Entwicklung und
Zusammenarbeit

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Privatsektor

Ungünstiges Investitionsklima

In Mosambik stimmen die institutionellen Rahmenbedingen für kleine und mittlere Unternehmen nicht. Wegen der schwachen ökonomischen Governance prägen einerseits der informelle Sektor und andererseits große Firmen mit guten Beziehungen zum Staat die Volkswirtschaft. Wachstumschancen bleiben ungenutzt.

[ Von Friedrich Kaufmann ]

Auf den ersten Blick sind Mosambiks Wirtschaftsdaten rosig, und die Transformation von der Plan- zur Marktwirtschaft scheint gelungen. Die Wachstumsraten der vergangenen Jahre waren hoch. Der Internationale Währungsfonds (IWF) bescheinigt dem Land seit 1996 makroökonomische Stabilität.

Dennoch fehlt es an einer breiten, arbeitsteiligen Privatsektorentwicklung mit vielen formal organisierten kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Insgesamt sind Industriebetriebe in Mosambik selten, der Handel dominiert. Die offizielle Statistik kennt knapp 25 000 private Unternehmen mit rund 300 000 Arbeitnehmern. Angesichts einer Bevölkerung von fast 20 Millionen ist das sehr wenig. Die Regierung spricht das als Problem in ihrer nationalen Armutsbekämpfungsstrategie ausdrücklich an.

Für Mosambiks Wirtschaft sind Großunternehmen typisch, die in direkter Verbindung zum Staat stehen oder an denen der Staat selbst beteiligt ist. Es gibt auch Firmen, die sich solche Verbindungen durch Bestechung und persönliche Bande erschleichen. Betriebe brauchen jedenfalls gute Beziehungen zu Behörden, damit ihnen Gebühren erlassen, Wartezeiten verkürzt und andere existenziell wichtigen Gefallen getan werden. Gesetze über Steuern, Arbeitsverhältnisse oder Gewerbezulassungen sind in Mosambik nur theoretisch für alle gleich.

Deshalb bleibt auch der informelle Sektor enorm wichtig. Seine Unternehmen verlassen sich auf Verwandtschafts- und andere persönliche Beziehungen, da sie keine Rechtssicherheit kennen. Das schränkt allerdings ihre Wachstumsschancen erheblich ein – und die Volkswirtschaft insgesamt.
Neben stimmigen und fair implementierten Gesetzen braucht eine florierende Wirtschaft weitere Rahmenbedingungen. Dazu gehören ungeschriebene Regeln und Konventionen. Wichtig sind zudem korrekt operierende staatliche Einrichtungen wie Katasterämter, Kammern, Technologietransferstellen, Gerichte oder auch die regierungsamtliche Exportförderung. Wie diese Institutionen funktionieren, wirkt sich mit darauf aus, wie Verbände arbeiten und welche Kultur in den Betrieben herrscht.

Neben den Produktionskosten hängt die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen (und in der Folge auch von Volkswirtschaften) von den Transaktionskosten ab. Das ist der Fachbegriff für den Aufwand, den das Anbahnen und Abwickeln eines Geschäfts erfordert. Je schlechter die Rahmenbedingungen sind, desto höher fallen die Transaktionskosten aus.

Erfolgreiche arbeitsteilige Volkswirtschaften leben von klarem, transparenten und verlässlichen Handeln des Staates und der Wirtschaftssubjekte selbst. Um das zu erreichen, sind effiziente und neutrale Regeln und Regulierungsbehörden nötig. Auf dieser Grundlage können transparente und faire Steuersysteme Staatsaktivitäten finanzieren, damit Regierungen ihren öffentlichen Aufgaben (Bereitstellung von Infrastruktur, Bildungs- und Gesundheitswesen et cetera) nachkommen können. Es gibt also vielfältige Wechselwirkungen: Solide Rahmenbedingungen begünstigen Wachs­tum und die Erträge eines starken Privatsektors ermöglichen im Gegenzug Good Governance.

