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Digitale Wählerausweise schützen vor Betrug

Wahlbetrug war in Nigeria lange an der Tagesordnung. Doch vor den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im vergangenen Jahr führte das Land digitale Wählerausweise ein. Sie stellen sicher, dass jeder Wähler nur einmal registriert ist, und schützen gegen Betrug. Die neue Technologie muss jedoch noch einige Hürden nehmen.
Wählerregistrierung mit digitalen Lesegeräten in Lagos vor den Wahlen 2015. Alamba/AP Photo/picture-alliance Wählerregistrierung mit digitalen Lesegeräten in Lagos vor den Wahlen 2015.

Nigerias Wähler waren daran gewöhnt, dass Urnengänge von Gewalt und Manipulationen begleitet waren. Mächtige Politiker ließen leere Wahlurnen entwenden und heimlich mit ausgefüllten Wahlzetteln bestücken. Dann sorgten sie mit Hilfe korrupter Wahlhelfer dafür, dass die Stimmen in den geklauten Wahlurnen nicht etwa gestrichen, sondern mitgezählt wurden.

So geschah es zum Beispiel bei den Wahlen 2003 und 2007. 2007 gilt sogar als undemokratischster Urnengang in der Geschichte des Landes. Wahlmüdigkeit griff um sich: Die Menschen verloren zunehmend das Interesse, weil sie das Gefühl hatten, mit ihrer Stimme sowieso nichts ausrichten zu können. Das Wahlsystem musste dringend mehr Vertrauen gewinnen.

Mitte 2014 wurde bekannt, dass die nigerianische Wahlkommission (Independent National Electoral Commission – INEC) für die Wahl im Jahr 2015 digitale Wählerausweise und elektronische Kartenlesegeräte einführen wollte.

Auf den Wählerausweisen sind die Daten der Inhaber inklusive biometrischer Daten wie Fingerabdrücke gespeichert. Die Lesegeräte lesen den im Ausweis integrierten Chip mit Hilfe kryptografischer Technologie aus. Dann wird der Fingerabdruck des Wählers genommen und mit dem auf dem Ausweis gespeicherten verglichen.

Die Anzahl der Wähler, die auf den einzelnen Kartenlesegeräten registriert sind, wird digital an die Wahlkommission übermittelt. Damit soll sichergestellt werden, dass keine kopierten Wählerausweise verwendet werden können. Zudem ist jedes Lesegerät für ein bestimmtes Wahllokal programmiert und kann nur dort eingesetzt werden. Mehrfaches Abstimmen – ein beliebtes Mittel zur Wahlfälschung – wird dadurch quasi unmöglich.

INEC bestand darauf, nur Wähler mit digitalen Ausweisen zur Wahl zuzulassen, da die alten Wählerausweise, die aus einem einfachen Stück Papier bestanden, anfällig für Fälschungen waren.


Widerstand von Politikern

Während die meisten Nigerianer das neue System mit seinem Versprechen von Transparenz und Glaubwürdigkeit begrüßten, gab es massiven Widerstand von Politikern. Einige argumentierten, das Land sei noch nicht reif für derartige Technologien. Andere meinten, die Neuerung müsse gesetzlich abgesichert werden. Die damals regierende Demokratische Volkspartei (PDP) wehrte sich vehement gegen den Einsatz der digitalen Wählerausweise. Ihr Argument: Die Wähler würden um ihr Recht gebracht, falls Kartenleser ausfielen. Manche Politiker versuchten die Einführung des neuen Systems sogar gerichtlich zu stoppen und INEC zu zwingen, Wähler wie gehabt manuell zu registrieren.

Die Wahlkommission bemühte sich, alle Zweifel zu zerstreuen. Sie versprach, Ersatzgeräte für den Fall technischen Versagens vorzuhalten und Wähler mit Ausweisen, die vom Lesegerät nicht erkannt werden, manuell zuzulassen. Diese Wähler müssten allerdings ein spezielles Formular ausfüllen.

Die damalige Oppositionspartei All Progressives Congress (APC) unterstützte die Einführung der digitalen Ausweise und Lesegeräte. APC-Sprecher Lai Mohammed, der heute Informationsminister ist, sagte, die PDP lehne die Innovation allein deshalb ab, weil sie kein Interesse an freien und fairen Wahlen habe. „Nur unehrliche Politiker, die betrügen wollen und die in großem Stil Wählerausweise gekauft haben, sowie jene, die etwas zu verbergen haben, sind gegen den Einsatz der Geräte“, sagte er. Seine Partei hingegen befürworte jedes Instrument, das dafür sorge, dass die Stimmen der Nigerianer bei der Wahl zählen.

Vor den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am 28. März 2015 rief INEC – mit Unterstützung von zivilgesellschaftlichen Organisationen – die Wähler in einer Kampagne dazu auf, sich ihre digitalen Wählerausweise ausstellen zu lassen. Zudem führte INEC Testläufe mit Lesegeräten in 12 der 36 Bundesstaaten Nigerias durch. Einige Probleme traten zutage, die die Wahlkommission rechtzeitig beheben wollte.


Präsident nicht erkannt

Am Wahltag bestand das größte Versagen darin, dass das Kartenlesegerät im Heimatwahllokal von Präsident Goodluck Jonathan und seiner Frau die Fingerabdrücke des Paares nicht erkannte. Nach mehreren Versuchen griff der zuständige Wahlhelfer auf die manuelle Zulassung zurück. Medien berichteten zudem von Ausfällen der Lesegeräte in mehreren weiteren Wahllokalen im Land. In den betroffenen Gebieten verzögerte sich die Identifizierung der Wähler und damit der gesamte Wahlvorgang. Die Abstimmung musste dort um einen Tag verlängert werden.

Im Großen und Ganzen funktionierten die Lesegeräte jedoch. Lokale und internationale Beobachter waren sich darüber einig, dass das neue digitale System dazu beigetragen hatte, Wahlbetrug stark einzudämmen. Es kam auch bei den Regionalwahlen zwei Wochen später zum Einsatz.

Die digitalen Wählerausweise und Lesegeräte machten die Wahlen 2015 zweifellos zu einem wichtigen Meilenstein auf Nigerias Weg zur Stärkung der Demokratie. Erstmals verlor ein amtierender Präsident die Wahl. Heute regiert der Kandidat der Opposition, Muhammadu Buhari, das Land.

Das neue System muss jedoch noch einige Hürden überwinden. Das Oberste Gericht entschied kürzlich im Zusammenhang mit Gouverneurswahlen, dass die Lesegeräte das Wählerverzeichnis nicht ersetzen dürfen, solange die Nationalversammlung das Wahlgesetz nicht entsprechend ändert.

Die Bürger nehmen INECs Einführung digitaler Technologie jedoch gut an. Inzwischen akzeptieren beispielsweise Banken und Unternehmen den Wählerausweis als Identitätsnachweis. Sogar die staatliche Kommission für Identitätsmanagement verweist auf die Wählerausweise – die von ihr geplante Einführung von Personalausweisen für alle Nigerianer wird seit Jahren durch bürokratische Hindernisse verschleppt.

 

Damilola Oyedele ist leitende Korrespondentin für die nigerianische Zeitung „Thisday“. Sie lebt in Abuja.
damiski22@yahoo.com

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