Press freedom

Sri Lankische Journalisten arbeiten in Angst

Zwischen 2006 und 2015 lebten Journalisten in Sri Lanka in Angst. In dieser Zeit war Mahinda Rajapaksa Präsident und sein Bruder Gotabaya Verteidigungsminister. Journalisten, die damals Kritik äußerten, waren Drohungen, körperlichen Angriffen, Entführungen und Morden ausgesetzt.
Gedenken an den getöteten Journalisten Lasantha Wickrematunge im Jahr 2020. picture-alliance/NurPhoto/Akila Jayawardana Gedenken an den getöteten Journalisten Lasantha Wickrematunge im Jahr 2020.

Jetzt sind die Brüder wieder an der Macht – mit getauschten Rollen. Nach den Präsidentschaftswahlen 2019 und den Parlamentswahlen 2020 wurde Gotabaya Präsident und Mahinda Premierminister. Und sie wenden wieder die gleiche Angsttaktik an. Medien, die sich in Staatsbesitz befinden, halten sich an die Regierungslinie. Diejenigen, die nicht in Staatsbesitz sind, neigen zur Selbstzensur.

Selbst während der Zeit der relativen Freiheit zwischen 2015 und 2019 waren Journalisten mit Einschüchterungen von offizieller Seite konfrontiert. Während dieser Zeit wurden sogar Dichter und Kurzgeschichtenschreiber verhaftet, was einen Verstoß gegen den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte der UN von 1966 darstellt.

Sri Lanka hat diesen Pakt unterzeichnet, der unter anderem auch die Redefreiheit garantiert. Doch diese Freiheit existiert in Sri Lanka nur auf dem Papier. Seit seiner Wahl im Jahr 2019 hat Präsident Gotabaya Rajapaksa „eine Kampagne der Angst und Einschüchterung gegen Menschenrechtsaktivisten, Journalisten, Anwälte und andere vermeintliche Herausforderer geführt“, stellte Human Rights Watch in einem Bericht im März 2021 fest.

Einen Monat zuvor hatte die Menschenrechtsorganisation Center for Justice and Accountability darüber berichtet, wie die Regierung Journalisten zum Schweigen bringt, die Pressefreiheit unterdrückt und dafür selbst straffrei davonkommt. Der Bericht wurde vom Committee to Protect Journalists (CPJ), einer Organisation zum Schutz der Pressefreiheit, unterstützt. Er umfasst Verbrechen gegen Journalisten zwischen 2005 und 2015, als Gotabaya Rajapaksa Verteidigungsminister war.

Demnach sollen die Behörden 25 Reporter und andere Medienvertreter getötet haben, vor allem im Nordosten des Landes, der Hochburg der tamilischen Volksgruppe. Zu den ermordeten Journalisten gehörten Dharmaratnam Sivaram, der Herausgeber von Tamilnet, sowie der Herausgeber der Zeitung Sunday Leader, Lasantha Wickrematunge. In einer Zivilklage, die im Bundesstaat Kalifornien eingereicht wurde, machte Wickrematunges Tochter Ahimsa den Präsidenten für den Tod ihres Vaters verantwortlich.

Die Liste der getöteten, angegriffenen und „verschwundenen“ Journalisten aus dieser Zeit geht weiter. Keith Noyahr, der stellvertretende Herausgeber der Wochenzeitung The Nation, wurde entführt und gefoltert. Der Herausgeber der Zeitung Rivira, Upali Tennekoon, wurde erstochen. Poddala Jayantha, ein Reporter in singhalesischer Sprache, wurde entführt und angegriffen. Der politische Karikaturist Prageeth Eknaligoda verschwand. Viele andere Journalisten wurden verhaftet und zum Teil jahrelang unter den Anti-Terror-Gesetzen festgehalten. Angesichts des Schicksals ihrer Kollegen flohen viele srilankische Journalisten ins Exil.

Nach Angaben des CPJ ist eine Einheit des srilankischen Militärgeheimdienstes, die so genannte „Tripoli-Brigade“, für die Gewalttaten verantwortlich. Sie wird von der derzeitigen Regierung geschützt. Ermittelnde Polizeibeamte wurden verhaftet, mit anderen Aufgaben betraut oder ins Exil gezwungen. Der Hauptermittler Shani Abeysekara wurde degradiert und später unter dem Vorwurf der Fälschung von Beweisen verhaftet. Ein weiterer wichtiger Ermittler, Nishantha Silva, floh am Tag nach der Präsidentschaftswahl von Gotabaya Rajapaksa aus dem Land. Vermutlich hält er sich in der Schweiz auf.

Die Rajapaksa-Brüder sind nicht die einzigen Politiker, die Journalisten einschüchtern. Seit den 1970er-Jahren haben die verschiedenen Regierungen Medienschaffende ins Visier genommen und zensiert. Sie schlossen Druckereien und zwangen zur Vorabnahme von Artikeln. In einigen Fällen schränkten Regierungsbeamte sogar die Verfügbarkeit von Zeitungspapier ein. Die Presse in Sri Lanka wird schon lange unterdrückt, nur die Schwere der Unterdrückung variiert.