Migration
Einwanderung als Chance
Die Autoren des vom Development Centre der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung herausgegebenen Papiers sehen Migration als zentrale Dimension von Globalisierung und fordern ein Umdenken in der Einwanderungspolitik der EU-Länder. Dass jedes Jahr tausende Menschen bei dem Versuch, die Festung Europa zu erreichen, umkommen, sei nicht notwendig. Migration müsse als „internationale Arbeitsmobilität“ verstanden und an die Arbeitsmärkte in den Zielländern geknüpft werden. Vor allem Menschen, die über Familienzusammenführung, Asyl oder illegal einwanderten, würden derzeit vom offiziellen Arbeitsmarkt ausgeschlossen. Weil der Bedarf an Arbeitskräften in Zukunft aber weiter steigen werde, sei eine bedarfsgesteuerte Einwanderungspolitik auch im Interesse der Europäer.
Erst aus dem derzeit vorherrschenden statischen Verständnis, dass es nur eine mehr oder weniger feste Zahl an Arbeitsplätzen zu verteilen gibt, entstehe die Idee, Arbeitsmärkte zu „schützen“. Das aber marginalisiere Einwanderer und dränge sie in die Illegalität, was die Integration zusätzlich erschwere. Außerdem verhindere dieser Ansatz, dass neue Arbeitsplätze geschaffen würden, weil er die Fähigkeiten der Einwanderer außer acht lasse.
Politische Vorgaben zur Regulierung von Arbeitsmärkten, so die Autoren, müssen den demografischen Wandel sowie herrschende Marktkräfte berücksichtigen. Die Europäische Union habe bereits einige Schritte in die richtige Richtung getan. Das Europäische Internetportal zur beruflichen Mobilität – EURES – ermögliche es Arbeitgebern und Arbeitnehmern beispielsweise, kostenlos Arbeitsangebote oder -gesuche aufzugeben. Sinnvoll sei es auch, Migrantenorganisationen in die politische Entscheidungsfindung einzubeziehen, um die Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt, die Integration der Migranten und die Entwicklungspolitik in den Herkunftsländern zu verbessern. Entwicklungsländer könnten von Migration stärker profitieren, wenn sie beispielsweise Aus- und Einwanderung sowie die Heimatüberweisungen von Migranten in ihre nationalen Armutsstrategien einbänden.
Notwendig sind aber auch mehr verlässliche Daten. Seit 2004 hat die Weltbank deshalb drei Studien zu verschiedenen Aspekten von Migration veröffentlicht. Die neueste beschäftigt sich mit der Migration von Frauen, die sich in verschiedenen Aspekten stark von männlicher Migration unterscheidet. So blieben Emigrantinnen beispielsweise stärker mit ihrer Heimat vernetzt als Männer und übten dadurch auch einen intensiveren Einfluss darauf aus, wie ihre Rücküberweisungen ausgegeben werden. Zudem stellt die Studie fest, dass die Auswanderung von Männern für die Haushalte in den Herkunftsländern höhere Einkommenseinbußen zur Folge hat als wenn Frauen emigrieren. Dies werde aber teilweise dadurch ausgeglichen, dass ausgewanderte Frauen in der Regel mehr Geld in die Heimat überweisen. (cir)