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Leben auf dem Land

Verlust der eigenen Sprache

Sprache und Kultur der indischen Adivasi-Stämme laufen Gefahr, verlorenzu­gehen. Christliche Missionare hatten zunächst einen schlechten Einfluss darauf, halfen dann aber mit, das Erbe des ostindischen Volks der Santal zu erhalten. Boro Baski, ein Angehöriger dieser Ethnie, berichtet davon.
Besuch im Dorfmuseum. Baski Besuch im Dorfmuseum.

Vor zwei Jahren habe ich den renommierten Santali-Schriftsteller Dhirendrath Baskey für einen Dokumentarfilm interviewt. Wir trafen uns in Bhimpur, einem Adivasi- Dorf, in dem seit 1860 amerikanische Baptisten gelebt hatten. Es deprimierte mich, sonst keinen älteren Santal gefunden zu haben, der auf unserer Sprache etwas aus Baskeys Leben erzählen konnte. In Bhimpur, einem bedeutenden Ort in der Geschichte der Santal, haben die Menschen heute keinen Stolz auf ihre Kultur – schlimmer noch, sie wissen kaum etwas darüber.

Das ist die dunkle Seite der Missionstätigkeit. Die christlichen Missionare verboten den Santal, ihre Kultur zu leben – vor allem Tanz und Musik –, so dass die Stammes-Leute zwar modern ausgebildet, dafür aber der Bindung zur eigenen Traditionen und der Werte beraubt wurden.

Ähnlich sah es bei der Mulpahari Mission aus, die bis Ende des 20. Jahrhunderts aktiv war. Dort war der norwegische Missionar Paul Olaf Bodding tätig. Heute ist Bodding für seine Dokumentation der Santal-Kultur bekannt (siehe Hauptartikel). Andererseits erzählte mir Ruby Hembrom, eine Intellektuelle und Verlegerin der Santal, dass ihr Vater die Mission verlassen musste, weil er als Lehrer ein Kulturprogramm inszeniert hatte, bei dem Santal-Trommeln verwendet worden waren. Diese strenge Haltung hat eine große kulturelle Kluft zwischen christliche und nichtchristliche Santal gerissen.

In den vergangenen Jahrzehnten begannen die Missionare jedoch, die Kultur der Santal zu schätzen. Vor allem die Jesuiten und Salesianer – beides Orden der römisch-katholischen Kirche – begriffen, wie wichtig es ist, die Stammes-Jugend zu stärken, indem man sie an ihre Tradition erinnert, inklusive der Lieder, Tänze und Theater. Das Johar Human Resources Development Centre in Dumka, Jharkand, und das Santal-Museum an der Don-Bosco-Schule im westbengalischen Azimganj leisten dazu Großartiges.

Tatsächlich hat Bodding vor mehr als hundert Jahren den Grundstein zum Erhalt der Santal-Kultur gelegt. Seine Wertschätzung für unsere Kultur hat Kreise gezogen. Ich war beeindruckt, als ich bei einer Veranstaltung der Universität Oslo zwei norwegische Damen kennenlernte, Nora Irene Stronstad Hope und Grunvor Fjordholm Holvik, die als Nachkommen von Missionaren in der Benagoria-Mission zur Welt gekommen und in der Chandrapura Mission aufgewachsen sind.

In fließendem Santali erzählte mir Stronstad: „Wir leben immer noch in zwei verschiedenen Welten.“ Beide Frauen haben gute Erinnerungen an ihre Kindheit, die sie in großer Freiheit im Santal-Dorf mit seinen sauberen Lehmhäusern inmitten von Salbäumen verbrachten und wo sie mit gleichaltrigen Santal-Kindern spielten (siehe auch Aufsatz über die Santal-Jugend). Ihre zweite Welt sei Norwegen, wo sie jetzt mit ihren Familien leben. Stronstad sagt: „Wir erzählen ihnen aus unserem Leben, aber sie können sich nicht vorstellen, was wir fühlen.“ Nachrichten über Raubbau, Umweltzerstörung und andere Nöte in Indien sind für die Norwegerinnen schmerzlich.

Es tut gut zu wissen, dass es in Norwegen Menschen gibt, die sich eng mit unserer Kultur verbunden fühlen und wir werden in Kontakt bleiben. Das ist eine gute Voraussetzung für eine weitere Zusammenarbeit, und es kann helfen, die Kluft zwischen christlichen und nichtchristlichen Santal zu überbrücken. Zugleich ist es traurig, dass es in Indien viele Angehörige unserer Gemeinschaft gibt, die – anders als diese beiden alten Damen aus Skandinavien – unsere Sprache nicht mehr beherrschen.

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