Handelspolitik

Kurzübersicht: Die WTO

Die Welthandelsorganisation (WTO) gibt es seit dem 1. Januar 1995. Sie hat ihren Sitz in Genf und mehr als 150 Mitgliedsstaaten. Ihr höchstes Gremium ist die Ministerkonferenz, die in der Regel alle zwei Jahre tagt. Russland soll beim Ministertreffen in diesem Monat in Genf aufgenommen werden.

Die WTO ist eine relativ mächtige internationale Organisation. Sie verfügt über ein Streitschlichtungs­system, das Sanktionen verhängen kann, um Urteile über Meinungsverschiedenheiten zwischen Staaten über die Vertragsauslegung durchzusetzen.

Die WTO ging aus dem 1947 geschlossenen Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (GATT) hervor. Im Rahmen des GATT fanden von 1949 bis 1993 acht multilaterale Verhandlungsrunden statt, die den internationalen Handel Schritt für Schritt liberalisierten. Zunächst ging es vor allem um die Senkung von Zöllen und die Abschaffung von Quoten, später auch um andere Handelshemmnisse.

Die letzte GATT-Runde war die Uruguay-Runde, die mit einem Gipfel in Punta del Este 1986 startete und 1994 in Marrakesch abgeschlossen wurde. Sie führte zur Gründung der WTO und begrenzte die Agrarsubventionen reicher Industrieländer. Weitere wichtige Ergebnisse waren
– die Abschaffung von Quoten im Textilhandel ab 2005,
– ein Abkommen über handelsbe­zogene geistige Eigentumsrechte (TRIPS) und
– ein Abkommen über den Handel mit grenzüberschreitenden Dienstleistungen (GATS).

Die WTO soll die Strategie der Verhandlungsrunden fortsetzen. Allerdings einigten sich die Mitglieder lange nicht auf Themen für eine neue Runde. Die erste WTO-Ministerkonferenz fand 1996 in Singapur statt. Dort wollten die reichen Nationen einer neuen Runde das Mandat geben, Regeln für Investitionsschutz, Wettbewerbsrecht, Zollabfertigung und die Vergabe von Regierungsaufträgen zu schaffen. Die Entwicklungsländer lehnten das aber ab. Sie fürchteten, Beschlüsse zu diesen „Singapur-Themen“ würden ihre wirtschaftspolitischen Op­tionen einschränken und ihre Wachstumschancen beeinträchtigen.

Weitere Gipfel scheiterten 1998 in Genf und 1999 in Seattle, wo hef­tige Proteste das Ministertreffen überschatteten, die als Beginn der globalisierungskritischen Bewegung gewertet wurden. Zivilgesellschaftliche ­Organisationen argumentierten, die WTO diene den Interessen der reichen Nationen und ermögliche die Ausbeutung der Dritten Welt.

Diese Kritik ist im Kern falsch, denn die WTO arbeitet nach dem Kon­sens­prinzip: Regeln kommen nur zustande, wenn alle Mitglieder zustimmen. Entwicklungsländer haben in der WTO zusammen zudem eine stärkere Position, als wenn sie einzeln mit den großen Wirtschaftsmächten verhandeln.

Dennoch war die Kritik der Protestbewegung nicht unbegründet. Viele Entwicklungsländer fühlten sich durch die Uruguay-Runde über den Tisch gezogen, nach deren Ende ihre Exporte nicht im in Aussicht gestellten Maß wuchsen. Das lag unter anderem daran, dass die Handelspolitik sehr kompliziert ist und arme und kleine Länder von dieser Komplexität schnell überfordert sein können. Während die EU oder die USA ein Heer von Fachleuten zu Ministerkonferenzen mitbringen, werden Entwicklungsländer oft nur von einer Handvoll Diplomaten vertreten.

Obendrein entbrannte um die Jahrtausendwende ein Streit über Pharmapatente, die TRIPS weltweit schützt. Brasilien, Thailand, Südafrika und andere Länder brauchten aber dringend Aidsmedikamente zu niedrigen Preisen. Diesen Streit entschärfte die WTO-Ministerkonferenz in Doha 2001. Sie erlaubte Staaten, zur Sicherung der öffentlichen Gesundheit Patente zu brechen, wenn deren Inhaber benötigte Pharmaka nicht zu erschwing­lichen Preisen bereitstellen.

Die Ministerkonferenz in Doha startete zudem eine neue Verhandlungsrunde. Sie soll unter anderem die landwirtschaftlichen Subventionen weiter reduzieren und Exportsubventionen für Agrarprodukte ganz abschaffen. Für Entwicklungsländer, deren Ökonomien von der Landwirtschaft abhängen, sind solche Subventionen reicher Länder ein gewaltiges Problem.

Die reichen Länder setzten auch die Singapur-Themen auf die Agenda, obwohl die Entwicklungsländer unter indischer Führung klarmachten, sie würden keine Regeln auf diesen Feldern akzeptieren. Tatsächlich ist Zollabfertigung das einzige Singapur-Thema, bei dem es Fortschritt gibt, die Doha-Runde kommt aber insgesamt kaum voran. USA und EU setzen stattdessen verstärkt auf bilaterale Abkommen – und das tun auch China und Indien. (dem)

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Um die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen, ist gute Regierungsführung nötig – von der lokalen bis zur globalen Ebene.