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Autoritäre Herrschaft

Propaganda-Herrschaft in Manila

Wie soziale Bewegungen müssen auch Rechtspopulisten viele Menschen mobilisieren. Auf den Philippinen verbreiten Duterte-Unterstützer Desinformation strategisch im Internet.
Aufgebracht über außergerichtliche Tötungen: Demonstrant bei einer Anti-Duterte-Kundgebung in Manila im September 2020. Sammy Sahiddil/picture-alliance/Pacific Press Aufgebracht über außergerichtliche Tötungen: Demonstrant bei einer Anti-Duterte-Kundgebung in Manila im September 2020.

Rodrigo Duterte, der Präsident der Philippinen, überbrückt zwei Jahrhunderte. Er ist ein klassischer „Dritte-Welt-Diktator“ des 20. Jahrhunderts und verdankt seinen Aufstieg Facebook, einem Internetkonzern des 21. Jahrhunderts. Duterte wurde vermutlich als erster Präsident dank sozialer Medien gewählt (Donald Trump wohl der zweite). Facebook war – und ist – wichtig für die Imagebildung, beim Angriff auf Gegner und bei der Täuschung vieler Menschen (siehe Kasten).

Duterte-Propaganda vermischt Fakten und Fantasie. Seine Imagespezialisten behaupten, „das Volk“ liebe ihn und er eine die Nation. Laut Wahldaten gewann er 2016 die Präsidentschaft aber nur mit 36 Prozent der Stimmen. Seine aggressive Rhetorik spaltet. Er gibt sich als Korruptionsbekämpfer, besetzt aber wichtige Ämter mit inkompetenten Günstlingen.

Laut Duterte erleiden die Philippinen eine Rauschgiftkrise. Sein vermeintlicher „Krieg gegen Drogen“ hat jedoch laut Menschenrechtsgruppen zu etwa 20 000 außerrechtlichen Tötungen durch Sicherheitskräfte und informelle Milizen geführt. Viele Opfer sind Kinder, Teenager oder ältere Menschen, hatten aber wohl keinen Kontakt mit Drogen. Die Morde betreffen meist Armenviertel. Allerdings müssen auch Duterte-Kritiker das Schlimmste fürchten.

Duterte ist schon lange für unrechtmäßige Gewalt bekannt. Als Bürgermeister von Davao stützte er sich in den 90er Jahren im Kampf gegen die organisierte Kriminalität auf die sogenannte DDS – die Davao Death Squad. Seine Anhänger nutzen die Buchstabenfolge weiter, haben sie aber zu „Duterte Diehard Supporters“ umgedeutet. Die meisten Todesfälle in Davao wurden nie aufgeklärt. Es herrscht Straflosigkeit.

Dutertes Anhänger halten ihn für einen entschlossenen Außenseiter, der etwas bewirkt. Sie lehnen traditionelle Politiker dagegen als nutzlose „Trapos“ ab, die zur klassischen, dynastiebildenden Elite gehören, Vetternwirtschaft betreiben und ihre Familieninteressen immer im Blick haben.


Ein typischer Trapo

Im Amt entpuppte sich Duterte als typischer Trapo. Er hat sich sogar mit dem Clan von Ferdinand Marcos angefreundet, dem Militärdiktator der Jahre 1972 bis 1986. Dutertes Sohn und seine Tochter sind gewählte Amtsträger. Seine Regierung hat er mit Freunden besetzt – darunter pensionierte Militär- und Polizeibeamte aus Davao. Sie vergibt regelmäßig lukrative Aufträge an Geschäftspartner.

Keines von Dutertes großen Versprechen hat sich erfüllt. Im Wahlkampf gelobte er, in drei Monaten die Verbrechen aufzuklären, in sechs Monaten die illegalen Drogen loszuwerden, in kurzer Zeit Bestechung abzuschaffen und in wenigen Wochen Reisversorgungskartelle auszurotten.

Dass all das nicht gelang, schadet ihm nicht. Er hetzt seine Anhänger auf, indem er Gegner beschimpft. Soldaten befahl er, weibliche Rebellen in die Genitalien zu schießen, wobei er ein vulgäres Wort benutzte. Er beschrieb detailliert, wie er als junger Mann eine Haushaltshilfe belästigte, und er drohte, seinen Amtsvorgänger Benigno Aquino zu enthaupten.

Wiederholt hat er sogar Anhänger als Dummköpfe bezeichnete, weil sie ihm glaubten. Er gab zu, gelogen zu haben, und spottete: „Das haben Sie geglaubt?“

Der einzige klare Erfolg des Präsidenten ist es, die schon zuvor schwächelnde Demokratie des Landes beschädigt zu haben. Dem US-Vorbild entsprechend hat das politische System eine starke Exekutive unter der Führung des Präsidenten. Als unabhängige Staatsgewalten sollen Justiz und Legislative für Kontrolle und Ausgleich sorgen.


Unbegrenzte Macht

Duterte hat aber Günstlinge an die Gerichte berufen, die Legislative besteht aus gefügigen Verbündeten. Justiz und Gesetzgeber begrenzen die Macht des Staatschefs nicht wirkungsvoll. Abgeordnete haben Duterte Notstandsbefugnisse gewährt, einen politischen Gegner mit erfundenen Anklagen ins Gefängnis gebracht, einen Richter des Obersten Gerichtshofs wegen einer frei erfundenen Normverletzung abgesetzt und einen Duterte-kritischen Fernsehsender abgeschaltet. Die Massenmedien sind ihm weitgehend treu.

Dennoch kann sich Duterte nicht sicher fühlen. Öffentliche Empörung hat schon zweimal Präsidenten gestürzt, als spontan Massen auf die Straßen gingen: 1986 Ferdinand Marcos und 2001 Joseph Estrada. „People’s power“ könnte sich abermals regen. Bisher erhebt sich zwar keine starke Bewegung gegen Duterte, aber Proteste finden immer wieder statt.Internet-Trolling hilft Duterte. Social-Media-Aktivismus von hunderttausenden Trollen verwirrt und spaltet die Öffentlichkeit. Sie preisen Duterte als „den Vater“ oder „Retter“ des Landes und attackieren jeden, der widerspricht, als „subversiv“ oder „drogensüchtig“. So entsteht keine ernsthafte Debatte. Der Aktivismus schürt nur Wut und festigt Dutertes autoritäre Stellung.

Auf der Straße fehlt Duterte ähnliche Unterstützung. Anhänger haben seit 2016 mindestens zweimal versucht, Massendemonstrationen in Manila zu veranstalten. 10 Millionen sollten teilnehmen – es kamen aber nur ein paar Tausend.

Die Demokratie ist bedroht. Soziale Medien können die öffentliche Wahrnehmung der Realität manipulieren und Nutzer Fakten bezweifeln lassen. Trolle erwecken den Eindruck von Massenmobilisierung, verhindern zugleich aber die Auseinandersetzung über reale Missstände. Andere Demokratien sollten aufpassen – denn weltweit nutzen Rechtspopulisten das Internet ähnlich wie Duterte und Co.


Alan C. Robles ist freier Journalist und lebt in Manila.
Twitter: https://twitter.com/hotmanila