Neue Medien

Gratis und sinnvoll

Für viele Organisationen in Entwicklungsländern würde es sich lohnen, neue Internetkanäle wie Facebook, YouTube oder Twitter zu nutzen. Auch eigene Websites lassen sich ohne großen Aufwand erstellen. Einschlägige Plattformen verlangen kein Geld und erläutern Anwendern in ihrem Online-Angebot, wie sie Websites auf ihre Bedürfnisse zuschneiden können.


Von Norbert Herrmann

Während weltweit bereits zahlreiche Menschen und Organisationen die Möglichkeiten von Social Media (Defini­tion siehe Glossar) nutzen, gibt es in Entwicklungsländern noch einige Hindernisse. Oft fehlt es an Internetverbindungen, die schnell und erschwinglich sind. Ein PC, entsprechende Computerkenntnisse und Zeit sind ebenfalls nötig. Workshops im südlichen Afrika haben aber gezeigt, dass einige dieser Schwierigkeiten überwunden werden können. Auch Menschen mit geringer Internetaffinität können dank so ­genannter Online-Content-Management-Systeme in wenigen Schulungsstunden lernen, eine eigene Website zu erstellen.

Wenn die Organisationen die neuen Möglichkeiten nutzen möchten, sollte geklärt werden, für wen sie diese neuen Internetangebote aufbauen. Viele Zielgruppen sind relevant. Nqaba Ndlovu vom südafrikanischen Mpumalanga Youth ­Forum sagt beispielsweise: „Jetzt können Spender auf unserer neuen Website erfahren, wer wir sind und was wir machen.“

Für viele Initiativen ist das eigene Onlineangebot der erste Schritt heraus aus dem informellen Bereich, weil sie ihr Selbstverständnis und ihre Organisationsstruktur zum ersten Mal schriftlich festhalten müssen. Schon die Vorbereitung einer Website kann damit einen positiven Effekt haben.

Im Internet gibt es kostenfreie Platt­formen wie wordpress.com oder blog­-
spot.com, auf denen Nutzer eigene Web­sites einrichten können. Der Umgang damit ist leicht und unkompliziert. Die meisten dieser Plattformen stellen zudem Lernportale gratis zu Verfügung, damit Anwender Schritt für Schritt ihre Website nach den ­eigenen Bedürfnissen gestalten können.

Diese Plattformen bieten Funktionen, die für unabhängige Organisationen in Entwicklungsländern relevant sind. Per RSS-Feeds oder Twitter können sich Mitglieder beispielsweise aktuelle Nachrichten auf den PC oder internetfähige Mobiltelefone schicken lassen. Auch gemeinsame Kalender für die Terminabsprache oder einfache Online-Fragebögen lassen sich schnell erstellen.

Die Technik ist aber nicht alles. Entscheidend ist, die Inhalte zu strukturieren und ansprechend zu gestalten – zum Beispiel mit aussagekräftigen Fotos.

Kontakt halten

Für die Kontaktpflege einer Organisation nach innen und außen eignen sich obendrein Soziale Netzwerke wie Facebook. In verschiedenen Ländern und Regionen existieren weitere, sehr ähnliche Anbieter.

Bei entsprechender Verbreitung erleichtern es die Sozialen Netzwerke, über Distanz hinweg Kontakte zu pflegen, Absprachen zu treffen und Informationen für Zielgruppen bereitzustellen. Eigene Fan- und Gruppenseiten zum Beispiel bei Facebook kann man genau auf die Zielgruppe zuschneiden, dort die neuesten Informationen einstellen und nach Meinungen zum aktuellen Thema fragen. So ist es möglich, dass registrierte Nutzer selbst Themen zur Sprache bringen, vielleicht sogar um Hilfe bitten.

Manche Plattformen vereinfachen den Austausch von Filmen, Fotos oder Audiodateien. Ganze Fotoalben oder Filme können so veröffentlicht werden. Am bekanntesten ist vermutlich die Video-Plattform YouTube. Man muss keine CDs verteilen, sondern nur den Link schicken. In Gegenden mit ausgeprägter Radio-Kultur birgt vor allem die Bereitstellung von Audio-Dateien ein großes Potenzial. Über Online-Plattformen wie Flickr oder Picasaweb können Bilder in höchster Qualität bereitgestellt werden. Wer solche Angebote in seine Website einbettet, macht diese mit geringem Aufwand attraktiver. Auch Landkarten (maps.google.com) oder Präsentationen (slideshare.com; issuu.com) können dazu dienen.

Selbst ohne Internetverbindung lassen sich ein paar Vorteile von Social Media nutzen. SMS-Dienste sind eine gute Alternative, kosten aber meistens etwas. So genannte Bulk-SMS-Dienste wie Frontline-SMS bieten die Möglichkeit, an mehrere Mobiltelefonnummern gleichzeitig – wie bei einer Mailingliste – identische Textnachrichten zu senden. Auch Twitter lässt sich für SMS-Dienste nutzen.

Kleine Gruppen können sogar SMS-Konferenzen abhalten, bei der die Teilnehmer von verschiedenen Orten aus wichtige Informationen austauschen. Bongani Madondo, der Chefredakteur einer Jugendzeitschrift, tut das gelegentlich, weil „einige der Leute, mit denen ich in Verbindung stehen muss, weit draußen auf dem Land leben“.

Zur Darstellung der eigenen Organisation kann es sinnvoll sein, sich in das Online-Lexikon Wikipedia einzutragen. Doch der Text muss den Vorgaben der Wikipedia-Verantwortlichen entsprechen. Man sollte nicht zu sehr in Marketing-Sprache verfallen, ansonsten kann der Artikel gelöscht werden. Wikipedia gibt selbst Hinweise zur Gestaltung von Artikeln.

In jedem Fall sollte sich jede Organisation einige konzeptionelle Gedanken machen, bevor gebloggt, gepostet und getweetet wird. Der erste Blick geht in die Organisation selbst: Welche Social-Media-Plattformen nutzen die Organisation oder einzelne Mitarbeiter bereits? Damit kann der Lernaufwand für die Einführung eines neuen Dienstes abgeschätzt werden.

Auch eine Inventur hilft: Welche Inhalte stehen in welcher Form bereits zur Verfügung? Sind zum Beispiel aus dem Community Radio nutzbare Audio-Dateien honorarfrei zu bekommen? Nach solchen grundsätzlichen Überlegungen folgen die Details: Auf welcher Plattform will sich die Organisation präsentieren? Was sind die kostengünstigen Alternativen?

Oft ist es sinnvoll, ein wenig auszuprobieren, bevor man sich für einen Anbieter entscheidet. Den Auftritt in Social-Media-Kanälen sollte man nicht zu komplex gestalten, damit auch Mitarbeiter mit weniger Erfahrung gut damit umgehen können. Oft gibt es Probleme, wenn Personen, die sich auskennen, eine Organisation verlassen. Schulungen und kooperatives Arbeiten können die Abhängigkeit von einem einzelnen Administrator vermindern.

Die Social-Media-Präsenz muss regelmäßig gepflegt werden. Werden zum Beispiel Anfragen auf der Fanseite nicht beantwortet, schreckt das viele Nutzer ab. Auch nach dem Einstieg in die digitale Welt von ­Social Media ist der Nutzen immer wieder zu evaluieren. Denn: Am Ende soll sich der Aufwand lohnen. Sowohl für die Zielgruppe als auch für die Organisation selbst muss der Mehrwert der Bereitstellung und Nutzung von Social-Media-­Kanälen immer wieder neu erkennbar und greifbar sein.