Landwirtschaftliche Diversifizierung

Weg von der Dominanz des Mais

Sambia denkt darüber nach, die Dominanz von Mais als Anbaufrucht und Grundnahrungsmittel zu reduzieren. In einer Kultur, in der „Mais“ fast synonym für „Mahlzeit“ steht, könnte es jedoch schwierig werden, die Menschen zu Abwechslung beim Anbau ihrer Nutzpflanzen und in ihrer Ernährung zu bewegen.
Viele Bauern nutzen einfachste Techniken. Sean Sprague/Lineair Viele Bauern nutzen einfachste Techniken.

In Sambia ist Mais das wichtigste Grundnahrungsmittel und wird am stärksten subventioniert. Künftig wird Mais aber womöglich durch andere Kulturpflanzen ersetzt. Sambias Vizepräsidentin Inonge Wina schreckte kürzlich die Menschen auf, als sie diese aufforderte, ihre Ernährung umzustellen und weniger Mais und mehr Hirse, Sorghum, Maniok, Reis und Süßkartoffeln zu essen. „Die Umstellung auf nährreichere Lebensmittel ist eine der günstigsten und wirksamsten Möglichkeiten, Fehlerernährung zu verhindern“, sagte Wina.

Ihr Vorschlag wendet sich gegen die landesübliche Kultur. Sambier essen zwei- bis dreimal täglich Mahlzeiten auf Maisbasis. Viele betrachten eine Mahlzeit erst dann als solche, wenn sie aus Mais besteht. Besonders beliebt ist der feste Maisbrei „Nshima“. Auch zum Bierbrauen wird Mais verwendet.

Die Aussagen der Vizepräsidentin fallen in eine Zeit, in der Maisbauern auch noch andere Probleme haben. Ihre Kosten steigen, aber die staatseigene Food Reserve Agency (FRA), die ihre Produkte aufkauft, zahlt ihnen weiterhin konstant 110 Kwacha (umgerechnet 4,60 Euro) pro 50 Kilogramm Mais. Sambias Nationaler Bauernverband (Zambia National Farmers’ Union – ZNFU) fordert, den Preis angesichts steigender Kosten für Dünger, Saatgut, Chemikalien, Transport, Strom und Arbeit auf 130 Kwacha anzuheben.

Zugleich liefert ein Subventionsprogramm, auf das viele Maisbauern angewiesen sind, nicht rechtzeitig notwendige Betriebsmittel wie Dünger oder Pestizide. „Die Pflanzsaison naht, die Vorbereitung der Böden läuft, aber uns fehlen immer noch die Betriebsmittel, die wir schon im Juli hätten bekommen sollen“, sagt Veronica Tembo, eine Kleinbäuerin aus Lusakas Chongwe-Distrikt. „Die Landwirte sollten sich darüber sorgen, wann Regen kommt, aber nicht auch darüber, ob Betriebsmittel geliefert werden.“

Die Regierung rief 2002 Sambias Farmers Input Support Programme (FISP) ins Leben, um Maisbauern subventioniertes Saatgut und Dünger verfügbar zu machen und private Händler in die Lieferung von Betriebsmitteln einzubeziehen. In den vergangenen Jahren überschatteten Misswirtschaft und Korruption das Programm, das zudem die Bauern abhängig gemacht hat.

„Die meisten Kleinbauern im FISP sind seit über fünf Jahren Nutznießer, dabei sollten sie nach zwei Jahren Selbstversorger sein“, sagt Robert Tembo, ein Landwirt aus Chipata in Ostsambia. Einige Politiker nutzten FISP, um Wähler zu gewinnen und an der Macht zu bleiben, meint er.

Andererseits möchte der ZNFU, dass mehr Bauern von FISP profitieren. „Von den 3,3 Millionen Tonnen produziertem Mais stammen 1,3 Millionen von Kleinbauern, die nicht vom FISP profitieren“, so ZNFU-Sprecher Calvin Kaleyi. „Mit den FRA-Preisen von 110 Kwacha gehen die Maisbauern Pleite und die Produktion im kommenden Jahr sinkt.“

Derweil fordern auch Erzeuger anderer Getreidearten und von Gemüse und Früchten einen Anteil am FISP. „Auch wir brauchen subventionierte Betriebsmittel“, sagt der Reisbauer Monde Sitwala aus dem Distrikt Mongu. „Die Regierung sollte Reis als ertragreiche Anbaufrucht für Kleinbauern und wichtigen Beitrag zur nationalen Nahrungssicherheit anerkennen.“


Bessere Ernährung

Grund für die Diskussion über die Dominanz von Mais ist die weit verbreitete Fehlernährung in Sambia. Laut dem International Institute for Environment and Development (IIED), einer unabhängigen Denkfabrik mit Sitz in London, liegt es am hohen Maiskonsum, dass Sambia eine der weltweit höchsten Raten an Mangel- und Fehlernährung hat (siehe Rezensionsbeitrag von Sabine Balk im Schwerpunkt des E+Z/D+C e-Paper 2020/11). Mehr als ein Drittel der Kinder unter fünf Jahren zeigt dem Bericht zufolge Wachstumsverzögerungen und ein Viertel der Erwachsenen ist fettleibig.

