Entwicklung und
Zusammenarbeit

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Entwicklungspolitik der Zukunft

Neue Zusammenarbeit

Mit Klimapolitik auf internationaler Ebene werden in erster Linie die jährlichen Klimakonferenzen assoziiert, die meist dürftige Ergebnisse produzieren. Inzwischen gibt es aber für dieses Politikfeld auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene auch eine Projektpraxis. Sie sollte enger mit der Entwicklungspolitik verknüpft werden und deren Erfahrungen berücksichtigen.
Demonstranten fordern während des Warschauer Klimagipfels eine Zukunft für den ganzen Planeten. picture-alliance/dpa Demonstranten fordern während des Warschauer Klimagipfels eine Zukunft für den ganzen Planeten.

Projekte zur Minderung von Treibhausgasen und zur Anpassung an den Klimawandel werden bislang unter dem Begriff der Klimafinanzierung diskutiert. Der Begriff Klimafinanzierung fokussiert auf Marktmechanismen und impliziert Technik- und Technologietransfer. Letzteres ist notwendig – aber Klimawandel ist kein Problem, das allein technisch zu lösen ist. Der Begriff Klimafinanzierung verengt den Blickwinkel, da nichtmarktbasierte Ansätze und so grundsätzliche Fragen wie die nach der Veränderung des Lebensstils ausgeklammert werden.

Unter Finanzierung wird vor allem zusätzliches Geld der Industrieländer verstanden. Dies vernachlässigt auch die Frage, wie diese Mittel umgesetzt werden. Aus diesem Grund wird hier der Begriff Klimapartnerschaft vorgeschlagen, der neben der Finanzierung auch die Umsetzung einschließt.

Seit der Klimakonferenz in Kopenhagen 2009 gilt die Zusage der Industrieländer, ab dem Jahr 2020 den Entwicklungs- und Schwellenländern jährlich 100 Milliarden Dollar zur Verfügung zu stellen, damit sie sich an den Klimawandel anpassen und ihn auch bekämpfen können. Die Entwicklungsländer verstehen dieses Geld nicht als öffentliche Entwicklungshilfe (ODA), sondern als zusätzliche Mittel. Deutschland hat bei den Klimaverhandlungen 2012 in Doha angekündigt, dass der Bundeshaushalt für internationale Klimafinanzierung im Jahr 2013 ungefähr 1,8 Milliarden Euro vorsieht – im Vergleich zu knapp 1,7 Milliarden Euro 2012. Viele Klimaprojekte werden jedoch, wie auch in anderen Geberländern, mit ODA-Mitteln und nicht mit zusätzlichem Geld finanziert.

In Deutschland organisieren das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) parallel Projekte zum internationalen Klimaschutz. Im Umweltministerium wurde die Internationale Klimaschutzinitiative (IKI) geschaffen, die Klimaprojekte in Entwicklungs-, Schwellen- und Transformationsländern finanziert. Seit ihrem Start 2008 bis Ende 2013 hat sie insgesamt fast 400 Projekte mit einem Fördervolumen von rund 1,15 Milliarden Euro auf den Weg gebracht.

 

Unterschiedliche Ziele

Es stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis zukünftig Klimapartnerschaft und Entwicklungspolitik stehen. Dazu gibt es in Deutschland bislang keine grundsätzliche Diskussion. Gegenwärtig entwickeln sich die Strukturen parallel und werden zwischen BMZ und BMUB koordiniert und abgestimmt. Das Umweltbundesamt (UBA) betrachtet die IKI in einer Evaluierung als Ergänzung der bilateralen und multilateralen Entwicklungszusammenarbeit.

Klima- und Entwicklungspolitik haben aber unterschiedliche Ziele. Klimapartnerschaft bezieht neben Entwicklungs- auch Schwellen- und Transformationsländer ein und setzt zunehmend auf regionale oder globale Projekte zum Klimaschutz. Entwicklungspolitik versteht sich dagegen als globale Strukturpolitik mit dem Ziel der Armutsreduzierung. Die Erfahrungen in jüngster Zeit zeigen aber, dass die Folgen des Klimawandels Erfolge bei der Armutsbekämpfung wieder zunichtemachen. Die Länder des globalen Südens sind von den Folgen des Klimawandels am stärksten betroffen. Dies legt nahe, dass Klima- und Entwicklungspolitik grundsätzlich zusammen konzipiert und diskutiert werden sollten.

