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Verkehrswege sind Lebensadern

Mobilität ist ein menschliches Grundbedürfnis. Sie macht es in weiten Teilen erst möglich, am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben teilzuhaben, und erhöht somit den Lebensstandard.
Eine Seilbahn verbindet die bolivianischen Städte La Paz und El Alto. picture-alliance/dpa Eine Seilbahn verbindet die bolivianischen Städte La Paz und El Alto.

Deshalb ist Verkehrsinfrastruktur ein öffentliches Gut. Besonders deutlich ist das dort, wo sie kaum ausgebaut ist – zum Beispiel im ländlichen Raum von Entwicklungs- und Schwellenländern. Es gibt Orte, die gar nicht erschlossen sind oder nur durch eine Lehmpiste, die in der Regenzeit unpassierbar ist.

In Städten dagegen ballt sich die Verkehrsinfrastruktur. Allerdings gibt es auch hier große Qualitätsunterschiede. Straßen haben alle Städte – aber es kommt darauf an, ob Busse und Bahnen sie entlasten und wie weit sie das Umland erschließen. Für nachhaltige urbane Mobilität ist auch der nicht-­motorisierte Verkehr wichtig, weshalb Rad- und Gehwege nötig sind.

Mobilität ist vor allen Dingen eine Frage der Möglichkeiten. Nur rund drei Prozent der Menschen fliegen, ein eigenes Auto ist für die große Mehrheit ein ferner Traum. Individuelle Freiheiten beruhen aber auch auf gesellschaftlichen Voraussetzungen. Wer Straßen baut, erntet Verkehr. Das gilt auch für andere Infrastruktur wie Bahnlinien, Häfen oder Flughäfen. Das ist gewollt, denn es beflügelt den Handel und kurbelt die Wirtschaft an. Hätte Benin keinen Überseehafen, wäre seine Volkswirtschaft um 40 Prozent kleiner.

Andererseits bringt der massive Ausbau eine Reihe von Problemen mit sich. Für Autobahnen und Tiefseehäfen werden Menschen vertrieben und Natur teils rücksichtslos zerstört. Die meisten Autos, Lkw, Schiffe, Eisenbahnen und Flugzeuge funktionieren mit Erdöl. Sie verschmutzen die Luft und befeuern die Erderhitzung. Der Verkehr verursacht rund ein Viertel aller Treibhausgasemissionen weltweit, allein aus dem Straßenverkehr stammen 18 Prozent.

Der Bahnverkehr führt indessen zu relativ geringeren Pro-Kopf-Emis­sionen und lässt sich mit Strom aus erneuerbaren Quellen betreiben. Der Umstieg auf die Bahn ist klimapolitisch sinnvoll, reduziert Staus und dient somit der Nachhaltigkeit. Damit er gelingt, muss die Gleisinfrastruktur das Straßen-netz stimmig ergänzen.

Relevant ist auch, dass Verkehrsunfälle weltweit zu den häufigsten Todesursachen zählen. Besonders dramatisch ist die Lage in Entwicklungsländern, wo Straßen in schlechtem Zustand sind, Planung mangelhaft ist und Regulierungen fehlen oder nicht durchgesetzt werden. Verkehrsinfrastruktur muss deshalb Sicherheitskriterien befolgen.

Die Erfindung der Dampfmaschine am Ende des 18. und des Verbrennungsmotors im ausgehenden 19. Jahrhundert haben das Transport- und Verkehrswesen revolutioniert, Globalisierung und zuvor ungeahnte individuelle Mobilität ermöglicht. Heute besteht die größte Herausforderung darin, die Errungenschaften möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen und gleichzeitig Verkehrssysteme nachhaltig zu gestalten, insbesondere durch den Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Das ist auch im 11. UN-Ziel für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goal – SDG) festgeschrieben. Die traditionellen Geber engagieren sich seit langem in dieser Aufgabe – mit unterschiedlichem Erfolg. Zum Teil waren soziale Nachteile, Umweltzerstörung und Überschuldung der Regierungen die Folge. In jüngerer Zeit ist China weltweit zum Motor des Verkehrsinfrastrukturausbaus geworden. Das Engagement ist willkommen – solange die Fallstricke vermieden werden.


Katja Dombrowski ist Redakteurin von E+Z Entwicklung und Zusammenarbeit / D+C Development and Cooperation.
euz.editor@dandc.eu