Demokratie
Aufbruch im Irak
Die Provinzratswahlen in Irak Ende Januar waren die friedlichsten Wahlenseit dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003. 15 Millionen Iraker waren aufgerufen, ihre kommunalen Vertreter zu wählen. Dabei stärkten die Wähler das Regierungslager von Ministerpräsident Nuri-al Maliki.
In der Hauptstadt Bagdad erhielt seine gemäßigt schiitische Daawa-Partei 28 von 57 Sitzen, in Basra 20 von 35. Sie ließ die Partei des radikalen Predigers Muqtada al Sadr und den Hohen Islamischen Rat von Abdulasis al-Hakim weit hinter sich. In der westlichen Provinz Anbar, die hauptsächlich von sunnitischen Arabern bewohnt wird, gewann die Liste der Bürgerwehren die meisten Stimmen und damit acht der 29 Sitze.
Während der der Wahlen gab es bis auf kleinere Zwischenfälle in der Nähe einiger Wahllokale keine Gewalt. Allerdings waren zwei Tage vor der Wahl in Bagdad, Mossul und der Provinz Dijala fünf Kandidaten ermordet worden. Im Wahlkampf spielten die Stromversorgung und die Vergabe von Ämtern eine wichtige Rolle, nicht so wichtig war hingegen die religiöse Rhetorik. Gewählt wurde in 14 von 18 Provinzen – in den drei kurdischen Provinzen und der Provinz Kirkuk wurden die Wahlen wegen Unklarheiten über das Verfahren verschoben.
Nach den Wahlen intensivierten westliche Regierungen ihre Beziehungen zu Irak. Bereits Anfang Februar reiste UN-Generalsekretär Ban Ki-moon nach Bagdad, kurz darauf besuchten der französische Präsident Nicolas Sarkozy und der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier das Land. Beobachter sehen darin auch den Versuch der europäischen Staaten, die Schwierigkeiten mit Washington in Bezug zu Irak zu überwinden, und der neuen Regierung von US-Präsident Barack Obama Bereitschaft zur Zusammenarbeit zu signalisieren. Deutschland und Frankreich hatten 2003 nicht an der von den USA geführten Invasion des Zweistromlandes teilgenommen. Deshalb hatte es in Washington Verstimmungen gegeben.
Außenminister Steinmeier sagte, Deutschland sei bereit, seinen Beitrag zum Aufbau eines demokratischen Staatswesens im Irak zu verstärken. Dies gelte vor allem für die Gesundheitsversorgung und Ausbildung. Er wurde von einer Delegation der deutschen Wirtschaft begleitet. Iraks Ministerpräsident Nuri al-Maliki äußerte die Hoffnung, dass Steinmeiers Besuch das Engagement deutscher Unternehmen beim Wiederaufbau in Irak fördert.
Die grünennahe Heinrich-Böll-Stiftung legte unterdessen Empfehlungen für eine neue europäische Irakpolitik vor. Darin fordert sie unter anderem einen EU-Sondergesandten für Irak sowie eine stärkere Kooperation mit den UN und der Regionalmacht Türkei.
Ende Januar entzog die irakische Regierung der privaten US-amerikanischen Sicherheitsfirma Blackwater, die sich inzwischen in Xe umbenannt hat, die Lizenz. Blackwater-Mitarbeitern wird vorgeworfen, im Jahr 2007 17 Zivilisten erschossen zu haben. (cir)