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Geldpolitik und Finanzwirtschaft

Partner für Klimaneutralität

Zentralbanken beachten zu Recht in zunehmendem Maße Klimarisiken
Hitze, Dürre und Waldbrände plagten Argentinien im Oktober 2020. Nicolas Aguilera/picture-alliance/ASSOCIATED PRESS Hitze, Dürre und Waldbrände plagten Argentinien im Oktober 2020.

2008 löste der Kollaps der Investmentbank Lehman Brothers tiefes Misstrauen unter Geldhäusern und damit die globale Finanzkrise aus. Ungebremster Klimawandel wird zu vielfach größeren Schaden führen. Während Geld- und Finanzpolitik Konjunkturprobleme lösen können, ist die globale Erhitzung irreversibel. Die makroökonomischen Folgen von immer mehr Hochwassern, Dürren, Stürmen und Hitzewellen können verheerend werden.

Desaströse Wetterlagen können systemrelevante Unternehmen ruinieren – mit Lehman-artigen Kettenreaktionen. Ernteausfälle können über höhere Lebensmittelpreise Inflation auslösen. Teure Investitionen können plötzlich obsolet werden, wenn etwa sinkende Brennstoffnachfrage den Wert von Kohleminen und Ölfeldern drastisch reduziert.

Es besteht die Gefahr, dass vielfältige Klimarisiken Bilanzen verhageln, Output verringern, Zuversicht von Investoren zerstören und die Finanzstabilität insgesamt unterhöhlen. Zu Recht stellen sich Zentralbanken deshalb zunehmend darauf ein. Ihre Spitzenleute wissen, dass die Risiken ohne Transformation zur Klimanaturneutralität ständig weiter wachsen werden. Nachhaltigkeit muss spätestens 2050 erreicht sein, damit Durchschnittstemperaturen weltweit nicht um anderthalb Grad über das vorindustrielle Niveau steigen.

Zentralbanken müssen helfen, die Ziele des Pariser Klimaabkommens Wirklichkeit werden zu lassen. Ende 2017 lancierten acht Zentralbanken und Finanzaufsichtsbehörden deshalb das Network for Greening the Financial System (NGFS). Im April 2021 gehörten ihm bereits 90 solcher Institutionen als Mitglieder und 13 weitere als Beobachter an.

Zentralbanken sollen normalerweise Inflation vermeiden und Vollbeschäftigung sichern. Klimafragen sind nun ebenfalls relevant. Es gilt, sicherzustellen, dass die Finanzwirtschaft ökologisch nachhaltige Firmenkonzepte mit Kapital versorgt. Finanzaufsicht und Zentralbanken sollten deshalb

  • die Veröffentlichung klimarelevanter Firmendaten zur Pflicht machen,
  • dafür Leitlinien und Standards entwickeln und
  • regelmäßig Klima-Stresstests durchführen.

Die Notenbanken sollten zudem ihre eigenen Konditionen, Anleihenkäufe und Kreditvergabe auf Klimaziele ausrichten.

Das Klimabewusstsein wächst auch in der Privatwirtschaft. Larry Fink von Black Rock, dem einflussreichen Finanzkonzern, sagte Anfang 2020, Unternehmen, die sich auf Nachhaltigkeit umstellten und entsprechende Chancen wahrnähmen, könnten mit höheren Aktienkursen rechnen. Tatsächlich haben Ökofonds voriges Jahr überdurchschnittlich gute Ergebnisse gebracht.

Im April ist eine neue globale Plattform mit bislang 160 führenden Finanzunternehmen entstanden. Das von ihnen verwaltete Gesamtkapital beträgt mehr als 70 Billionen Dollar. Versicherer und Rückversicherer werden wohl bald beitreten. Die Plattform heißt Glasgow Financial Alliance for Net Zero (GFANZ) und soll die gesamte Finanzwirtschaft auf Klimaneutralität ausrichten. Nötig sind dafür (siehe Kathrin Berensmann im Schwerpunkt von E+Z/D+C e-Paper 2020/10):

  • präzise definierte Umweltstandards,
  • robuste Transformationspläne,
  • klar benannte Zwischenziele,
  • neue Analysemethoden und
  • transparentes Monitoring.

GFANZ soll zudem für klimafreundliche Politik werben. In der Tat muss die Politik die nötigen Rahmenbedingungen schaffen. Die Privatwirtschaft braucht Berechenbarkeit, um die Hauptlast der Transformation stemmen zu können. Staaten müssen für die richtigen Anreize sorgen, indem sie Umweltsünder zur Rechnung ziehen und angemessen hohe Emissionspreise sicherstellen.

Im Pariser Klimaabkommen haben sich alle UN-Mitglieder zum Handeln auf nationaler Ebene verpflichtet. Sie müssen die Ziele beim Klimagipfel in Schottland im November hochschrauben (siehe E+Z/D+C Klimaschwerpunkt im e-Paper 2021/05). Wenn das gelingt, dürften sich Geldpolitik und Finanzwirtschaft als Partner für Klimaneutralität erweisen.


José Siaba Serrate ist Ökonom und Mitglied des Argentinischen Rates für Internationale Beziehungen (CARI). Er lehrt an der Universität von Buenos Aires und der dortigen Privathochschule für Makroökonomische Studien (UCEMA).
josesiaba@hotmail.com

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