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Blogpost

Nichts rechtfertigt Putins imperialistischen Krieg

Russlands Angriff auf die Ukraine hat weitreichende global Folgen wie etwa hohe Lebensmittel- und Energiepriese. Dennoch scheuen sich viele Menschen in Afrika und Asien, ihn zu kritisieren. Sie sagen, auch der Westen habe militärisches Unheil angerichtet. Der Vergleich hält aber keiner kritischen Prüfung stand.
Irakische Soldaten ergeben sich 1991 in Kuwait. picture alliance / AP Photo / Laurent Rebours Irakische Soldaten ergeben sich 1991 in Kuwait.

Richtig ist, dass Interventionen in Afghanistan, Libyen und Mali scheiterten und die im Irak von vornherein falsch war. Was Russland jetzt tut, ist aber etwas ganz anderes. Im Gegensatz zu diesesr sogenannten „militärischen Sonderaktion“, hat keine an Interventionen beteiligte westliche Regierung das Existenzrecht eines souveränen Staates bestritten. Mit einer Ausnahme hatten sie auch alle ein Mandat des UN-Sicherheitsrats. Es gab viel inakzeptables ziviles Leid, aber keine Strategie der Bombardierung von Wohnhäusern, Schulen und Krankenhäusern. In keinem westlichen Land wurden wegen des Krieges Bürgerrechte eingeschränkt, aber in den besetzten Gebieten wurde die Menschenrechtslage tendenziell besser.

George Bush Jr. 

US Präsident George Bush Junior startete den Afghanistankrieg nach islamistischen Terrorangriffen auf New York und Washington. Den Tätern hatte das von den Taliban regierte Land als sicherer Hafen gedient. Die Hauptstadt Kabul fiel schnell. Nachträglich - aber bald - erteilte der Sicherheitsrat ein Mandat, und kein UN-Mitglied erhob ernsthaft Einspruch. Internationale Truppen sollten den demokratischen Wiederaufbau stützen, der wegen vieler Fehler jedoch scheiterte (siehe Paul D. Miller on auf www.dandc.eu). Bezeichnenderweise erntete der Abzug der Alliierten 2021 mehr internationale Kritik als die Invasion 2001.

2003 begann Bush Junior dann den Irakkrieg. Er hatte wieder kein UN-Mandat, bekam es auch nie. Er agierte aber nicht allein, sondern mit einer „Koalition der Willigen“, wobei deren Geschäftsgrundlage nicht stimmte. Die Massenvernichtungswaffen, die der Diktator Saddam Hussein laut Weißem Haus bauen ließ, wurden nie gefunden. Der Krieg hätte nie stattfinden dürfen, aber es ging nicht darum, die irakische Identität historisch irgendwie infrage zu stellen. Bush hoffte, eine neu etablierte Demokratie werde als regionales Leitbild dienen, woraus bekanntermaßen nichts wurde. Die Koalition der Willigen unterschätzte interne Spannungen im Irak. Ihre Truppen zogen schließlich aus einem arg fragilen Staat ab. Deutschland und Frankreich lehnten diesen Krieg von Anfang an ab, und die NATO als Organisation war nicht beteiligt.

Anfang 2011 kündigte Libyens Diktator Muammar al-Gaddafi an, er werde in seinem Land den Aufstand des aArabischen Frühlings gnadenlos ausmerzen. London und Paris sorgten für ein Mandat des Sicherheitsrats, um ihn zu stoppen. Verschiedene Länder, allerdings nicht Deutschland, machten mit, wurden aber dem Versprechen der Schutzverantwortung nicht gerecht. Sie beschränkten sich auf Luftangriffe, die Rebellen halfen, den Despoten zu stürzen. Danach versank das Land trotzdem in Gewalt (siehe Moutaz Ali and Walid Ali auf www.dandc.eu) – mit schlimmen Folgen für einige westafrikanische Länder. Frankreich griff daraufhin in Mali ein, scheiterte dort indessen (siehe Lori-Anne Théroux-Bénoni auf www.dandc.eu). In beiden Ländern ist die Lage heute vermutlich schlimmer als im Irak.

George Bush Sr.

An all den hier genannten Interventionen gibt es berechtigte Kritik. Sie ähnelten dem aktuellen imperialistischen Gehabe Russlands in der Ukraine jedoch nicht. Allerdings gab es 1990/1991 ein vergleichbares Szenario. 

Damals beschied Saddam Hussein, Kuwait sei eigentlich eine Provinz des Irak. Seine Truppen besetzten das Nachbarland. Daraufhin bildete US-Präsident George Bush Senior eine multilaterale Allianz, die mit Sicherheitsratsmandat Anfang 1991 Kuwait befreite.

Heute bestreitet der russische Autokrat Wladimir Putin, sein Nachbarland Ukraine sei eine echte Nation. Der Waffengang widerspricht dem multilateralen System fundamental. Es soll nämlich, wie Indonesiens Außenministerin Retno Marsudi kürzlich ausführte, verhindern, dass starke Akteure sich unilateral, nehmen was sie wollen.

Es gibt viele Gründe, vom Westen enttäuscht zu sein (siehe hierzu auch Anna-Katharina Hornidge auf www.dandc.eu) Sie rechtfertigen aber keinesfalls Putins Versuch, mit Waffengewalt im 21. Jahrhundert die Grenzen des Zarenreiches wieder herzustellen.


Hans Dembowski ist Chefredakteur von E+Z/D+C.
euz.editor@dandc.eu  

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