Versöhnung
Vom Guerillero zum Friedensaktivisten
Geboren 1968, wuchs Duque in ärmlichen Verhältnissen an der Karibikküste auf. Ebenso wie seine 22 Geschwister durfte er nur so lange die Grundschule besuchen, bis er lesen und schreiben konnte.
Im Alter von 15 Jahren wurde er zusammen mit einem Dutzend anderer Jugendlicher von einem Kommandanten der FARC ausgewählt, um als Milizionär in seinem Dorf für Ordnung zu sorgen. „Als ich meine erste Waffe erhielt, erfüllte sich mein größter Wunsch“, erinnert er sich. In dieser Gegend besaßen nur Waffenbesitzer Autorität. Als Mitglied der FARC war Duque ein respektierter Mann, was ihm im zivilen Leben, als Sohn armer Bauern, verwehrt war.
In seiner Zeit bei der FARC heiratete Duque. Eines Nachmittags, als er nicht zu Hause war, wurde seine Frau von einem Kameraden der FARC vergewaltigt – ein Vergehen, das in der Guerilla hart geahndet wurde. Duque bekam von seinem Kommandanten die Erlaubnis, den Vergewaltiger umzubringen. „Ich tötete ihn, aber die Tat verfolgte mich“, erzählt er. „Danach distanzierte ich mich von der FARC. Ich wollte eine legale Existenz.“ Die Familie zog in die Stadt Barranquilla, Duque arbeitete in einer Fabrik, und ihr erstes Kind wurde geboren.
Dann bekam Duque ein attraktives Angebot: Er sollte für die FARC im Logistikbereich arbeiten und die Lieferungen für den „Karibischen Block“ organisieren. Die gute Bezahlung lockte ihn, und so sagte er zu. Im Laufe der Jahre stieg er auf und wurde zum Logistikchef in der Karibik. In dieser Zeit bekam er zwei weitere Kinder mit seiner Frau.
Eines Tages wurde Duque bei der Übergabe einer Waffenlieferung vom Militär festgenommen und an die Paramilitärs übergeben. Diese folterten ihn im Auftrag des Militärs, um an Informationen zu kommen. „Ich verbrachte ein Jahr im Gefängnis, bis mein Kommandant einen Richter bestach, denn die FARC brauchte mich weiterhin für die Logistik.“ Aber ein halbes Jahr nach seiner Freilassung wurde Duque Opfer eines Attentats. „Ich hatte insofern Glück, als dass ich überlebt habe, aber seitdem bin ich querschnittsgelähmt und fast taub. Für die FARC konnte ich so nicht mehr arbeiten“, erzählt er. 2004 kehrte er der Guerilla den Rücken.
Mit anderen ehemaligen Kämpfern gründete er in Bogotá ein Komitee der Versöhnung und Wiedergutmachung, und seit neun Jahren ist er bei der Stiftung für Versöhnung aktiv. Diese international arbeitende zivilgesellschaftliche Organisation bietet Fortbildungen an, um eine politische Kultur der Vergebung und Versöhnung zu fördern. Sie betreibt mehrere Zentren der Versöhnung. Duque leitet eins davon in der Hauptstadt Bogotá.
Er sagt, er wolle es ehemaligen FARC-Kämpfern leichter machen, sich in die Gesellschaft zu integrieren. Im Versöhnungszentrum arbeite er deswegen eng mit der Kolumbianischen Agentur für Reintegration zusammen. Es bietet Räume des friedlichen Zusammenlebens, in denen ehemalige verfeindete Kämpfer der Guerilla und Paramilitärs, aber auch Opfer des Konflikts und andere Anwohner des Viertels die Möglichkeit haben, sich einfach als Menschen zu begegnen. Duque ist für viele dort ein Vorbild – wegen seiner Herzlichkeit und seiner Hingabe für ein Kolumbien des Friedens.
Maya Perusin Mysorekar ist Studentin und hat bei der Stiftung „Fundación para la Reconciliación“ in Bogotá gearbeitet.
maqpam@hotmail.de
Links
Stiftung für Versöhnung:
https://www.insightonconflict.org/conflicts/colombia/peacebuilding-organisations/fundacion-para-la-reconciliacion/
Kolumbianische Agentur für Reintegration:
http://www.reintegracion.gov.co/en