit an die politischen Friedensbemühungen in Darfur gekoppelt gewesen sei. Das, so die Studie, „sei im besten Fall eine Vergeudung von möglichen Synergieeffekten, im schlimmsten Fall jedoch unterminiert es die Rolle der Peacekeeper und gefährdet sie an Leib und Leben“.
Künftige AU-Missionen mit ähnlichem Auftrag sollten nur auf der Grundlage einer sorgfältigen Planung mit einem Mandat versehen werden. Nur so sei gewährleistet, dass sie ihre Aufgabe erfüllen können und nicht hoffnungslos überfordert sind. Langfristig, so die Studie, sollten die einzelnen AU-Staaten sich auf bestimmte Aufgaben spezialisieren, die in komplexen Friedensmissionen erfüllt werden müssen. Im Einsatz könnten sie die Arbeit dann entsprechend aufteilen. Zudem solle die AU nicht danach streben, auch solche Funktionen in Friedensmissionen zu erfüllen, die heute schon kompetent von anderen Akteuren, zum Beispiel den UN, abgedeckt werden.
Die logistische Ausrüstung von AMIS sei völlig unzureichend, stellt die Studie fest. Auch das sei einerseits fehlender Planung geschuldet, andererseits fehle der AU einfach das Geld. Einige truppenstellende Staaten hätten ihre Soldaten quasi nackt geschickt, weil nicht geklärt sei, ob und in welchem Ausmaß sie für den Verlust von Ausrüstung entschädigt werden. Mehr finanzielle Unterstützung der Geberländer ist langfristig keine Lösung, urteilt die IPA-Studie – im Gegenteil: Die starke Abhängigkeit von externen Geldgebern schaffe auch Probleme. Zum einen treffe die Hilfe für AMIS häufig unregelmäßig und gemäß den Zahlungsmodalitäten der Geber ein und nicht dann, wenn sie vor Ort gebraucht wird. Zum anderen erschwere das große Gewicht westlicher Staaten den Umgang mit der Regierung in Khartum. Es führe deshalb kein Weg daran vorbei, dass die afrikanischen Regierungen sich künftig stärker an AU-Missionen finanziell beteiligen: „Afrikanische ,ownership‘ ist ohne ein bestimmtes Maß an Selbstbeteiligung unmöglich.“ Die Einrichtung einer ständigen AU-Friedenstruppe, so die IPA-Studie, sei nicht nur ein militärisches, sondern vor allem ein politisches Projekt. Und als solches müsse es in Afrika auf höchster politischer Ebene gefördert werden. (ell)