Entwicklung und
Zusammenarbeit

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Staatliche Garantien

Neue Strategie für Afrika

Ein politisch stabiles und friedliches Umfeld ist die Voraussetzung für wirtschaftliche Entwicklung. Umgekehrt ist eine florierende Wirtschaft ein wichtiger Faktor, um politische Stabilität zu sichern. Zudem befördert internationaler Austausch Kenntnisse und Techniken. Deutschland und Europa müssen ihren Schwerpunkt von der Armutsbekämpfung auf die Förderung wirtschaftlichen Engagements von Unternehmen verlagern.
Die Mittelschicht in afrikanischen Metropolen hat ähnliche Konsumbedürfnisse wie jene in Industrieländern. Modenschau in Lagos. Alamba/AP Photo/picture-alliance Die Mittelschicht in afrikanischen Metropolen hat ähnliche Konsumbedürfnisse wie jene in Industrieländern. Modenschau in Lagos.

Botswana ist politisch stabiler als Deutschland. Das besagt der Ländervergleich der Weltbank. Namibia und der Inselstaat Mauritius liegen in dem Ranking zwar hinter der Bundesrepublik, aber immer noch vor den USA, Großbritannien und Frankreich. Auch andere Länder Afrikas stehen gut da.

Für fast alle Staaten südlich der Sahara gilt: Die politische Stabilität hat sich in den letzten zehn Jahren deutlich verbessert. Es gibt weniger Konflikte, mehr demokratische Wahlen und mehr friedliche Machtwechsel. Das Klischee vom Kontinent der Krisen und Konflikte trifft nicht mehr zu.

Trotzdem entsteht allzu oft der Eindruck, dass Afrika zu unsicher und chaotisch sei, um dort Geschäfte zu machen. Dabei wird oft vergessen, dass der Kontinent aus 54 Ländern besteht. Diese werden sehr unterschiedlich regiert und sind mit unterschiedlichen Ressourcen gesegnet. Natürlich gibt es Bürgerkriege, Korruption und auch schlecht regierte Länder. Doch andererseits tun zahlreiche Regierungen viel, um das Investitionsklima zu verbessern. Dementsprechend entwickelt sich jedes Land anders.

Viele afrikanische Staaten sind nicht nur politisch stabil, sondern auch vergleichsweise wohlhabend. In Südafrika, Namibia und Algerien liegt das Pro-Kopf-Einkommen beispielsweise höher als in China. In Metropolen wie Lagos und Nairobi hat sich längst eine Mittelschicht gebildet, die ähnliche Konsumbedürfnisse hat wie jene in Industrieländern. Afrika entwickelt sich dort sehr positiv, wo private Akteure und Unternehmer das Handeln bestimmen.

Derzeit leben in Afrika mehr als eine Milliarde Menschen; 2050 werden es doppelt so viele sein. Das Bevölkerungswachstum ist einer der Treiber des ökonomischen Wachstums. Andererseits ist es eine enorme Herausforderung für einzelne Länder. Der Senegal wächst dieses Jahr um fast 200 000 Menschen, Ägypten um 900 000, Nigeria um 2 Millionen und ganz Afrika um 30 Millionen Einwohner. 2050 wird Nigeria das drittbevölkerungsreichste Land der Erde hinter Indien und China sein. Bis dahin braucht Afrika laut EU-Kommission 400 Millionen Jobs.

Um mehr Arbeitsplätze zu schaffen, müssen Afrikas Rohstoffe künftig vor Ort verarbeitet werden. Nur so kann eine höhere Wertschöpfung erreicht und die Abhängigkeit von Importen vermindert werden. Die verarbeitende Industrie trägt in Subsahara-Afrika bislang nur 13 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Das ist zwar mehr als etwa in Großbritannien oder Frankreich, aber weit weniger als in China und anderen Schwellenmärkten. Ähnlich sieht es bei der industriellen Exportleistung aus: Nur ein Viertel der afrikanischen Exporte entfällt auf Industriegüter. In vielen ost- und südasiatischen Ländern liegt der Anteil bei drei Vierteln.

