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Journalismus

Auf Sendung

In der nigerianischen Millionenstadt Kano widmet sich ein privater Radiosender allwöchentlich der Arbeit der Polizei. Die Hörer können Klagen über Gesetzeshüter öffentlich machen und Polizeibeamte stehen Rede und Antwort. Das Programm hat dazu beigetragen, die Situation zu verbessern. Es bleibt aber noch viel zu tun.

Von Halima Umar Sani und Abubakar Salihu Abubakar

„Dan sanda abokin kowa“ ist Haussa und bedeutet: „Die Polizei ist dein Freund“. Es ist der Name unserer Sendung, die seit drei Jahren auf Freedom Radio läuft. Sie will die Bevölkerung über die Arbeit der Polizei aufklären, über ihr verfassungsrechtliches Mandat und ihre Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft. Zudem bietet sie Bürgern ein Forum, um Missstände anzuklagen.

Wir ermutigen die Bevölkerung, uns ihre Erfahrungen und Ansichten per Email, Telefon oder SMS mitzuteilen. Die meisten beklagen brutales Verhalten von Polizisten, langsame Reaktionen auf Anzeigen, Gelderpressung, Korruption, unrechtmäßige Verhaftungen, bewaffneten Raub und Vergewaltigung. Einige Themen werden sofort behandelt, andere auf die nächste Sendung verschoben, um den Fall genauer unter die Lupe nehmen oder auf seinen Wahrheitsgehalt hin untersuchen zu können.

„Die Polizei ist dein Freund“ ist eine Studio-Sendung. Der Moderator kann Polizisten in den Sender einladen, die zu den Vorwürfen der Hörer Stellung beziehen. Der schlimmste Vorwurf, der Freedom Radio je zugetragen wurde, betraf drei Polizisten, die ein 16-jähriges Mädchen entführt, 26 Tage festgehalten und vergewaltigt haben sollen. Anfangs leugnete die Polizei, dass an der Geschichte etwas dran sei. Nach einer weit reichenden öffentlichen Debatte jedoch entschuldigte sich die Polizeiführung bei der Öffentlichkeit und begann, die betroffenen Beamten zur Verantwortung zu ziehen. Nigerias oberster Polizeichef, Alhaji Hafiz Ringim, betonte auf Freedom Radio, dass es Aufgabe der Polizei sei, unparteiisch für Gerechtigkeit und die Einhaltung des Gesetzes zu sorgen.

Ein weiterer bedrückender Vorfall betraf einen Taxifahrer. Ihm wurde fälschlicherweise vorgeworfen, ein Mädchen entführt zu haben, woraufhin ein wütender Mob ihn lynchte. Es waren nicht genügend Polizisten vor Ort, um seinen Tod zu verhindern. Zudem hatten die Leute kein Vertrauen in die Polizei. Da sie argwöhnten, die Polizisten steckten mit Kriminellen unter einer Decke, beschlossen sie, selbst zu handeln.

Freedom Radio berichtete auch über viele andere schlimme Ereignisse, darunter
– Autofahrer, die an einer Straßensperre erschossen wurden, weil sie sich weigerten, Bestechungsgeld zu zahlen,
– Erschießungen von Zivilisten,
– die Verwicklung von Polizeioffizieren in Verbrechen,
– ihre Verbindung zu kriminellen Banden und
– die Tötung von Verdächtigen ohne gerichtliche Verhandlung.

Die Debatten auf Freedom Radio zeigen die große Gesetzlosigkeit, die Nigeria Probleme bereitet. Unrechtmäßiges Polizeiverhalten führt auch zu Schlagzeilen in den großen Zeitungen. Es ist klar, dass Reformen notwendig sind. Die Ursachen für die Probleme der nigerianischen Polizei sind unter anderem folgende:
– niedrige Bezahlung,
– fehlende Pensionierungspläne und Versicherungen,
– veraltete und unzureichende Polizeiausrüstung sowie
– schlechte Ausbildung und falsche Anreize.

