Rechtspopulismus
Gegner dämonisieren
Swami Adityanath is der neue Ministerpräsident von Indiens bevölkerungsreichstem Bundesstaat Uttar Pradesh. Er ist ein hinduistischer Mönch und gehört der Hindu-chauvinistischen Partei BJP von Premierminister Narendra Modi an. Im Wahlkampf behauptete Adityanath, die vorherige Landesregierung habe muslimische Dörfer bei der Stromversorgung bevorzugt. Dafür hatte er aber keinen Beleg. Als er nach der Wahl in einem Fernseh-Interview darauf angesprochen wurde, sagte er: „Hören Sie auf, Daten zu zitieren”. Aus seiner Sicht geht es um die gefühlte Wut von Hindus und nicht darum, ob die Wut begründet ist.
Expertenwissen abzulehnen ist für Rechtspopulisten typisch. Der Brexit-Agitator Michael Gove sagte bekanntlich vor dem EU-Referendum, die Briten seien Experten leid. Politiker seines Schlages bezeichnen ihre Gegner gern als antinational.
Eine Nation besteht aus allen ihren Menschen, aber Populisten betrachten nur die Bürger, die ihnen zujubeln, als das echte Volk. Sie leugnen die Legitimität aller anderen politischen Kräfte. So war es denn auch geradezu logisch, dass US-Präsident Donald Trump sagte, er werde das Wahlergebnis nur akzeptieren, wenn er siege.
Rechtspopulisten spalten. Ihr Erfolg beruht auf Fremdenfeindlichkeit und der Dämonisierung anderer. Die antimuslimische Haltung der BJP ist bekannt. In den vergangenen Monaten wurden mehrfach Muslime ermordet, denen die hinduistischen Täter vorwarfen, Rindfleisch verkauft oder gegessen zu haben. BJP-Spitzenpolitiker äußern sich aber nicht zu solcher Gewalt.
Es fällt auf, dass Trump ähnlich still bleibt, wenn in den USA Muslime – oder Leute, die dafür gehalten werden – Angriffe erleiden. Wie die BJP-Spitze, schürt auch er gern islamfeindliche Ressentiments. Diese Art von Amtsinhabern vernachlässigt lieber ihre verfassungsrechtliche Pflicht, Minderheiten zu schützen, als potenzielle Anhänger vor den Kopf zu stoßen. Während Modis Amtszeit als Ministerpräsident von Gujarat starben 2002 mindestens 1 000 Menschen bei religionsspezifischen Ausschreitungen. Muslime stellten die überwältigende Mehrheit der Opfer.
Der philippinische Präsident Rodrigo Duterte schließt vor Mord nicht nur die Augen – er ermutigt Sicherheitskräfte und Todesschwadronen sogar ausdrücklich dazu, vermeintliche Drogenhändler und -abhängige zu töten. Kraftmeierei dient dem eigenen Image, aber Fehlverhalten im eigenen Lager einzugestehen würde diesem schaden.
Rechtspopulisten maximieren nicht nur die Kluft zwischen Mehrheit und Minderheit, sie instrumentalisieren auch das Thema soziale Gerechtigkeit. Dabei orientieren sie sich aber nicht an objektiv Privilegierten und Unterdrückten. In Indien wären das beispielsweise auf der einen Seite Grundbesitzer und Firmeneigner und auf der anderen ausgegrenzte Bevölkerungsgruppen wie Dalits oder Adivasis. Statt echte Ungleichheit anzugehen, schüren Populisten Vorurteile und polarisieren zwischen vermeintlich echtem Volk und allen anderen. Sie tun so, als könne ein starker Führer Gerechtigkeit, Harmonie und die natürliche Ordnung wiederherstellen.
Diese natürliche Ordnung gibt es nicht – und es gab sie auch nie. Populisten machen unhaltbare Versprechen. Nein, der Brexit wird keine 350 Millionen Pfund für den National Health Service freisetzen. Nein, Mexiko wird keine Grenzmauer bezahlen. Nein, in Indien entstehen jährlich keine 20 Millionen neue Jobs.
Demokratie erfordert breite Partizipation und die Vertretung aller relevanten Interessen in den Parlamenten. Schon in den 1950er Jahren warnte B.R. Ambedkar, der Architekt der indischen Verfassung, Demokratie sei in Indien nur der oberste Humus auf einem grundsätzlich undemokratischen Boden und könne von Heldenkult zerstört werden. Echte Patrioten tun gut daran, die Institutionen ihres Landes gegen selbsternannte „Helden“ zu verteidigen.
Manoj K. Jha ist Professor für Sozialarbeit an der University of Delhi.
manojmeeta@gmail.com