Zugleich können laut Human Development Index 2019 des UN-Entwicklungsprogramms 48 Prozent der Sambier ihren Mindestkalorienbedarf nicht decken. Der Index listet Sambia bei den Schlüsselindikatoren für menschliche Entwicklung auf Platz 143 von 189 Ländern.

Nach Angaben von William Chilufya, Autor des IIED-Berichts, fördert die große, für den Maisanbau genutzte Landfläche Armut. Mais erzielt niedrige Preise und eignet sich nur für wenige wertschöpfende Tätigkeiten in Verarbeitung, Handel und bei der Versorgung mit Betriebsmitteln. Das Getreide hat somit kaum wirtschaftliche Multiplikatoreffekte.

Sambias starke Maisabhängigkeit führt teils auch deshalb zu Armut, weil der Mais ineffizient und auf veraltete Weise angebaut wird. Die meisten Kleinbauern nutzen traditionelle Geräte und sind von Regen abhängig. Das macht sie anfällig für klima-bedingte Naturkatastrophen und zunehmend unvorhersagbares Wetter. Steigende Durchschnittstemperaturen bescheren nach Schätzungen des IIED bereits 1,7 Millionen Sambiern – das entspricht 18 Prozent der Bevölkerung – erhebliche Lebensmittelknappheit.

Armut und Maisabhängigkeit führen auch zu den gesundheitlichen Folgen, die eine unausgewogene Ernährung mit sich bringt. In Sambia wird Mais produziert und verzehrt, während andere Anbaufrüchte wie Sojabohnen, Reis, Maniok, Bohnen sowie Gemüse und Obst zu wenig für Investitionen berücksichtigt und von Konsumenten beachtet werden. Auch Baumwolle und Tabak sind wichtige Erzeugnisse, selbst wenn sie als Nahrungsmittel keine Rolle spielen.

Die Regierung versucht, mehr Mittel für Infrastruktur sowie Forschung und Entwicklung anderer Kulturpflanzen bereitzustellen. Politisch besonders interessant ist derzeit Maniok, ein stärkehaltiges Knollenwurzelgemüse und Hauptquelle für Kohlenhydrate. „Maniok ist angesichts des Klimawandels entscheidend“, sagt Maniok-produzentin Veronica Chimuku aus dem Distrikt Kaoma im Westen Sambias. „Es ist dürreresistenter als Nutzpflanzen, die Regen brauchen.“

Die Sambier dazu zu bringen, Mais durch andere Nahrungsmittel zu ersetzen, könnte allerdings schwieriger werden, als nationale Investitionsprogramme zu ändern. Mehr als 60 Prozent der Sambier leben unterhalb der Armutsgrenze, für sie wäre es schlicht zu teuer, sich anders zu ernähren. Das Jesuitische Zentrum für Theologische Betrachtung, eine Lobbygruppe für Arme, schätzt, dass eine Auswahl ausgewogener Lebensmittel 7000 Kwacha (296 Euro) pro Monat kosten würde. Für die meisten Haushalte ist das unbezahlbar.

Aufgabe der Regierung ist es somit, eine öffentliche Infokampagne zu starten und andere Kulturpflanzen mehr zu subventionieren, damit diese erschwinglicher für die Menschen werden. Einen Anfang hat die Regierung gemacht, indem sie vorrangig in die Landwirtschaft investieren will. Wichtig wäre zudem, klar festzulegen, welche konkreten Erzeugnisse zu fördern sind.

Zwei Drittel der sambischen Bevölkerung leben auf dem Land und sind von der Landwirtschaft abhängig, was Investitionen hier besonders wichtig macht. Landwirtschaft macht nur 20 Prozent von Sambias Bruttoinlandsprodukt aus, könnte aber dank fruchtbarer Erde und guter Niederschläge eine wichtige Wachstumsquelle sein.

Laut der UN-Sonderorganisation International Fund for Agricultural Development zahlen sich Investitionen in Landwirtschaft besonders aus: Landwirtschaftliches Wachstum verringert die Armut in Subsahara-Afrika bis zu elf Mal schneller als Wachstum in anderen Bereichen. Diversifizierung des Anbaus und Investitionen in landwirtschaftliche Infrastruktur sind kein Wundermittel für Sambias marode Wirtschaft und mangelernährte Bevölkerung. Aber sie könnten ein Ausweg aus einigen der drängendsten aktuellen Probleme des Landes sein.


Literatur
Chilufya, W., 2019: Beyond maize; exploring agricultural diversification in Zambia. London, IIED.
https://www.iied.org/beyond-maize-exploring-agricultural-diversification-zambia


Derrick Silimina ist freiberuflicher Journalist in Lusaka, Sambia. Seine Themen sind Landwirtschaft und Nachhaltigkeit.
derricksilimina@gmail.com