Pandemie
Wissenschaft verständlich vermitteln
Die Erfahrungen anderer Kontinente zeigen, dass die Strategien zur Eindämmung des neuartigen Corona-Virus darin bestehen
- infizierte Menschen durch Tests so früh wie möglich zu identifizieren,
- positiv getestete Menschen unter Quarantäne zu stellen und schwerwiegende Fälle zu behandeln,
- Menschen, die Kontakt zu Erkrankten hatten, nachzuverfolgen und zu testen,
- Kontaktsperren zu verhängen, egal ob Menschen positiv getestet wurden oder nicht,
- Hygienepraktiken wie richtiges Händewaschen mit Seife oder Desinfektionsmitteln durchzuführen und
- Schutzkleidung, inklusive Masken und Handschuhe, zu tragen, wenn man infiziert ist oder sich um infizierte Patienten kümmert.
Es ist offensichtlich, dass eine erfolgreiche Umsetzung darüber hinaus abhängt von
- der Beteiligung der Bevölkerung,
- starken Gesundheitssystemen,
- politischem Engagement und der Leistungsfähigkeit der nationalen Regierungen sowie
- wirkungsvoller Zusammenarbeit auf nationaler, regionaler und globaler Ebene.
Besonders wichtig ist es aber, Informationen verständlich und überzeugend zu vermitteln. Die Bevölkerung muss verstehen, dass die ergriffenen Maßnahmen ihrem Schutz dienen.
Die afrikanischen Gesundheitssysteme sind schwach, es mangelt an Finanzierung und Personal. Darüber hinaus sind auch die Institutionen meist schwach. Vor diesem Hintergrund wird sich Covid-19 in afrikanischen Ländern vermutlich als verheerender erweisen als in wohlhabenden Staaten. Positiv ist, dass die globale, regionale und nationale Zusammenarbeit bereits beträchtliche Fortschritte erzielt hat: Zu Beginn der Pandemie gab es auf dem gesamten afrikanischen Kontinent gerade einmal zwei SARS-CoV-2-Testlabore, am 7. April waren es bereits 47. Die Testkapazitäten haben sich fortlaufend verbessert.
Informelle städtische Siedlungen bieten dennoch Grund zur Sorge. Etwa 200 bis 300 Millionen Menschen leben in solchen Gegenden. Diese sind zu dicht besiedelt, um physische Kontakte gänzlich vermeiden zu können. Gleichzeitig können Behörden dort, wo Menschen auf ihren Tagelohn angewiesen sind, keinen Lockdown verordnen. Letztlich können nur evidenzbasierte und kontextspezifische Maßnahmen zum Erfolg führen. Andernfalls wird die Pandemie wahrscheinlich viele Menschenleben fordern.
Afrikanische Regierungen haben Grenzen geschlossen, den Notstand ausgerufen, Ausgangssperren verhängt oder gar einen vollständigen Lockdown verordnet. Zudem investieren sie in ihre Gesundheitssysteme. Sie führen Sensibilisierungskampagnen sowohl in den Mainstream-Medien als auch in den sozialen Medien durch. Über Hotlines können Menschen die zuständigen Regierungsstellen kontaktieren.
Afrika braucht weitere, kreative Lösungen: Handys sind weit verbreitet und der Kontinent hat in den vergangenen Jahren wertvolle digitale Innovationen hervorgebracht. In diese Richtung sollte weiter gedacht werden.
Überall auf der Welt – so auch in Afrika – sind die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie bereits erkennbar. Viele Unternehmen stehen vor dem Zusammenbruch und es gab bereits Entlassungen. Lieferketten von wichtigen Gütern und Dienstleistungen sind gefährdet. Bisher ist es jedoch schwierig einzuschätzen, wie afrikanische Regierungen den wirtschaftlichen Schaden begrenzen können. Sie haben nicht die finanziellen Möglichkeiten der EU oder der USA, um Rettungspakete zu verabschieden.
Die Pandemie wird die Ernährungsunsicherheit in Afrika verstärken. Bereits jetzt leiden viele Millionen Menschen unter Hunger und Unterernährung. Diese haben ein geschwächtes Immunsystem und das macht sie noch anfälliger für Infektionen. Es steht außer Frage, dass afrikanische Länder auf globale Solidarität angewiesen sind.
Covid-19 schafft jedoch auch langfristige Chancen. Institutionen lernen die Wechselwirkung zwischen Gesundheit und Wirtschaft besser zu verstehen, was zur Stärkung der Gesundheitssysteme führen sollte. Eine starke regionale Zusammenarbeit, die jetzt aufgebaut wird, kann außerdem einen Rahmen für eine bessere Koordination in der Zukunft schaffen.
Benjamin M. Kagina ist Forscher und Impfstoffwissenschaftler der Vaccines for Africa Initiative (VACFA) an der School of Public Health and Family Medicine der Universität Kapstadt.
benjamin.kagina@uct.ac.za