In den vergangenen Jahren wurden die Polizeigehälter neu berechnet und dabei angehoben. Um Ausbildung und Ausrüstung zu verbessern, muss jedoch mehr geschehen.

Nigeria fehlen Polizisten. Bei einer Bevölkerung von 150 Millionen Menschen sind 400 000 Polizisten einfach nicht genug, um das Verbrechen zu bekämpfen. In Nigeria kommt es zudem immer wieder zu religiösen Krisen, und die Polizeikräfte wirken häufig überlastet.

Es hat eine lange Tradition im Land, dass Politiker und sonstige Machthaber die Polizei dazu nutzen, die Medien zu beeinflussen und einzuschüchtern. Einer unserer Mitarbeiter, Abubakar, wurde erst kürzlich bedroht, als er von einem berüchtigten Gangster berichtete, der mutmaßlich Unterstützung durch die Polizei erhält. „Ein angeblicher Polizeiinformant warnte mich, dass ich mir mit der Veröffentlichung weiterer Berichte über diesen Mann mein eigenes Grab schaufele“, erzählt er. „Ich ließ es darauf ankommen und verfolgte die Geschichte weiter.“

Der Verbrecher wurde schließlich zusammen mit einer Gruppe mutmaßlicher bewaffneter Räuber und Drogenhändler verhaftet. Kurze Zeit später jedoch entkamen sie alle dem Polizeigewahrsam. Das war vor zwei Monaten. Nur einer der sechs konnte wieder gefasst werden – aber nicht der fragliche Gangster. Die Geschichte scheint die Anschuldigungen zu bestätigen, dass er Verbindungen zur Polizei unterhält. Bis Mitte Februar wollte sich die Polizeiführung in Kano jedoch noch nicht dazu äußern. Die interne Untersuchung sei noch nicht abgeschlossen, hieß es.

Zeichen des Erfolgs

Trotz der großen Probleme hat Freedom Radio die Polizeiarbeit in Kano positiv beeinflusst. Es gibt mittlerweile weniger Hinweise auf Brutalität, Folterung und Erpressung.

Als wir mit „Dan sanda abokin kowa“ auf Sendung gingen, liefen bei uns viele Beschwerden darüber ein, dass die Polizei Verdächtige ohne Anklage länger als die rechtmäßigen 24 Stunden festhielte, dass sie Geld erpresste oder Inhaftierte misshandelte. Die Beschwerdezahl ist seither zurückgegangen.

Die Polizei schenkt den Menschenrechten der Bevölkerung offenbar mehr Beachtung. Die Polizeiführung in Kano hat zudem Maßnahmen ergriffen, um Polizeioffiziere zu bestrafen, die unrechtmäßig handeln. In der Sendung fordern wir die Hörer dazu auf, Missstände an uns oder die Vorgesetzten der Beschuldigten weiterzugeben.

Tatsächlich berichten die Leute heute öfter über Verbrechen, und die Polizei ist besser darin geworden, solchen Hinweisen nachzugehen. Dadurch geht auch die Zahl der Menschen zurück, die das Gesetz in die eigene Hand nehmen. Dazu trägt sicher bei, dass alle Beteiligten wissen, dass Freedom Radio ein Forum bietet, um diese Fragen zu diskutieren.

Freedom Radio ist der populärste Radiosender in Kano. Aufgrund seiner hohen Reichweite muss die Polizei den Programmen Beachtung schenken. Einzelne Polizisten schalten auch ein, weil die Sendung Themen aus ihrem Berufsalltag behandelt. Sie finden es interessant, dass die Sendung über Reformansätze informiert und Ratschläge zu Polizeiethik und -Etikette gibt. Die Verbreitung solcher Informationen ist natürlich Aufgabe der Polizeiführung. Aber wir helfen gerne, wo wir können.