Wirtschaftsentwicklung
Wiederbelebung
Viele Kenianer hängen vom Tourismus ab. Einige werden reich, aber die meisten bekommen als ungelernte Kräfte nur geringe Löhne. Sie kochen und kellnern in Restaurants oder putzen in Hotels. Die Reiseverkehrsumsätze sind beträchtlich, aber Armut bleibt in den Tourismusgebieten weit verbreitet – beispielsweise am Indischen Ozean. Auch Prostituierte halten sich bereit (siehe Kasten zu "Schattenseiten des Tourismus"). Die Tourismusflaute trifft alle, die von der Branche leben, ob sie nun wohlhabend sind oder kaum etwas haben. Nach Terroranschlägen in Nairobi und Küstenstädten wie Lamu und Mombasa haben die Regierungen von Britannien, Italien, Deutschland und anderen Ländern davor gewarnt, hierherzukommen. Viele Kenianer finden das allerdings übertrieben. Monicah, eine Händlerin in Mombasa, sagt etwa: „Die Sicherheit ist hier in Ordnung. Was uns umbringt, ist, wie die ausländischen Medien darüber berichten.“
In weniger angespannten Zeiten war Kenia ein beliebtes Ferienziel. Besonders bekannt sind vermutlich die großartigen Naturerfahrungen, die Safaris, Nationalparks und Wildschutzgebiete ermöglichen. Im Land gibt es sechs UNESCO-Welterbe-Stätten:
- Fort Jesus in Mombasa,
- die Altstadt von Lami,
- die heiligen Wälder von Mijikenda Kaya,
- die Seen im Great Rift Valley,
- der Lake Turkana Nationalpark und
- der Mount Kenya Nationalpark.
Voriges Jahr wurde eine Mehrwertsteuer auf touristische Dienstleistungen eingeführt, folglich sind die Preise für Reisende gestiegen. Laut der Website der Branchenvereinigung Kenya Tourism Federation (KTF) ist diese Steuer ein Nachteil im Wettbewerb mit anderen ostafrikanischen Ländern.
Der Staat braucht selbstverständlich Geld, aber er will auch, dass der Wirtschaftszweig wächst. Im Mai 2014 hat Präsident Uhuru Kenyatta Maßnahmen angekündigt, um die Branche zu beleben. Dabei geht es nicht nur um ausländische Reisende, sondern auch um heimischen Fremdenverkehr. Er kündigte unter anderen die folgenden Schritte an:
- Private Firmen, die ihren Mitarbeitern Urlaub in Kenia bezahlen, können das Geld von ihrer Steuerschuld absetzen. Es wird erwartet, dass diese Reform rund 300 000 Kenianern eine Woche Urlaub im eigenen Land ermöglicht. Um heimische und internationale Gäste in die Nationalparks zu locken, wurden die Gebühren gesenkt. Statt bislang pauschal 90 Dollar müssen Ausländer künftig nur noch 80 Dollar zahlen. Die Gebühren für Kenianer wurden von umgerechnet 13 Dollar auf knapp elf Dollar gesenkt.
- Kenias 47 Counties – neue regionale Gebietskörperschaften – wurden angewiesen, ihre Budgets für Auslandsreisen im Inland zu verwenden. Die nationale Regierung hat das auch versprochen und hat Parlament und Justiz aufgefordert, dem Beispiel zu folgen.
- Ein alte Regel wurde widerrufen, die öffentlich-rechtlichen Institutionen untersagte, Konferenzen und andere Veranstaltung in privaten Hotels abzuhalten.
- Flugtickets wurden wieder von der Mehrwertsteuer befreit.
- Die Landegebühren wurden für den Moi International Airport in Mombasa um 40 Prozent reduziert und für den Flughafen von Malindi um zehn Prozent. Der Flughafen in Malindi soll zudem ausgebaut werden.
Die Kenya Tourism Board fördert die Branche als staatliche Institution. In Zusammenarbeit mit privaten Partnern hat sie eine Kampagne mit dem Titel “Why I love Kenya” gestartet. Der entsprechende Social-Media-Hashtag ist #WhyILoveKenya. Es geht darum, Kenia ein positives Image als Reiseziel zu verschaffen.
Wie der Unternehmerverband KTF einräumt, lassen die Branchenstatistiken zu wünschen übrig. Er hat ein Konzept ausformuliert, um mit Weltbankunterstützung
- die ökonomische Leistung des Tourismus besser zu erfassen und so dessen Beitrag zur Volkswirtschaft präziser zu ermitteln,
- ein Dokumentationssystem einzurichten, mit dem die Ankunfts- und Übernachtungszahlen von Reisenden erfasst werden können, und
- ein nationales Branchenregister zu schaffen, das alle relevanten Unternehmen und ihre Leistungen auflistet.
Die Regierung hat diesem Konzept zugestimmt. Sie hat ein Komitee eingerichtet, in dem staatliche Stellen mit dem KTF zu diesem Zweck kooperieren sollen.
Ob diese Maßnahmen dem Tourismus zu neuer Blüte verhelfen, bleibt abzuwarten. Hoffentlich wird sich Erfolg einstellen. Klar ist indessen auch, dass die Politik nicht darauf ausgerichtet ist, die Lebensbedingungen der Beschäftigten in diesem Wirtschaftszweig zu verbessern. Strategien, die Wachstum beschleunigen, sollten aber mit Maßnahmen einhergehen, um die sozialen Verhältnisse zu verbessern. Das scheint der Regierung bisher nicht bewusst zu sein.
Grace Atuhaire berichtet als freie Journalistin aus mehreren ostafrikanischen Ländern.
graceseb@gmail.com
Anmerkung der Redaktion, 12.4.2015: Dieser Aufsatz wurde im März verfasst und vor dem Terrorangriff auf Garissa University veröffentlicht. Im Rückblick ist es deprimierend, dass die britische Regierung vor Reisen in diese Gegend gewarnt hatte und Präsidente Kenyatte ihr darauhin vorwarf, dem Image seines Landes zu schaden.
Link:
Kenya Tourism Federation:
http://www.ktf.co.ke/news.asp?ID=115