Wo die institutionellen Pfeiler der Marktwirtschaft – wie in Mosambik der Fall – aber nicht zuverlässig tragen, haben Investoren kein Vertrauen in das System. Folglich unterbleiben viele private Aktivitäten. Unter solchen Bedingungen wäre es Unsinn, sich von kleinteiliger Privatwirtschaftsförderung oder gar einzelnen Projekten Erfolg zu versprechen. Es ist vielmehr vordringlich, die institutionellen Rahmenbedingungen zu korrigieren. Makroökonmische Stabilisierung, die auf niedrige Inflation und solide Staatshaushalte abzielt, reicht dazu nicht aus.


Ungünstiger Trend

Der Trend geht derzeit in die falsche Richtung: Auf der einen Seite wächst der informelle Sektor, und andererseits gibt es florierende Privatunternehmen vor allem im Rohstoffbereich. Dabei verhandelt der Staat über seine natürlichen Ressourcen individuell mit Großunternehmen („state capture“). Am meisten leiden die KMU unter der derzeitigen Situation. Anders als Großunternehmen sind sie nicht in der Lage, sich über die institutionellen Schwierigkeiten hinwegzusetzen.

Wer eine formal registrierte Firma gründen will, steht in Mosambik vor enormen Hindernissen. Problematisch ist zudem, dass behördliche Inspektionen von Unternehmen oft eher als willkürliche Schikanen durchgeführt werden, als dass sie wirklich der Einhaltung von Recht und Gesetz dienten. Transparenteres Amtshandeln wäre dringend nötig.

Es gibt vielschichtige Gründe dafür, dass Rahmenbedingungen so sind, wie sie sind. Eine wichtige Rolle spielen alte Seilschaften. Aber auch die mangelhafte Ausbildung der Beamten, geringe Gehälter im öffentlichen Dienst und starker Parteieinfluss haben ihren Anteil. Hinzu kommt, dass Korruption weite Teile der Gesellschaft durchzieht. Das ist insofern nicht überraschend, als in den örtlichen Traditionen die Vorstellung persönlicher Gefallen auf Wechselseitigkeit tief verankert ist. Die Idee, dass Amt und Person zu trennen sind, ist dagegen nach Kolonialismus und jahrelangem Bürgerkrieg kaum verbreitet.

Der „African Competitiveness Report“ des World Economic Forum zählt Mosambik zu den am wenigsten wettbewerbsfähigen Standorten im südlichen Afrika. Im „Doing Business Report“ der Weltbank rangierte Mosambik dieses Jahr auf Platz 140. Damit steht das Land noch schlechter da als 2006. Deutliche Mängel haben in Mosambik das Arbeits-, Steuer-, Eigentums- und Gewerberecht. Auch die Polizei lässt zu wünschen übrig. Generell ist die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung sowie der gesamten Judikative recht schwach. Erfahrungsberichte und Studien belegen, dass diese sowohl den nationalen Unternehmen wie auch potenziellen Investoren erhebliche Probleme bereitet.

Heimische Großunternehmen aber, die mit der derzeitigen Situation zufrieden sind, haben kein Interesse an umfassenden Änderungen und fallen als Promotoren des Wandels aus. Betriebe im informellen Sektor und reguläre KMU bilden dagegen keine schlagkräftige Lobby. Um die nötigen Rahmenbedingunen zu schaffen, braucht die Regierung also einen starken Willen und den Mut, Konflikte einzugehen. Die GTZ unterstützt sie nach Kräften, zum Beispiel indem sie Vertreter der Regierung und des Privatsektors zusammenbringt, damit die Regierung die Realitäten der KMUs bei Gesetzesvorhaben berücksichtigt.

Gelänge es, effiziente, allgemeingültige Rahmenbedingungen zu schaffen, würde das Vertrauen der Wirtschaft in das Regierungshandeln gestärkt. In der Folge würden die Transaktionskosten der Betriebe sinken und die Wettbewerbsfähigkeit des Systems steigen. Dies käme kleinen und mittleren Unternehmen zu Gute und böte informellen Betrieben einen Anreiz, sich eine formale Rechtsform zu geben. So könnte eine positive Wachstumsspirale in Gang gesetzt werden.