Waldschutz

Bonus für Frühstarter

Ein innovatives Programm schützt den brasilianischen Regenwald – „early movers“ erhalten besondere Förderung.
Extensive Weidewirtschaft verursacht Entwaldung. KfW Group/Photographer: Karl-Heinz Stecher Extensive Weidewirtschaft verursacht Entwaldung.

Der Bundesstaat Acre gehört nicht zu den bekanntesten Gegenden Brasiliens. Er befindet sich etwas abseits, im Westen des Landes, und grenzt an Peru. Dennoch macht Acre immer wieder von sich reden. Im Waldschutz zum Beispiel gehört der Bundesstaat zu den „Pionieren“, wie Karl-Heinz Stecher von der KfW Entwicklungsbank sagt, „und zwar nicht nur innerhalb Brasiliens, sondern weit darüber hinaus“.

Noch Ende der achtziger Jahre hatte Acre wegen der Ermordung des Waldschützers Chico Mendes traurige Berühmtheit erlangt:  Der Kautschukzapfer und Gewerkschaftsführer hatte sich mächtigen Interessen der Vieh- und Holz-industrie entgegengestellt und dafür mit seinem Leben bezahlt. Sein Fall erregte damals internationales Aufsehen. Doch seither ist viel geschehen im westlichsten Bundesstaat Brasiliens: Spätestens seit 1998 hat die Landesregierung den Waldschutz stetig ausgebaut und neue Institutionen, strengere Gesetze sowie ein umfassendes System zur Förderung von Umweltdienstleistungen (SISA – Sistema Estadual de Incentivos a Serviços Am­bientais) geschaffen. Sie hat aber vor allem Einkommensalternativen für Kleinbauern und Kautschukzapfer ermöglicht und mehr Flächen zu Schutzgebieten erklärt. Etwa die Hälfte des dortigen Regenwaldes ist inzwischen unter strengen Schutz gestellt und die Entwaldung seit einigen Jahren kontinuierlich rückläufig.

Weil Acre beachtliches in Sachen Wald­erhalt unternommen hat, gilt der Bundesstaat als sogenannter „early mover“. Diese Vorreiter fördert der Geschäftsbereich KfW Entwicklungsbank im Auftrag der Bundesregierung inzwischen besonders. Seit 2012 erhält Acre eine Vergütung für nachgewiesene Emissionsminderungen, sprich: für nicht abge­holzte Wälder. Dieser innovative Ansatz erfolgt im Rahmen von REDD (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation), das aus den UN-Klimaverhandlungen hervorgegangen ist. Entsprechend heißt das Programm „Globales REDD-Programm für Early Movers“ (REM) und belohnt die „Frühstarter“ im Waldschutz. Ihr Beispiel soll Schule machen und andere waldreiche Gegenden ebenfalls zum Handeln motivieren.Um Missbrauch vorzubeugen, erfolgt die Vergütung anhand bereits erzielter Emissionsminderungen, die mit Hilfe einer sehr konservativen Kohlenstoffrechnung ermittelt werden. Auf diese Weise soll sich der klimaschädliche CO2-Ausstoß bis 2015 um etwa 13 Millionen Tonnen vermindern, den Eigenbeitrag Acres eingerechnet. Gleichzeitig bleiben die Lebensgrundlage vieler Klein- und Waldbauern und die biologische Vielfalt erhalten.

Über das Geld aus dem REDD-Programm kann die Landesregierung in Rio Branco aber nicht frei verfügen, sondern muss es direkt wieder dem Waldschutz zugutekommen lassen, indem beispiels­weise abgeholzte Flächen aufgeforstet oder die ansässigen Bauern über alterna­tive Einkommensmöglichkeiten wie Fischzucht unterstützt werden. „Das erfolgt nach klaren Kriterien der Nutzenverteilung“, erzählt Stecher, „damit auch die lokale Bevölkerung davon profitiert.“ So gibt es neben der Herstellung von Nussöl zum Beispiel eine Fabrik für Kondome, die den Naturkautschuk zu subventionierten Preisen abnimmt. Einkommensmöglichkeiten abseits des Holzverkaufs sind wichtig im Kampf gegen illegalen Holzeinschlag.  

Chico Mendes, der wahrscheinlich seine Freude an dieser friedlichen Nutzung des Waldes gehabt hätte, ist in Acre nicht vergessen. Inzwischen erinnert ein gleichnamiger Preis an ihn. Einer der in seinem Namen Geehrten ist just Karl-Heinz Stecher. Er erhielt die Auszeichnung 2013, weil er „entscheidend zum Erhalt unserer Tropenwälder beigetragen hat“, wie der brasilianische Laudator erläuterte. Die deutsche Bundesregierung möchte das erfolgreiche REM-Programm künftig ausweiten, nach Ecuador, Kolumbien und in asiatische Länder. Auch das wäre wohl im Sinne von Chico Mendes.

Friederike Bauer

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