Entwicklung und
Zusammenarbeit

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Kommentar

Blending-Risiken

Mitten in der Euro-Krise sind die Verhandlungen über das neue EU-Budget in vollem Gange. Entwicklungspolitisch spannend ist dabei die Diskussion über das neue Finanzierungsinstrument „Blending“, bei dem private und staatliche Mittel kombiniert werden. Der Haken daran ist, dass der Fokus auf die Armutsbekämpfung verloren zu gehen droht.

Von Pedro Morazán und Tobias Schäfer

Blending soll helfen, neue Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit zu mobilisieren, ohne die Haushalte der Mitgliedsländer zusätzlich zu belasten. Dabei dienen Zuschüsse der EU als Hebel, um Privatkapital zu mobilisieren. Aktuell gibt es acht regionale EU Blending-Fazilitäten, unter anderem in Afrika, Lateinamerika und Asien. Sie bündeln Ressourcen und ermöglichen es bilateralen Geberinstitutionen, Projekte gemeinsam durchzuführen. So werden teure Infrastrukturprogramme mit privater Beteiligung möglich.

Ein Beispiel war die Installation eines Unterseekabels für Mauretanien. Ein Zuschuss der afrikanischen Blending-Fazilität in Höhe von 1,6 Millionen Euro ermöglichte es der nationalen Regierung, ein Darlehen von 8 Millionen Euro bei der Europäischen Investitionsbank aufzunehmen und so ihren Anteil an der Gesamtinvestition von rund 20 Millionen Euro zu stemmen. Den Rest übernahm das Kommunikationsunternehmen IMT, an dem Mauretanien beteiligt ist.

Im Idealfall beteiligen sich die Empfängerländer selbst an den Investitionen. Das stärkt ihre politische Ownership und kann die Nachhaltigkeit von Maßnahmen sichern. Blending hilft dabei Regierungen, Geld zu mobilisieren, an das sie wegen ihrer Schuldensituation oder wegen schwach entwickelter heimischer Kapitalmärkte sonst nicht herankämen.

Solche Finanzierungsmodelle sind für große Infrastrukturprojekte sicherlich sinnvoll. Der Nachteil ist aber, dass die direkte Armutsbekämpfung (soziale Projekte, Bildung, Gesundheit et cetera) ins Hintertreffen zu geraten droht. Das primäre Ziel privater Akteure ist naturgemäß die Rentabilität von Investitionen, nicht die Armutsbekämpfung. Soziale Vorhaben spielen denn auch beim Blending bisher allenfalls eine untergeordnete Rolle.

Es gibt weitere Risiken:
– Blending kann zur Überschuldung bei­tragen.
– Die am wenigsten entwickelten Länder, in denen Infrastrukturinvestitionen aus privater Sicht nicht attraktiv erscheinen, werden von dem neuen Instrument nichts haben.
– Blending-Konzepte könnten andere entwicklungspolitische Instrumente verdrängen.

Für eine Erhöhung der ODA (official development assistance) eignet sich Blending im EU-Kontext nicht. Bei bilateralen Blending-Paketen kann nach den internationalen Regeln der private Darlehens­anteil unter bestimmten Be­dingungen zeitweilig als ODA angerechnet werden. In multilateralen Kontexten gelten aber nur Beiträge aus öffent­lichen Haushalten als ODA.

Die Europäische Kommission will die Blending-Fazili­täten künftig mit einer neuen Plattform besser vernetzen und verspricht sich mehr Sichtbarkeit, Kohärenz und Koordination. Das neue Instrument kann sich durchaus als nützlich erweisen. Allerdings müssen Projektanträge sorgfältig bearbeitet werden, um die Risiken zu minimieren. Wichtig sind dabei folgende Punkte:
– Ex-ante-Evaluierungen sollten unter Einbeziehung der Öffentlichkeit vor­genommen werden, um die Akzeptanz für Vorhaben zu erhöhen und ihre armuts­reduzierende Wirkung sicherzustellen.
– Alle europäischen Entwicklungsbanken sollten einheitliche Kriterien für Armutsbekämpfung, Klimaschutz, Sozialstandards und dergleichen anwenden.
– Die Schuldentragfähigkeit von Partnerländern sollte mit transparenten und einheitlichen Methoden bewertet werden.
– Anforderungen an Privatinvestoren aus Europa oder Drittländern müssen kon­trolliert und klar formuliert werden.

Endgültige Urteile darüber, wie sich Blending wirtschaftlich und politisch auf Partnerländer auswirkt und welche Rolle es in der EU-Entwicklungspolitik einnimmt, sind noch nicht möglich. Die Europäische Kommission muss jedenfalls dafür sorgen, dass Blending nicht auf Kosten der Armutsbekämpfung geschieht, sondern zusätzliche Entwicklungsförderung bewirkt. Weil das nicht selbstverständlich ist, muss die Zivilgesellschaft aufmerksam bleiben.

Governance

Um die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen, ist gute Regierungsführung nötig – von der lokalen bis zur globalen Ebene.