Internationale Kooperation
Brasilien setzt weiterhin auf Klimaschutz und Kooperation
Inmitten einer reichlich desillusionierten globalen Klimadebatte vermeldete Brasilien kürzlich eine positive Nachricht: Die Abholzung des brasilianischen Amazonasregenwaldes ist auf dem niedrigsten Stand seit über zehn Jahren. Während sich Delegierte aus aller Welt zur COP30 in Belém trafen – wo für Infrastrukturmaßnahmen ironischerweise auch Regenwald gerodet wurde –, meldete das Gastgeberland Fortschritte beim Tropenschutz.
Natürlich ist das immer noch zu wenig angesichts der Problemlage. Die brasilianische Regierung konterkariert ihre Klimapolitik stellenweise auch selbst; etwa soll in der Amazonasmündung bald Öl gefördert werden. Aber: Der politische Wille ist da, die Richtung stimmt – und das war auch schon mal anders. Präsident Luiz Inácio Lula da Silva hat das Ziel ausgerufen, die Abholzung des brasilianischen Regenwaldes bis 2030 komplett zu stoppen. Die Bühne der COP30 nutzte er, um internationale Mittel für den neu ins Leben gerufenen Tropenwald-Fonds zu mobilisieren. Die „Tropical Forest Forever Facility“ soll Milliardensummen für den Waldschutz weltweit bereitstellen.
Insgesamt positioniert sich Brasilien außenpolitisch derzeit als Verfechter von Werten, die andernorts ins Wanken geraten: Klimaschutz, multilaterale Zusammenarbeit, Rechtsstaatlichkeit. Bei den G20 machte sich die Regierung für eine globale Vermögenssteuer von zwei Prozent für Milliardär*innen stark und trieb die internationalen Verhandlungen voran.
Bei seinem Kurs stellt sich das Land auch gegen die Politik von US-Präsident Donald Trump. So entschied der Oberste Gerichtshof Brasiliens im Sommer, große Digitalkonzerne wie Meta, X und Google für illegale Inhalte der User*innen zur Verantwortung zu ziehen. Sollte das Gesetz beschlossen werden, müssen die Plattformbetreiber künftig proaktiv Inhalte prüfen und moderieren.
Der Prozess gegen Ex-Präsident Jair Bolsonaro führte sogar zum offenen Konflikt mit Trump, der die Verurteilung zu verhindern versuchte. Ende Juli verhängte er Sanktionen gegen einen Richter des Obersten Gerichtshofs und hob die Zölle für brasilianische Produkte auf 50 % an. Die Gerichte verurteilten Bolsonaro dennoch wegen versuchten Staatsstreichs zu 27 Jahren Haft.
Die brasilianische Strategie scheint bislang aufzugehen: Die konsequente Haltung gegenüber Washington ließ Lulas Zustimmungswerte steigen; Trump signalisierte zuletzt sogar Gesprächsbereitschaft.
„Brasilien muss respektiert werden“, ließ Lula im Juli als Reaktion auf Washingtons Drohungen verlauten. Vieles im Land ist weiterhin im Argen – Kriminalität, Ungleichheit, Macht von Konzernen und Fossilwirtschaft, Bedrohung indigenen Lebens, gesellschaftliche Polarisierung. Gerade in einer Zeit jedoch, in der sich die internationale Ordnung verschiebt und Demokratien weltweit unter Druck stehen, lohnt es sich, das südamerikanische Land im Blick zu behalten.
Eva-Maria Verfürth ist Chefredakteurin von E+Z.
euz.editor@dandc.eu
Dieser Beitrag ist Teil des „89 Percent Project“, einer Initiative der globalen Journalismus-Kooperation „Covering Climate Now“.