Auch die Nachfrage nach Industriegütern ist noch gering. Der Wert deutscher Maschinenlieferungen nach Subsahara-Afrika ist zuletzt zwar auf 4,4 Milliarden Euro gestiegen. Nach Asien wurde aber knapp das Zehnfache und nach Europa fast das 20-Fache verschickt. Es fehlt an Infrastruktur, Energie und Personal, um in Afrika zu produzieren, oder auch, um dorthin gelieferte Maschinen zu warten. An diesen Engpässen muss angesetzt werden.

Nachdem jahrzehntelange Entwicklungshilfe den Kontinent wenig vorangebracht hat – Kritiker machen diese gar für den nach wie vor großen Entwicklungsrückstand mitverantwortlich – setzt sich immer mehr die Auffassung durch, dass Afrika nur durch privatwirtschaftliches Engagement der Sprung aus der Armut und der Anschluss an die globale Wirtschaft gelingen kann. Der Kontinent braucht Investitionen lokaler und internationaler Unternehmen.

In Deutschland und Europa muss eine Wende vollzogen werden: weg von der Armutsbekämpfung, hin zur Förderung wirtschaftlichen Engagements von Unternehmen. Wenn es für Firmen attraktiver und weniger risikoträchtig wird, in Afrika zu investieren und Geld zu verdienen, dann wird sich der Aufholprozess deutlich beschleunigen.

Es gibt Instrumente, die einfach umzusetzen sind und dem Bedarf der Firmen entsprechen, die sich in Afrika engagieren wollen. Ganz oben auf der Wunschliste stehen leichter zugängliche und günstigere Garantien für Exporte, für die Projektentwicklung und auch für Investitionen. Hier ist die Bundesregierung weiterhin zögerlich. Das muss sich ändern. Zugleich sollte stärker in die Infrastruktur und die Energieversorgung investiert und gemeinsam mit der Wirtschaft praxisorientiert ausgebildet werden.

Die Europäische Kommission will im Zuge der anvisierten sogenannten Migrationspartnerschaften beim Thema Garantien mehr tun als bisher. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, um die europäische Industrie zu motivieren, in Afrika mit Kapital und Know-how einzusteigen und damit auch zur Entwicklung der Länder beizutragen. Dass die Garantien allerdings nur für die Hauptherkunfts- und Transitländer von Flüchtlingen gelten sollen, ist kurzsichtig und interventionistisch und setzt bei den afrikanischen Staaten völlig falsche Anreize.

Besser wäre es, sich an den Bedürfnissen der Firmen und der Wirtschaftspolitik der afrikanischen Länder zu orientieren. Profitieren sollte vor allem, wer ein gutes Klima für Investitionen schafft, die Wirtschaft diversifiziert und Perspektiven für die Bevölkerung schafft. Statt vorrangig die ärmsten Länder zu unterstützen, sollte die Entwicklungshilfe ihre Anstrengungen künftig also auch auf Länder fokussieren, die Modernisierungsmotoren für den ganzen Kontinent sein können.

Weit mehr als die Hälfte der Afrikaner ist jünger als 25 Jahre. Die meisten jungen Menschen haben Smartphones und verfolgen Nachrichten im Internet. Sie wissen genau, wie die Menschen in anderen Regionen der Welt leben. Wenn es nicht gelingt, die junge Generation in Arbeit zu bringen, drohen Verelendung und Aufruhr. Viele werden ihr Land verlassen. Deutsche und europäische Unternehmen können einiges dazu beitragen, Perspektiven vor Ort zu schaffen. Die Politik ist gefordert, sie dabei zu unterstützen und Hürden zu beseitigen.


Christoph Kannengießer ist Hauptgeschäftsführer des Afrikavereins der deutschen Wirtschaft.
voss@afrikaverein.de

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