Editorial

Zwei nötige Dinge

Kürzlich hat Argentiniens Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner die „Renationalisierung“ der Ölwirtschaft angekündigt. Die internationale Wirtschaftspresse sagte sofort einen Fehlschlag voraus, erwähnte aber nur am Rande, dass der spanische Energie-Multi Repsol wenig getan hat, um den Lebensstandard im Förderland zu steigern. Repsol war der Hauptprofiteur der Privatisierungspolitik eines früheren argentinischen Präsidenten.

Von Hans Dembowski

Das Scheitern der neuen Strategie ist sicherlich möglich. Fest steht das aber noch nicht. Als Evo Morales, Boliviens Präsident, vor einigen Jahren die Renationalisierung der Öl- und Gaswirtschaft ankündigte, waren Wirtschaftsblätter ebenfalls empört. Heute wissen wir, dass internationale Investoren im Land geblieben sind. Die Morales-Regierung hat die Verträge mit ihnen neu verhandelt – wovon die Staatsfinanzen profitiert haben und was zur Stabilisierung des Landes, das lange als fragil galt, beigetragen hat.

Journalisten in reichen Nationen sehen Rohstoffe vor allem als Handelswaren. Viele übersehen, dass sie Menschen in Entwicklungsländern mehr bedeuten. Für diese sind Bodenschätze gleichermaßen zentraler Wirtschaftszweig, nationales Vermögen und Ursache gesellschaftlicher Traumata. Der Kolonialismus war nämlich ein Unterdrückungssystem, das Imperialmächte mit Rohstoffen versorgte. In den unterworfenen Ländern wurden kleine Minderheiten sehr reich, aber Massen rackerten unter extrem harten Arbeitsbedingungen in Bergwerken oder auch auf Plantagen. Ausländer fällten alle wichtigen Entscheidungen, und nur in eingeschränktem Maße durften Angehörige lokaler Eliten mitmischen. Ansonsten konnte niemand der Armut entkommen. Im Zuge der Unabhängigkeit wurden örtliche Eliten einfluss­reicher, ansonsten änderte sich vielerorts leider nur wenig.

Auch heute bleibt Ressourcenreichtum oft ein Fluch. Ölexportierende Staaten werden mit besonders großer Wahrscheinlichkeit autoritär regiert. Solange ein Regime den Sicherheitsapparat kontrolliert, kann es Bodenschätze fördern lassen, ohne sich um das Wohl der Bevölkerung zu kümmern. Es braucht nicht in menschliche Fähigkeiten zu investieren. Auch die Ausbeutung von Diamanten, Gold und anderen Wertstoffen führt oft zu Problemen. Bitterarme Menschen suchen sie in abgelegenen Wald- und Berggegenden, wo niemand Recht und Gesetz durchsetzt. Häufig werden Kleinschürfer zu Opfern von Mafiabanden und Milizen. Gewaltkonflikte ziehen sich über Jahre hin – und schwelen selbst dann weiter, wenn sie offiziell als beendet gelten.

Weltweit ist die Nachfrage nach Rohstoffen in den vergangenen Jahren gestiegen. Das lag nicht zuletzt am erfreulichen Erfolg großer Schwellenländer. Die Folge sind höhere Preise und neue ökonomische Chancen. Allerdings weisen internationale Advocacy-Organisationen zu Recht darauf hin, dass der Trend auch Kriminellen und ausbeuterischen Eliten nutzt.

Globalen Herausforderungen muss lokal begegnet werden. Das beste Mittel, um die Verhältnisse im Rohstoffsektor zu korrigieren, ist bessere Regierungsführung in Förderländern. Die Ausbeutung von Bodenschätzen muss nicht zu Armut und Gewalt führen, wie das Beispiel Botsuana beweist. Dieses Land hat stimmige Rahmenbedingungen für den Bergbau geschaffen und wird ordentlich regiert. Es genießt einen deutlich höheren Wohlstand als die meisten anderen Länder südlich der Sahara. Botsuana lehrt, dass zwei Dinge nötig sind: Unternehmen müssen prosperieren können, und zugleich muss die Gesetzgebung dafür sorgen, dass von deren Erfolg das ganze Land profitiert.

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