SDG-Finanzierung
Kohlenstoffpreis für nachhaltige Entwicklung
Viele Entwicklungsländer subventionieren fossile Treibstoffe und schaffen damit Anreize für einen verschwenderischen Umgang – was nachhaltige Entwicklung behindert. In manchen Ländern, etwa in Libyen und dem Iran, betrugen die Subventionen 2014 laut der Internationalen Energieagentur fast ein Viertel des Bruttoinlandsprodukts.
Ein Team von deutschen Klimawissenschaftlern fordert, derartige schädliche Subventionen überall auf der Welt zu streichen. Umgekehrt sollten Kohlenstoffemissionen mit einer Steuer belegt werden, deren Höhe sich an dem Ziel des Pariser Klimaabkommens orientiert, die Erderwärmung auf unter zwei Grad Celsius zu begrenzen. Laut Hauptautor Max Franks und seinen Koautoren vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und dem Mercator Institute on Global Commons and Climate Change würde eine solche Steuerreform in einer ganzen Reihe von Ländern ausreichen, um einen Großteil der öffentlichen Gelder aufzubringen, die für die Implementierung der Agenda 2030 notwendig sind: in Vietnam, Bangladesch und Pakistan zwischen einem Viertel und einem Drittel und in Indien sogar 95 Prozent. In manchen Ländern würde es sogar schon reichen, die Subventionen zu streichen – zum Beispiel in Kap Verde und Ägypten.
Bei der dritten UN-Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung in Addis Abeba 2015 hat die internationale Gemeinschaft beschlossen, jegliche Finanzierungsmöglichkeiten für nachhaltige Entwicklung zu nutzen. Doch der Addis Ababa Action Agenda mangelt es an verbindlichen Zusagen (siehe Kommentar von Bernd Bornhorst in E+Z/D+C e-Paper 2015/08 S. 43). Drei Jahre später bestehen noch immer riesige Finanzierungslücken. Die neue Studie geht davon aus, dass Entwicklungsländer den Hauptteil der Kosten für die SDG-Agenda tragen müssen, und schlussfolgert: „Die Mobilisierung inländischer Ressourcen, vor allem durch erhöhte Steuereinnahmen, wird daher eine zentrale Rolle spielen.“
Das UN Sustainability Development Solutions Network (SDSN) schätzt, dass Länder mit geringem und niedrigem mittlerem Einkommen zusammen rund 1,5 Billionen Dollar pro Jahr brauchen, um die SDGs bis 2030 zu erreichen. Inwieweit Klima-Abgaben dazu beitragen können, diese Mittel zu generieren, hängt von vielen Faktoren ab und ist von Land zu Land sehr unterschiedlich. Manche Bereiche eignen sich besser als andere für Privatinvestitionen. So werden private Unternehmen eher zu Verbesserungen der Infrastruktur und Ernährungssicherheit beitragen, als die öffentliche Gesundheit oder die Biodiversität voranzubringen.
Laut der Studie ist der Bedarf für öffentliche Finanzierung in Ländern mit geringem Einkommen besonders hoch. Länder wie Myanmar, Äthiopien, Eritrea, Burundi, der Tschad und Somalia bieten nur wenige Möglichkeiten für privatwirtschaftliche SDG-Finanzierung. Dort wäre eine CO2-Bepreisung interessant.
Die Autoren räumen ein, dass die vorgeschlagenen Reformen eine politische Herausforderung darstellen. Außerdem stünden nicht alle so generierten Mittel für die Umsetzung der SDGs zur Verfügung – zum Beispiel weil diejenigen, die stark unter einer CO2-Abgabe leiden würden, Ausgleichszahlungen erhalten müssten.
Die Klimawissenschaftler betonen jedoch, dass eine erfolgreich eingeführte CO2-Steuer auch positive Nebenwirkungen hätte: Sie würde beispielsweise die Effizienz des Steuersystems in Ländern mit einem großen informellen Sektor erhöhen, da Energiesteuern wesentlich schwieriger zu umgehen sind als Steuern auf Arbeit oder Kapital. Die Autoren sprechen sich für eine Entwicklungspolitik aus, die lokales Capacitybuilding in den Mittelpunkt stellt, auch bei der Steuerverwaltung, und schreiben: „Wenn eine solche politische Maßnahme auf nationaler Ebene Erfolg hat, wäre eine gemeinsame Verpflichtung zur Kohlenstoff-Bepreisung auch auf internationaler Ebene denkbar.“
Quelle
Franks, M. et al., 2018: Mobilizing domestic resources for the Agenda 2030 via carbon pricing. Nature Sustainability, Vol. 1, July 2018, 350-357.
https://www.nature.com/articles/s41893-018-0083-3