Stadtentwicklung
Verschwenderische Gebäude
Von Caroline Triml
Dass energieeffiziente Architektur sinnvoll ist, weiß auch die türkische Sekerbank. Deshalb bietet sie, wie die Angestellte Tuncay Gülfer berichtet, Kunden einen speziellen „Ökokredit“ für einschlägige Investitionen an. Dieses Produkt sei in der Türkei „einzigartig und gefragt“. Die Sekerbank kooperiert dabei mit dem Green for Growth Fund, der Finanzinstitute zu günstigen Konditionen mit Kapital für umweltrelevante Darlehen versorgt und zu dessen Anteilseignern die KfW Entwicklungsbank gehört. Die Sekerbank arbeitet auch mit über 500 Anbietern von Produkten wie Dämmstoffen, Solaranlagen oder energiesparender Beleuchtung zusammen.
Auf ähnliche Weise wie die Sekerbank fördert auch die National Housing Bank in Indien Energieeffizienz in Gebäuden. Sie stützt sich dabei auf das Energy and Resource Institute (TERI), das das Energiesparpotenzial von Bauvorhaben ermittelt. Wenn der Energieverbrauch eines Gebäudes um 30 Prozent unter dem Standard liegt, sind Bauherren oder Sanierer zu vergünstigten Krediten berechtigt. Mili Majumdar von TERI sagt, das Konzept sei auf verschiedene Regionen und Klimazonen eingestellt. Die KfW Entwicklungsbank hat der National Housing Bank für solche Zwecke einen Kreditrahmen von 50 Millionen Euro bereitgestellt.
Energieeffizienz ist ein einleuchtendes Prinzip, das in der Praxis nicht leicht zu verwirklichen ist. „Es müssen Architekten, Banker, Bauarbeiter, Anwälte und selbst Politiker gewonnen werden, damit es funktioniert“, sagt Tanmay Tathagat von Environmental Design Solutions, einem Ingenieurbüro in Neu-Delhi. Steigende Energiekosten machen die Investitionen attraktiv. Manfred Konukiewitz vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung betont aber, dass der Ölpreis auf dem Weltmarkt weniger wichtig sei, als dem drohenden Klimawandel vorzubeugen. Sinnvoll sind auch staatliche Aufklärung und Förderung, beispielsweise in Form vergünstigter Kredite für einschlägige Investitionen.
Die Städte vieler Entwicklungs- und Schwellenländer wachsen schnell. In Indien lebten Anfang des Jahrtausends offiziell noch knapp 30 Prozent der Bevölkerung von einer Milliarde in Städten. 2050 dürfte Indien 60 Prozent mehr Menschen beheimaten – und der Zuwachs wird fast ausschließlich auf Städte entfallen. Tathagat schätzt, dass zur Mitte des Jahrhunderts 70 Prozent in Ballungsräumen leben.
Mexikanische Behörden rechnen damit, dass allein in diesem Jahr in ihrem Land rund sechs Millionen neue Häuser und Wohnungen gebaut werden. Die Regierung will, dass dies möglichst umweltgerecht geschieht. Ihre National Housing Commission (CONAVI) legt die Parameter für Nachhaltigkeit fest und definiert auf dieser Basis Mindestkriterien für die Vergabe subventionierter „grüner“ Hypotheken. Seit diesem Jahr spielt dabei nicht nur die möglichst effiziente Nutzung von Wasser und Energie eine Rolle, sondern auch die Standortwahl. Je näher der Wohnraum am Stadtzentrum liegt, desto höher ist das Förderpotenzial.
Es geht darum, Kosten zu senken und gleichzeitig die Qualität der Häuser zu verbessern. „Die grünen Hypotheken sollen dazu dienen, Wohnraum für Familien leistbarer zu machen“, sagte Jorge Wolpert von CONAVI bei einer Tagung der KfW Entwicklungsbank in Frankfurt. Internationalen Austausch findet auch der indische Experte Tathagat sinnvoll: „Erfahrungen und Herausforderungen sind sehr, sehr ähnlich.“ Es komme darauf an, Strategien auf die jeweiligen Bedingungen eines Landes zuzuschneiden.
Caroline Triml