Zivilgesellschaft
Im Gespräch mit der Wirtschaft
Die Ergebnisse der Studie kamen anhand von 18 Interviews mit deutschen NGO-Vertretern zustande. Zusätzlich wertete die Autorin aktuelle Literatur zum Thema aus – insbesondere ein mehrjähriges Forschungsprojekt aus Britannien zu Stakeholder-Dialogen.
NGOs in Deutschland haben inzwischen viele Erfahrungen in dem Bereich gemacht, stellte die Autorin der Studie fest. Deshalb geht ein Großteil der NGOs inzwischen selektiv mit der Teilnahme an Unternehmensgesprächen um. Die Organisationen wollten sich nicht inhaltlich von Unternehmen vereinnahmen lassen und bestünden auf festen Vereinbarungen im Hinblick auf die Ziele der Gespräche. Aus Erfahrung haben die NGOs gelernt, dass sie den zeitlichen Aufwand nicht unterschätzen dürfen, so die Studie. Sei keine Aussicht auf Erfolg absehbar, lehne man Anfragen von Unternehmen ab.
Die meisten Interviewten gaben an, dass Großveranstaltungen mit zahlreichen Unternehmens- und NGO-Vertretern besonders unergiebig seien. Bevor man unnötige Energie in Unternehmensdialoge stecke, empfahlen viele Befragte diese besser in wichtigere Aufgaben wie Öffentlichkeitsarbeit zu stecken.
Erfolg hängt von Gesprächspartnern ab
Ob Vertrauen zwischen den Gesprächspartnern entstehe und die Dialoge zu konkreten Ergebnissen führten, hänge maßgeblich von den beteiligten Personen ab und deren Fähigkeit, miteinander zu arbeiten. Ein Dialog funktioniere nur, wenn Regeln aufgestellt würden und alle Parteien sich daran hielten. Außerdem sei es für die NGOs wichtig, Themen und Agenda des Dialogs so weit wie möglich mitzugestalten und dies nicht von den Unternehmen bestimmen zu lassen. Einige Befragte gaben an, dass es drei bis fünf Jahre dauere, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen.
Übereinstimmend mit den Ergebnissen der britischen Forschung, betonten erfahrene NGOs, dass es entscheidend sei, sich in die Lage des Gegenübers zu versetzen. Dies bedeute auch die wirtschaftlichen Zwänge der Unternehmen erst zu nehmen. Seien Unternehmensvertreter ebenfalls zu diesem Blickwechsel bereit, hätte dies zu „langen und fruchtbaren Dialogen“ mit konkreten Ergebnissen geführt.
Die deutschen NGOs haben laut Südwind-Studie die Erfahrung gemacht, dass eine Kooperation zur Umsetzung von Umwelt- und Sozialprojekten mit kleinen Ökounternehmen besonders erfolgreich sei. Der Autorin wurde ein Unterschied zwischen Umweltverbänden und entwicklungspolitischen Organisationen deutlich. Letztere standen einem Austausch mit Unternehmen viel skeptischer gegenüber und hatten weniger Erfahrung darin als Umweltverbände. Ein Grund dafür könnte in einer anderen Erkenntnis der Studie liegen: NGOs, die sich besonders für das Thema Menschenrechte einsetzen, was bei vielen Entwicklungs-NGOs der Fall ist, sehen hauptsächlich Staaten als die wichtigsten Adressaten ihrer Tätigkeit an. Sie suchen daher weniger den Dialog mit Unternehmen.
Umsetzung von Gesetzen
Alle anderen befragten NGOs gaben als das Ziel aber ebenso die Umsetzung einer staatlichen Regulierung an, die Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen wirkungsvoll unterbindet. Durch den Austausch mit Unternehmen erhofften sich die NGOs, dass dies die Akzeptanz und Umsetzung von Gesetzen verbessere und beschleunige.
Den Erfolg der Unternehmensdialoge zu messen sei je nach Ziel einfach oder sehr komplex, erklärt die Autorin. Wenn es zum Beispiel um das Festlegen von Einkaufsrichtlinien in einem Unternehmen gehe, sei das leicht überprüfbar. Die Arbeitsbedingungen auf einer Plantage zu überprüfen sei bereits schwerer, aber möglich. Sehr komplex werde es, wenn es festzustellen gilt, welchen Einfluss ein Unternehmensgespräch für das Erreichen übergeordneter Ziele wie Naturschutz oder Einhaltung der Menschenrechte geleistet hat.
Sabine Balk
Link:
Südwind, 2015: Reden ist Silber, Kampagnen sind Gold? Erfahrungen deutscher NRO mit Unternehmensdialogen.
http://www.suedwind-institut.de/fileadmin/fuerSuedwind/Publikationen/2015/2015-09_Reden_ist_Silber__Kampagnen_sind_Gold_neu.pdf