African Standby Force
Skeptische Zwischenbilanz
Langfristig beansprucht die AU Krisen auf dem Kontinent aus eigener Kraft zu lösen. Spätestens seit dem Völkermord in Ruanda 1994 ist das Bedürfnis gewachsen, in vergleichbaren Fällen intervenieren zu können.
Der erste Schritt in Richtung effizientes Krisenmanagement war 2002 die Gründung der AU. Für ihre Vorgängerin OAU (Organisation für Afrikanische Einheit) hatte das Prinzip der Souveränität Vorrang vor allen anderen Erwägungen. Das entsprach jedoch offenkundig nicht den sicherheitspolitischen Anforderungen eines von Bürgerkriegen gezeichneten Kontinents. Das Mandat der AU geht über das der OAU hinaus. Das Prinzip der Nichteinmischung wird zwar immer noch in der Gründungscharta proklamiert, kann jedoch unter bestimmten Umständen außer Kraft treten. Die AU ist autorisiert in Mitgliedsländer militärisch zu intervenieren um „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, Kriegsverbrechen und Völkermord zu unterbinden.
Um dem auch in der Praxis nachzukommen, wird seit 2002 eine gemeinsame Verteidigungs- und Sicherheitspolitik implementiert. Laut offiziellem Zeitplan soll bis 2010 eine wirksame African Standby Force (ASF) stehen und UN-Peacekeeping-Einsätze ohne Hilfe von außen durchführen können. In einer aktuellen Studie für die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) lobt Fregattenkapitän Wolf Kinzel das Ziel, bezweifelt aber das es termingerecht erreicht wird.
Die AU teilt den Kontinent in fünf Regionen: Nord-, Ost-, West-, Zentral- und südliches Afrika. Jede Region soll eigene ASF-Brigaden mit Hauptquartier, Logistik, Infanterie, Hubschraubern et cetera aufstellen, um verschiedenartige Aufgaben erfüllen zu können – von Friedensoperationen bis zu dem Extremfall einer militärischen Intervention zur Unterbindung von Völkermord.
Das Tempo der Implementierung ist in den einzelnen Regionen sehr unterschiedlich. Robuste Kampfmandate traut Kinzel bis 2010 keiner Region zu, Ost-, West- und Südafrika dürften bis dann aber zu Friedensmissionen fähig sein. Westafrika sei dank der Economic Community of West African States (ECOWAS) besonders weit. In anderen Regionen fehle es an handlungsfähigen Staatengemeinschaften. Zudem behindere die Doppelmitgliedschaft mancher Staaten in verschiedenen Regionalorganisationen die gemeinsame Planung.
Für besonders problematisch hält Kinzel die Lage in Nordafrika. Dort fehle es im Gegensatz zu den armen Staaten Zentralafrikas, nicht primär an Finanzmitteln, sondern am politischen Willen. Die Länder Nordafrikas hätten starke Streitkräfte, seien aber untereinander in Konflikte verstrickt. Ähnliche Probleme erkennt Kinzel auch in Ostafrika. Regionale Zusammenarbeit scheitere oft an Sprachbarrieren, aber auch an dem innerstaatlichen Konfliktpotenzial mancher Länder. Gravierende Unterschiede zwischen nationalen Streitkräften verstärkten zudem Konkurrenzdenken.
Die SWP-Studie nennt als weitere Ursache des langsamen Tempos beim Aufbau der ASF die chronische Unterfinanzierung der AU. Der Sold der Soldaten ihrer Mission im Sudan sei deshalb nicht rechtzeitig bezahlt. Ausgestattet als Beobachtermission sollte sie wenig später den Anforderungen eines multidimensionalen Peacekeeping-Einsatzes gerecht werden.
Viele AU-Beitragszahler sind im Rückstand. Die junge Vereinigung braucht Kinzel zufolge aber noch Anschubfinanzierung, um grundlegende Strukturen aufzubauen, Material zu beschaffen und Personal auszubilden. Folglich sei die AU auf externe Geber wie die EU angewiesen.
Solange die AU nicht über hinreichend einsatzfähige ASF-Truppen verfügt, werden weiterhin EU- und UN-Soldaten gebraucht werden. Im Sudan wurde deshalb die AU-Mission in eine UN-AU-Hybridmission umgewandelt, die nach wie vor mit Schwierigkeiten kämpft (E+Z/D+C 5/2008, S. 212f). Kinzel legt nahe, angesichts der Kosten solcher Einsätze sollten die Geber womöglich mehr in den Ausbau eines effizienten Krisenmanagements der AU investieren.
(Alexandra Janda)