Kommentar
Ein wichtiger Schritt
UN-Ausschusses für Welternährungssicherheit ein neues völkerrechtliches Instrument beschließen. Es trägt den langen Namen „Voluntary Guidelines on responsible governance of tenure of land, forests and fisheries in the context of national food security“. Das ist ein großer Erfolg.
Von Michael Windfuhr
Die Leitlinien sind eine Reaktion auf das wachsende weltweite Interesse an Investitionen in Land, Wälder und Fischereiressourcen. Weil großflächige Transaktionen („land grabbing“) regelmäßig zu Konflikten über Eigentum und Nutzungsrechte führen, wollen zwei internationale Initiativen die negativen Folgen begrenzen. Im UN-Kontext im Ausschuss für Welternährung entstand die Initiative, freiwillige Leitlinien für die gute Regierungsführung zu formulieren – angelehnt an die positiven Erfahrungen mit ähnlichen Leitlinien zum Recht auf Nahrung. Parallel dazu hat die G20 die Weltbank bewogen, Prinzipien für Landinvestitionen zu entwickeln. Das UN-Papier ist nun unterschriftsreif, die Arbeit an den Prinzipien wird darauf in den nächsten Jahren aufbauen.
Die Leitlinien wurden innerhalb von drei Jahren ausgehandelt. Beteiligt waren unterschiedliche Stakeholder aus Staat, Zivilgesellschaft und Wirtschaft. Die Stärke des Dokuments liegt in seiner Orientierung an menschenrechtlichen Standards und Rechtsstaatlichkeit. Es stellt klar,
– dass für die Verwirklichung des Rechts auf Nahrung der Zugang zu Land, Wäldern und Fischereigründen zentral ist und
– dass es ohne langfristige und umfassende Flächennutzungsplanung nicht gelingen wird, neue Investitionen für eine breitenwirksame ländliche Entwicklung zu nutzen.
Die Leitlinien formulieren Mindeststandards für Behörden und Investoren. Ihre Anwendung stellt sicher, dass benachteiligte Bevölkerungsgruppen nicht weiter marginalisiert werden. Diese Menschen müssen den Zugang zu den Ressourcen, von denen sie abhängen, behalten oder angemessen entschädigt werden. Das neue Abkommen führt aus,
– wie die Partizipation aller Betroffenen sichergestellt werden kann,
– wie traditionelle und informelle Rechte wahrgenommen und gewahrt werden können und
– wie die Interessen indigener Völker zu berücksichtigen sind. Korruptionsbekämpfung hat dabei einen hohen Stellenwert.
Selbstverständlich werden freiwillige Leitlinien nicht überall automatisch Staatspraxis. Ihre Umsetzung bedarf sicherlich der entwicklungspolitischen Förderung. Aber die Kritik, dass die Freiwilligkeit das Dokument wirkungslos mache, ist unberechtigt.
Dagegen ist einzuwenden, dass die Aushandlung eines bindenden Vertrages Jahre gedauert hätte und danach auch nur für Staaten Geltung gehabt hätte, die ihn ratifiziert hätten. Stattdessen hat die Freiwilligkeit der Anwendung es ermöglicht, schnell auf ein drängendes Problem zu reagieren. Auch ohne bindende Wirkung trägt der Text zur Standardentwicklung im Völkerrecht bei und zeigt, wie menschenrechtlichen Standards in einem konfliktträchtigen Politikfeld Geltung verschafft werden kann.
Dass die Leitlinien im Konsens beschlossen wurden, ist wichtig. Staaten und Investoren werden unter Druck kommen, wenn sie gegen diese Standards verstoßen. Das Dokument wird sich für ganz unterschiedliche Akteure als hilfreich erweisen. Beamte können sich in der Auseinandersetzung mit ihrer Regierung oder internationalen Investoren auf den Text berufen. Auch zivilgesellschaftlichen Organisationen wird es die Argumentation erleichtern. Selbstverständlich ist es auch für Regierungen und Investoren nützlich, dass sie nun Maßstäbe für ihr Verhalten bekommen.
Den Verhandlungsprozess haben Deutschland (unter der Federführung des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz) und die Schweiz besonders unterstützt. Beide Länder können die Verabschiedung als Erfolg verbuchen. Das gilt gleichermaßen für den reformierten UN-Ausschuss für Welternährungssicherheit. Er wurde 2009 geschaffen und steht unter Druck, seine Relevanz zu beweisen. Die freiwilligen Leitlinien sind jedenfalls eine gelungene Antwort auf drängende Fragen unserer Zeit.