Debatte um deutsche EZ
Belegter Nutzen
Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit (EZ) steigert die Warenexporte deutscher Unternehmen. Dies ist das Ergebnis einer Analyse von Forschenden der Universität Göttingen, die von der KfW publiziert wurde. Im Durchschnitt der Jahre 2013 bis 2023 war jeder für die bilaterale EZ ausgegebene Euro mit zusätzlichen deutschen Warenausfuhren in die Empfängerländer um 36 Cent verbunden. In absoluten Zahlen betrug dieser Exporteffekt durchschnittlich 8,8 Milliarden Dollar pro Jahr. Darin noch nicht enthalten sind – mangels verfügbarer Daten – die grenzüberschreitenden Dienstleistungen. Die Autor*innen haben errechnet, dass sich fast 90 000 Arbeitsplätze in der deutschen Industrie dem durch die EZ stimulierten Außenhandel verdanken.
Den Effekt begründen die Wissenschaftler*innen in erster Linie mit steigenden Einkommen in den Empfängerländern und dadurch ausgelöster zusätzlicher Nachfrage. Sie verweisen aber auch auf das durch die Zusammenarbeit geförderte Wohlwollen und gute Beziehungen: Die Pflege internationaler Partnerschaften stärkt auch wirtschaftliche Verflechtungen.
Grundlage ist ein von den Göttinger Forschenden erarbeitetes Modell, das bereits 2016 in einer Studie veröffentlicht wurde. Die jetzt vorgestellten Zahlen sind das Ergebnis einer Neuberechnung mit aktuellen Daten anhand dieser Methodik.
Vielfältiger Nutzen von Entwicklungszusammenarbeit
Die KfW versteht die Entwicklungszusammenarbeit nicht primär als Wirtschaftsförderung. Aber im Kontext der teilweise polemisch geführten Diskussion über Sinn und Zweck der EZ (und über die sprichwörtlichen, von der KfW finanzierten Radwege in Peru) ist es wichtig zu zeigen, dass die Wirkungen dieses Engagements mehrdimensional sind. Es geht nicht darum, zwischen altruistischer Weltverbesserung und egoistischer Interessenpolitik zu wechseln. Internationale Kooperation nutzt, wenn sie richtig ausgestaltet ist, den Interessen aller Beteiligten.
Für kaum ein anderes Land gilt dies mehr als für Deutschland, dessen wirtschaftlicher Erfolg seit Langem auf globalen Verflechtungen beruht, ebenso wie seine Sicherheit. Die EZ-Organisationen sollten daher herausstreichen, dass der Einsatz für eine globale nachhaltige Entwicklung und die Stabilisierung von Wohlstand und Frieden in Deutschland zwei Seiten derselben Medaille sind. In einer Welt, in der offene grenzüberschreitende Systeme immer stärker infrage gestellt werden und internationale Austauschbeziehungen zu zerreißen drohen, wird dies mehr und mehr offensichtlich.
Diese Argumente werden erfreulich gut aufgenommen. Mehrere Medien haben über die neuen Daten berichtet, durchweg mit positivem Tenor. Wer in den ersten Monaten dieses Jahres in X, YouTube und TikTok eintauchte – oder auch manche politischen Debattenbeiträge verfolgte –, konnte leicht den Eindruck gewinnen, die Mehrheit der Deutschen wollte aus der EZ am liebsten vollständig aussteigen. Aber die Lautstärke einzelner Wortmeldungen macht diese nicht repräsentativ.
Zweifel an Nutzen der Entwicklungszusammenarbeit mit Fakten begegnen
Demoskopische Studien wie der DEval-Meinungsmonitor belegen, dass weiterhin deutlich über 50 Prozent der Bevölkerung ein staatliches EZ-Engagement grundsätzlich befürworten. Gleichzeitig gibt es weitverbreitete Zweifel an der Wirksamkeit und dem Nutzen dieser Ausgaben. Und die Präferenzen für die Ziele, die mit EZ angestrebt werden sollten, sind durchaus unterschiedlich. Die eine, für alle Zielgruppen überzeugende Botschaft gibt es nicht.
Die Aufgabe für die EZ-Kommunikation lautet daher: einem breiteren und kritischeren Publikum darzulegen, dass Unterstützung für Entwicklungs- und Schwellenländer und manifeste, auch wirtschaftliche Eigeninteressen kein Widerspruch sind, sondern Hand in Hand gehen können. Daten und Fakten wie die Göttinger Berechnungen zu den Exporteffekten der deutschen EZ sind dafür ein starkes Instrument.
Nicolai Tust ist Abteilungsdirektor Kommunikation bei der KfW Entwicklungsbank.
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