Regierungsführung

Wenig überzeugende Wahl

Ellen Johnson Sirleaf, die kürzlich aus dem Amt geschiedene Präsidentin von Liberia, ist zur Siegerin des Mo-Ibrahim-Preises 2017 benannt worden. In Afrika feierten sie die Schlagzeilen. Leider ist Liberia aber kein Beispiel guter Amtsführung.
Screenshot: http://mo.ibrahim.foundation/prize/

Der Mo-Ibrahim-Preis beläuft sich auf 5 Millionen Dollar, die über zehn Jahre ausbezahlt werden – und danach bekommen die Preisträger bis zum Lebensende jährlich weitere 200 000 Dollar. Die Auszeichnung soll zu „good govenance“ anregen. Die Kriterien sind eindeutig. Preisträger müssen:

  • Staats- oder Regierungschef eines afrikanischen Landes gewesen sein,
  • vor nicht mehr als drei Jahren aus dem Amt geschieden sein,
  • ihre verfassungsgemäße Amtszeit erfüllt haben und
  • exzellente Führungsleistungen erbracht haben.

Die Vorhersage, wer gewinnt, müsste eigentlich leicht sein – ist es aber nicht. Der Preis wird nicht jedes Jahr verliehen. Diesmal stellte das Preiskomitee klar, er diene als Maßstab exzellenter Führungsleistung, sei aber kein „erster Preis“. Es geht also nicht darum, jeweils den besten der kürzlich abgelösten Staatenlenker zu belohnen.

Leider gibt es begründete Zweifel an der Führungsleistung Johnson Sirleafs. Viele Liberianer würden darauf verweisen, dass sie in Liberias schrecklichem Bürgerkrieg den Warlord Charles Taylor unterstützte, den ein UN-Gericht zu lebenslanger Haft verurteilt hat.

Was nach dem Krieg geschah, ist aber wichtiger. Johnson Sirleaf kam in einer typischen Nachkriegssituation an die Macht. Wirtschaft und Infrastruktur waren zerstört; Institutionen funktionierten nicht. Die Sicherheit war fragil und die Gesellschaft undiszipliniert. Die Ebola-Krise von 2013 bis 2016 hat die Lage verschlimmert. Liberia bleibt traumatisiert und bettelarm. Korruption ist weit verbreitet, und die Leute glauben nicht an Rechtsstaatlichkeit.

Johnson Sirleaf ist selbst keine makellose Demokratin. 2011 kandidierte sie für eine zweite Amtszeit, was sie vorher explizit ausgeschlossen hatte. Das statuierte ein schlechtes Exempel, denn mehrere afrikanische Staatschefs ließen seither sogar Verfassungen ändern, um weitere Amtszeiten zu bekommen. Kurz vor dem Wahltermin erhielt sie den Friedensnobelpreis. Sie sagte, dass sei Zufall, aber Oppositionskandidat Winston Tubmann sah ihre Position dadurch gestärkt.

Dennoch gewann sie keine absolute Mehrheit der Stimmen und musste zu einer zweiten Runde antreten, die Tubmann allerdings boykottierte. Folglich erhielt die Staatschefin dann in der zweiten Runde 90 Prozent der Stimmen. Er redete von gefälschten Stimmen und manipuliertem Wählerregister. Seinerzeit schrieb der liberianische Journalist Samwar Fallah in E+Z/D+C (Ausgabe 2011/12, S. 480), Johnson Sirleafs hoher Stimmenanteil zeige in erster Linie, dass Oppositionsanhänger "dem Boykottaufruf offensichtlich größtenteils nachgekommen sind". Jüngst folgten in Kenia höchst problematische Ereignisse diesem Drehbuch (siehe Kommentar in E+Z/D+C 2018/03, S. 12).

Der Vorsitzende des unabhängigen Mo-Ibrahim-Preiskomitees, Salim Ahmed Salim, weiß, dass in Liberia große Probleme fortbestehen. Er lobt Johnson Sirleaf dafür, in einer schwierigen Situation Verantwortung übernommen und unermüdlich für das Land gearbeitet zu haben, und ergänzt dann: "Solch eine Reise ist fehlerlos nicht möglich, und Liberia steht weiterhin vor vielen Herausforderungen." Johnson Sirleaf habe aber Grundlagen für die weitere Entwicklung geschaffen.

Das Preiskomitee hat Johnson Sirleaf also nicht wegen hervorragender Ergebnisse ausgewählt, sondern als Belohnung für ihren Einsatz in besonders schwieriger Lage. Das ist nicht völlig falsch, wertet aber das Ziel der vorbildlichen Amtsführung mit exzellenten Ergebnissen ab.

Afrika braucht bessere Amtsführung. Der Mo-Ibrahim-Preis soll diesem Ziel dienen. Offensichtlich ist es aber schwer, jedes Jahr einen wirklich überzeugenden Ex-Staats- oder -Regierungschef zu finden. Statt gelegentlich einen ehemaligen Präsidenten für eine durchwachsene Bilanz mit einer riesigen Summe zu belohnen, wäre es wohl besser, Politiker aller Ebenen für wirklich überzeugende Leistungen auszuzeichnen – vielleicht auch mit einem weniger großzügig dotierten Preis (siehe mein Beitrag in E+Z/D+C e-Paper 2017/12, S. 24)


Vladimir Antwi-Danso ist Dekan und akademischer Direktor des Ghana Armed Forces Command & Staff College (GAFCSC) in Accra.
vladanso@yahoo.com

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Um die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen, ist gute Regierungsführung nötig – von der lokalen bis zur globalen Ebene.