Amtsführung
Keiner traut der Polizei
Raphael Mweninguwe
An einer Straßensperre im ländlichen Norden Malawis beobachtete ich vor kurzem, wie ein Taxifahrer einem Verkehrspolizisten Geld in die Hand drückte, damit der den Mund hält. Denn im Fahrzeug saßen viel mehr Menschen als zulässig. Ich wies den Polizisten darauf hin, dass das Schmiergeld ist. Aber der war sich keiner Schuld bewusst. Aus seiner Sicht machte er nur seinen Job.
Gefälligkeiten anzunehmen und dafür mal ein Auge zuzudrücken ist für Beschäftigte im öffentlichen Dienst alltägliches Geschäft. Es hilft, die dürftigen Gehälter aufzubessern. Malawier gehen davon aus, dass Staatsdiener ihnen ohne Gegenleistung nicht helfen. Einer aktuellen Studie von Transparency International (TI) zufolge ist Malawis Polizei die korrupteste Institution – nicht nur in Malawi, sondern im ganzen südlichen Afrika.
Aubrey Phiri fährt einen Kleinbus in der Hauptstadt Lilongwe. „Es gibt keinen Polizisten, der kein Schmiergeld kriegt“, sagt er. „Sie verdienen wenig, und sie sind nicht motiviert. Wir müssen sie einfach verstehen.“
Die meisten Fahrer dieser Kleinbusse überfrachten ihre Fahrzeuge und bezahlen die Polizisten dafür, dass sie weggucken. Solche Verletzungen der Sorgfaltspflicht sind die Ursache vieler schwerer Unfälle. Manche Taxifahrer laden Fahrgäste aus, wenn sie sich einer Verkehrskontrolle nähern, und warten dann hinter der Straßensperre auf sie, um sie wieder einzuladen und weiterzufahren. Natürlich durchschaut die Polizei den Trick, aber es scheint sie nicht zu stören.
Einige Polizeibeamte machen sogar gemeinsame Sache mit Kriminellen, indem sie diese beispielsweise mit Schusswaffen versorgen oder an Raubüberfällen teilnehmen. In der Wirtschaftsmetropole Blantyre hielten Schlägertrupps ihre Raubopfer mit Polizeiwaffen in Schach. Kürzlich wurden fünf Polizisten verhaftet, weil sie eine illegale Straßensperre im Thyolo-Distrikt unterhielten, um Leuten Geld und Handys abzunehmen. Medien berichten immer wieder über Polizisten, die in alle möglichen kriminellen Machenschaften und Affären verwickelt sind.
Der neue Generalinspekteur der Polizei, Lot Dzonzi, hat seine Untergebenen gewarnt. Sie sollen künftig sauber bleiben: „Jeder Polizeibeamte, der den Wandel nicht akzeptiert, muss gehen. Sonst wird er das Gesetz zu spüren bekommen, sollte sich herausstellen, dass er in heimliche Aktionen verwickelt ist.“ Präsidentin Joyce Banda hat auf ähnliche Weise versprochen, Korruption zu bekämpfen.
Solche amtliche Aussagen sind sinnvoll. Die traurige Wahrheit ist aber, dass Korruption Teil unserer sozialen Normen ist – und zwar auf allen Ebenen, von kommunalen Ämtern bis zur nationalen Regierung, von der Zivilgesellschaft bis zur Privatwirtschaft. Bemühungen zur Korruptionsbekämpfung sind zu begrüßen. Was sie erreichen, muss sich erst noch zeigen. Es reicht nicht, korrupte Individuen zu bestrafen. Ganz Malawi muss umdenken.