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USA

US-Ehrgeiz wächst in der Klimakrise

US-Präsident Joe Biden beansprucht weltweit für sein Land wieder eine Führungsrolle. Er weiß, dass er Probleme lösen muss. Die Klimakrise nimmt er sehr ernst – und zwar innen- wie außenpolitisch.
Bahnliebhaber Biden in Pittsburgh im Wahlkampf 2020: Als Senator pendelte er 36 Jahre lang mit dem Zug von Delaware nach Washington. Harnik/picture-alliance/AP Bahnliebhaber Biden in Pittsburgh im Wahlkampf 2020: Als Senator pendelte er 36 Jahre lang mit dem Zug von Delaware nach Washington.

Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Donald Trump ist Biden kein Klimaleugner. Er erkennt den Forschungsstand an, dem zufolge menschliches Handeln die Ursache der globalen Erhitzung ist. Seit der industriellen Revolution sind die Temperaturen weltweit bereits um mehr als ein Grad gestiegen. Das Jahrzehnt 2010 bis 2019 war das wärmste, seit Messungen begannen. Um diese gefährliche Entwicklung zu stoppen, muss die Nutzung fossiler Energieträger beendet werden.

Die Uhr tickt. Der Konsens der Wissenschaftler lautet: Der CO2-Ausstoß muss bis 2030 weltweit halbiert werden und dann 2050 netto null betragen.

Die USA gehören zu den wichtigsten Luftverschmutzern und haben ihre Emissionen nur recht langsam reduziert. Unter Präsident Barack Obama gab es einige Fortschritte, aber die Trump-Jahre waren katastrophal. Er stieg aus dem Pariser Klimaabkommen aus, revidierte Maßnahmen seines Vorgängers und setzte sich für fossile Energie ein.

Biden will nun Schäden reparieren – und zwar nicht nur mit Blick auf die Umwelt. Ihm ist klar, dass nur Länder, die Probleme lösen, ernsthaft Weltführung beanspruchen können. Wie schlimm die Klimakrise ist, zeichnet sich dabei auch in Amerika selbst immer deutlicher ab: Verheerende Waldbrände im Westen der USA, Hochwasser in der Mitte und Wirbelstürme im Süden und Osten machen immer wieder Schlagzeilen.

Die Öffentlichkeit sieht aber noch andere Probleme. Dazu gehört die wachsende soziale und politische Spaltung der USA. Dass Trump-Unterstützer am 6. Januar das Kapitol stürmten, bleibt ein Menetekel. Der Biden-Regierung ist bewusst, dass ihr internationaler Einfluss umso größer wird, je besser sie solche Dinge in den Griff bekommt.

100 Tage nach Amtsantritt hatte Biden bereits drei riesige Politikpakete geschnürt: den American Rescue Plan im Wert von 1 900 Milliarden Dollar, den American Jobs Plan (2 200 Milliarden) und American Family Plan (1 800 Milliarden). Der erste Plan bezieht sich vor allem auf Covid-19, enthält aber auch Infrastrukturausgaben. Der zweite soll mit dem Ausbau von Infrastruktur zusätzliche Arbeitsplätze schaffen, wobei Klimaschutz hohe Priorität hat (siehe Kasten). Der dritte hat kaum Klimarelevanz sondern soll durch die Förderung von Familien für größeren sozialen Ausgleich sorgen.

An seinem ersten Amtstag trat Biden per Regierungserlass dem Pariser Abkommen wieder bei und versprach, die Selbstverpflichtungen der USA in diesem Rahmen wie vorgesehen rechtzeitig vor dem nächsten Klimagipfel (26th Conference of Parties of United Nations Framework Convention on Climate Change – COP26) im November in Schottland aufzustocken. Seinen Fachleuten ist klar, dass China auf wichtigen Feldern wie erneuerbarer Energie oder dem Verkehrswesen Vorsprung hat. Die Volksrepublik hat beispielsweise ein weites Netz von Hochgeschwindigkeitszügen. In den USA gibt es nichts Vergleichbares.

Dem Biden-Team ist auch klar, dass Staatshandeln die Dinge in China vorangebracht hat, nicht ungebremste Marktdynamik. Kaum gelenkte Marktkräfte haben in den USA zudem in den vergangenen Jahrzehnten die Ungleichheit wachsen lassen, aber kaum dabei geholfen, die Corona-Pandemie einzugrenzen. Seit den 1990er Jahren fürchteten Präsidenten der Demokratischen Partei stets, sie könnten zu heftig in die Märkte eingreifen. Jetzt herrscht eher die Angst, nicht genug zu tun.

Biden nimmt die gesamte Bundesregierung in die Pflicht. 21 Ministerien und gleichrangige Behörden sind in die neue National Climate Task Force eingebunden. Zu deren Aufgaben gehört, Subventionen für fossile Energie auslaufen zu lassen und die Stromversorgung innerhalb von 15 Jahren emissionsfrei zu machen. An der Spitze der Task Force steht Gina McCarthy, die unter Obama die Umweltbehörde EPA (Environmental Protection Agency) leitete.

Bidens Personalentscheidungen belegen, dass er es ernst meint. Der frühere Außenminister John Kerry ist jetzt Sonderbotschafter mit Kabinettsrang für das Klima. Für Nationalparks und andere Landnutzungsfragen ist Deb Haaland, eine indigene Frau, zuständig. Zu ihren Aufgaben gehört unter anderem, die Ölförderung auf bundeseigenem Territorium zu beenden. Beobachter beeindruckt die beruflich belegte Expertise von Bidens Spitzenleuten.

Zu seinen Plänen gehört die Gründung eines zivilen Klima-Freiwilligendienstes (Civilian Climate Corps – CCC). Das Vorbild ist das Civilian Conservation Corps, das in den 1930er Jahren Teil von Franklin D. Roosevelts New Deal war. Das neue CCC könnte rund 200 000 junge Menschen dafür bezahlen, dass sie sich für öffentliches Land, Wasser und andere Ressourcen engagieren – zum Beispiel in den seit langem unterfinanzierten Nationalparks. Das Konzept passt zur amerikanischen Tradition, in Krisen zusammenzuarbeiten, und es würde auch für zusätzliche Beschäftigung nach der Pandemie sorgen.

Auch außenpolitisch hat die Biden-Regierung schnell die Initiative ergriffen. Kerry reiste im April nach China, und beide Seiten bekräftigten ihre Zusammenarbeit in der Klimapolitik. Ende April veranstaltete das Weiße Haus einen virtuellen Klimagipfel mit 40 Spitzenpolitikern aus aller Welt. Der Präsident nutzte den Anlass für das Versprechen, bis 2030 die Klimaemissionen im Vergleich zu 2005 zu halbieren. Das war ein Signal für andere Staatenlenker, ihrerseits mehr zu tun.


Katie Cashman ist Consultant mit Schwerpunkt nachhaltige Entwicklung. Sie hat unter anderem für die internationale zivilgesellschaftliche Organisation 2811 und UN Habitat (United Nations Human Settlements Programme) gearbeitet.
katie@2811.cl