Konflikte

Fehlende Rechtssicherheit

Im kriegsgebeutelten Südsudan verschärfen Rechtsstreitigkeiten über Grundbesitz die bestehenden Spannungen. Ein verlässliches Landrecht fehlt.
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Das Friedensabkommen von 2005, das zur Unabhängigkeit des Südsudans vom Sudan im Jahr 2011 führte, konnte die Dichotomie zwischen den Landrechten der beiden Staaten nicht lösen. Dieser Unterschied hat zu massiver Landnahme im Südsudan und zu unzähligen Eigentumsstreitigkeiten geführt.

„Im Sudan gab es eine Reform der Eigentumsrechte, aber im Südsudan gilt nach wie vor das traditionelle Recht“, sagt Moses Maal, der für Landvermessung im südsudanesischen Ministerium für Grund und Wohnen zuständig ist. Traditionelles Recht bedeutet, dass derjenige, der das Land nutzt oder besetzt, Eigentümer ist. Danach bestimmen gemeinschaftliche Regeln und lokale Chefs die Eigentumsrechte. Das führt zu einem Konflikt paralleler Systeme.

Solche Konflikte gebe es im ganzen Land, sagt Maal, dessen Büro einen Rückstand von 13 000 Fällen von Landstreitigkeiten aufzuarbeiten hat. Seiner Meinung nach sollte die Regierung lokale Gerichte einführen, die sich um diese Streitigkeiten kümmern. „In der Hauptstadt Juba haben wir ein Problem zwischen Einheimischen und Auswärtigen“, sagt Maal. Auf dem Land „nehmen einige mächtige Menschen den Grund in Besitz. Da fehlt es an der richtigen Politik.“

Viele Bauern mussten ihr Land verlassen und flohen vor der Gewalt im Südsudan. Ihre lange Abwesenheit verschärfte die Situation noch. Der Bürgerkrieg im Südsudan brach im Dezember 2013 aus und kostete mehr als 10 000 Menschen das Leben. Nach UN-Angaben flohen über 4 Millionen Menschen, davon brachten sich mehr als 2 Millionen in den Nachbarländern in Sicherheit.

Nach dem Friedensabkommen vom September 2018 kehrten viele dieser Flüchtlinge nach Hause zurück und mussten festzustellen, dass andere ihr Land während ihrer Abwesenheit in Besitz genommen hatten. Laut dem Menschenrechtsaktivisten Reech Malual aus Juba „hat die Regierung keine Besitzrechte an dem Land, sondern verwaltet es lediglich im Namen der Eigentümer. Das fördert den Landraub, weil Menschen, die sich Land nicht kaufen können, andere Mittel einsetzen.“

Wenn Landnahmen stattfinden, kann das zerstörerisch sein. Ein Beispiel ist die Zerstörung von Nutzpflanzen, wenn Hirten ihr Vieh zum Weiden auf Flächen bringen, auf denen zuvor Getreide oder Feldfrüchte angebaut wurden.

Seit 2014 beklagen sich die Bauern der Region Äquatoria über den Zuzug von Hirten mit ihren Tieren auf ihrem Land. Sie betrachten die Neuankömmlinge als existenzielle Bedrohung.

Laut Sule Amari, einem Dorfchef im Bezirk Pageri, etwa 70 Meilen von Juba entfernt, besetzen bewaffnete Hirten Ackerland, gefährden Ernten und bedrohen die Nahrungsmittelversorgung. „Land ist für viele Jugendliche eine Frage von Leben und Tod“, erklärt Amari. „Die lokalen Oberhäupter haben unsere Jugendlichen gebeten, von Gewalt abzusehen. Aber die Hirten müssen gehen. Das ist der einzige Weg für uns, um zu koexistieren.“

2017 befahl Südsudans Präsident Salva Kiir Mayardit Hirten aus anderen Bundesstaaten, die ihre Tiere in Äquatoria weiden lassen, nach Hause zurückzukehren. Aber Gespräche zum Thema haben wenig Anzeichen auf eine Lösung gezeigt, sondern eher einen Nährboden für weitere Streitigkeiten geschaffen.


Parach Mach ist Journalist und lebt in Juba im Südsudan.
parachmach@gmail.com