Medien

Mythen über Migration

Laurence Marfaing vom Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien (GIGA) wirft Medien eine verzerrte Berichterstattung vor: Nur ein Bruchteil der EU-Einwanderer stamme aus Afrika.

Die meisten Europäer nähmen diese Tatsache aber nicht zur Kenntnis, weil in Nachrichten vor allem Bootsun­glücke oder Probleme in Griechenland, Spanien und Italien vorkommen, betont die Hamburger Wissenschaftlerin. Boniface Mabanza von der Kirchlichen Arbeitsstelle Südliches Afrika (KASA) stimmt ­ihrer Analyse zu: Medien konzentrierten sich zu stark auf Meldungen über die Mittelmeerinsel Lampedusa.

Marfaing und Mabanza diskutierten im April auf einer Konferenz des deutschen Verbandes VENRO darüber, wie Presse, Funk und Fernsehen über Immi­gration und Flüchtlingspolitik der EU berichten. Die meisten Migranten aus Afrika, sagte Marfaing in Bonn, bewegen sich innerhalb ihres Kontinents. Hinzu komme: Rund 7,5 Millionen Menschen aus Westafrika leben außerhalb ihres Geburtslandes, nur 15 Prozent von ihnen suchen einen Weg nach Europa, und noch weniger gelangen wirklich dorthin.

Viele Afrikaner suchen überall Arbeit; ein hoher Anteil von ihnen arbeitet deshalb als Saisonkraft. Die EU will Einwanderung unter anderem dadurch eindämmen, dass afrikanische Staaten finanzielle und technische Hilfe erhalten. Im Gegenzug werden sie verpflichtet, illegale Einwanderer zurückzunehmen. Dieses Konzept ist in Marfaings Augen gescheitert – nur ein freier Personen- und Warenverkehr könne verhindern, dass Menschen oder Güter geschmuggelt werden.

Um den Zustrom von Einwanderern zu stoppen, reicht es nicht, die Grenzen abzuriegeln, bestätigte Doris Witteler-Stiepelmann vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Herkunftsländer benötigten bessere Hilfe und mehr Information. Die BMZ-Referatsleiterin fügte hinzu, dass Emigration auf beiden Seiten wertvolle Talente und Arbeitskraft vergeudet. Wer als Fremdarbeiter für eine Weile in Europa lebt, könne bei späterer Rückkehr mehr zum Aufbau in seiner Heimat beitragen.

Joseph Miller