Deutsche Nichtregierungsorganisationen (NGOs) vertreten den Standpunkt, dass Entwicklungspolitik nicht unter den Bereich der Klimapolitik subsumiert werden darf. Der Klimawandel ist eine Folge der Lebens- und Wirtschaftsweise der Länder des globalen Nordens, für dessen Folgen diese die Verantwortung tragen. Klimapolitik ist deshalb ein neues und zusätzliches Feld. Vor allem um die Zusätzlichkeit einzufordern, soll es aus NGO-Sicht bei einer getrennten Betrachtungsweise der Politikfelder bleiben.

Daneben gibt es den internationalen Diskussionsstrang zur Post-2015-Agenda mit der Festlegung der Sustainable Development Goals (SDGs) (siehe E+Z/D+C 2013/07–08, Seite 294 f.). Die Klimaproblematik wird in diesen Zielen nicht explizit adressiert, ist aber implizit ein Kernthema.

Es ist nichts gegen vielfältige Denkansätze einzuwenden. Kritische Auseinandersetzung ist wertvoll. Die Agenden und Handlungsstränge der Klima- und Entwicklungspolitik sollten aber nicht nur nebeneinander nach bisherigen Mustern umgesetzt werden, sondern zusammengeführt und so auf eine qualitativ neue Ebene gehoben werden. Die globalen Herausforderungen der Gegenwart benötigen neue Mechanismen für die Zukunft.

Die Entwicklungsländer brauchen sicherlich nicht noch mehr ausländische Akteure (mit jeweils eigenen Interessen) und noch mehr geberbestimmte Verfahrensregeln. Es besteht vielmehr die Gefahr, dass sich bei Klimaprojekten negative Erfahrungen von Entwicklungsprojekten wiederholen. Dafür spricht, dass Evaluierungen von Entwicklungsprojekten zu ähnlichen Ergebnissen wie Evaluierungen von Klimaprojekten kommen: Die Relevanz der Themen wird als hoch, die Nachhaltigkeit der Projekte jedoch vielfach als gering bewertet.

 

Fazit

Bis 2020 verbleibt eine kurze Zeit von sechs Jahren, in der eine neue Art von Klimapartnerschaft auf internationaler Ebene etabliert werden soll. Die gegenwärtige Diskussion scheint sich aber im Kreis zu bewegen. Verbal stehen die Industrieländer zu ihrer 100 Milliarden Dollar-Zusage. Die Versprechen bleiben aber vage. Es gibt kein kohärentes Finanzierungsprogramm.

Zudem knüpfen die Industrieländer ihre finanziellen Zusagen daran, dass die Entwicklungsländer die Bedingungen für Monitoring, Reporting und Verification (MRV) gemäß den Maßstäben der Geberstaaten schaffen. Eine solche Diskussion, die auf Verzögerung und technische Details ausgerichtet ist, zeigt, dass der Problemdruck allem Anschein nach für die einflussreichen Akteure noch nicht groß genug ist.

Es liegen vielfältige Erfahrungen aus Projekten der Entwicklungs- und Klimapolitik in Form von wissenschaftlichen Gutachten und Studien, als Evaluierungen oder als Forderungen von NGOs vor. Aus diesen Ergebnissen lässt sich ein wünschenswertes Zukunftsbild für die Klimapartnerschaft 2020 ableiten, das im Kasten auf S. 120 skizziert wird. Wichtige Elemente sind dabei kohärentes multilaterales Handeln, das Ende der Verzettelung in Einzelvorhaben mit einer Vielzahl nationaler Geberinstitutionen und die Betonung der Zuständigkeit der Regierungen von Entwicklungsländern für die Zukunft ihrer Staaten.

Ein Zukunftsbild ist eine anerkannte wissenschaftliche Methode. Darunter versteht man eine plausible, konsistente, fachlich fundierte Darstellung einer wünschenswerten Zukunft mit einem mittelfristigen Zeithorizont. Das hier vorgestellte Zukunftsbild basiert auf der Auswertung von Evaluierungsergebnissen der IKI sowie auf Forderungen der NGOs Germanwatch, klima allianz deutschland und Oxfam Deutschland.

 

Anita Mehnert ist Dipl.-Ökonomin mit Expertise in der internationalen Zusammenarbeit im Bereich Capacity Development. Sie schloss 2013 den weiterbildenden Masterstudiengang Zukunftsforschung an der Freien Universität Berlin ab. Sie bedankt sich bei Linde Grießhaber (Germanwatch) und Jan Kowalzig (Oxfam Deutschland) für Unterstützung.
anitamehnert@zedat.fu-berlin.de

 

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