Entwicklung und
Zusammenarbeit

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Kyoto Protokoll

Wichtiger Fortschritt

Der Adaptation Fund soll konkrete Projekte von Entwicklungsländern zur Anpassung an den Klimawandel finanzieren. Nach einer institutionellen Anlaufphase sind nun zahlreiche Projekte in der Umsetzung. In vielen Bereichen kann der Adaptation Fund ein Vorbild für andere Klimafonds sein. Seine Zukunft ist jedoch unsicher.

Von Sven Harmeling und Alpha Oumar Kaloga

In vielen Entwicklungsländern hat der Klimawandel drastische Auswirkungen. Diese Bedrohung wird auch von der internationalen Gemeinschaft ernst genommen. Um die betroffenen Länder bei ­Anpassungsmaßnahmen zu unterstützen, beschlossen die Teilnehmer der UN-Klimakonferenz 2001 in Marrakesch deshalb die Einrichtung des Anpassungsfonds (Adaptation Fund, AF) als Teil des Kyoto-­Protokolls. Sein Hauptmandat ist es, konkrete Anpassungsprojekte in Entwicklungsländern zu finanzieren. Diese sind definiert als „eine Reihe von Aktivitäten, die die negativen Folgen und Risiken des Klimawandels adressieren“. Sie müssen entweder die Vulnerabilität von Mensch und Umwelt verringern oder ihre Möglichkeiten erhöhen, auf die Auswirkungen des Klimawandels zu reagieren. Die Ergebnisse sollen messbar, überprüfbar und verifizierbar sein.

Nachdem das Steuergremium des Fonds – das Adaptation Fund Board (AFB) – 2007 in Bali gegründet wurde, nahm der AF 2008 seine Arbeit auf. Heute jedoch scheint seine Zukunft ungewiss, unter anderem aufgrund des neu geplanten Green Climate Funds. Dabei sind die bisherigen Erfolge des Fonds beachtlich, hat er doch die Eigenverantwortung der Entwicklungsländer und die Mitsprache der Zivilgesellschaft deutlich gestärkt.

Ownership und neue Kapazitäten

Entwicklungsländer erhalten beim AF zum ersten Mal in der internationalen Klimafinanzierung so genannten direkten Zugang („direct access“). Das bedeutet, dass sie selbst Gelder beim Fonds beantragen können und nicht, wie sonst üblich, den Umweg über internationale Institutionen wie Weltbank oder UN-Ent­wicklungsprogramm (UNDP) nehmen müssen. Dafür ­müssen sie nationale Implementierungsagenturen akkreditieren lassen, die dann im Prinzip die gleichen Aufgaben erfüllen wie sonst die multilateralen Organisationen. Auch sie müssen zur Akkreditierung gewisse treuhänderische Standards erfüllen. Die Implementierungsagenturen tragen die Verantwortung für die Projekt- und Programmvorschläge aus ihren Ländern und für die erhaltenen Fördermittel.

Der direkte Zugang macht die Mittelvergabe schneller und unkomplizierter und soll die Eigenverantwortlichkeit der Entwicklungsländer stärken. Dennoch können Entwicklungsländer aber auch den klassischen Zugang über multilaterale Institutionen wählen.

Nach einer eher schwierigen Startphase hat die Akkreditierung von nationalen Implementierungsagenturen im letzten Jahr deutlich an Fahrt gewonnen. Hatten Ende 2010 erst drei Länder den ­Akkreditierungsprozess gemeistert – Senegal, Jamaika und Uruguay –, ist die Zahl mittlerweile auf elf Länder gewachsen, weitere Anträge sind in Bearbeitung. Jordanien und Ruanda haben erstmals Ministerien akkreditiert.

Hauptgrund für die steigende Zahl an Anträgen ist vor allem, dass die Empfängerländer besser über den Akkreditierungsprozess informiert wurden. Auf der Klimakonferenz in Cancún 2010 beschlossen die Teilnehmer, regionale Workshops in Afrika, Lateinamerika, Asien und den pazifischen Inselstaaten durchzuführen. Diese stärkten auch die Süd-Süd-Kapazitätenbildung, da die bereits akkreditierten Institutionen ihre Erfahrungen weitergaben.

Interessant ist, dass – entgegen der Befürchtungen vieler Industrieländer – keineswegs neue Institutionen für den AF gegründet wurden, sondern ausschließlich bereits existierende akkreditiert wurden. Viele von ihnen haben bereits jahrzehntelange Erfahrung im Umgang mit externer Finanzierung. Der Akkreditierungsprozess hat in einigen Ländern zudem institutionelle Reformen und Verbesserungsprozesse angestoßen. Er führt also auch zu Kapazitätenbildung in den Bewerberländern.

Vorbild für internationale Klimafonds

Das Board des AF hat auch in einigen anderen Bereichen Schritte in die richtige Richtung gemacht: Es achtet auf die Schutzlosen, bezieht die Zivilgesellschaft ein und sorgt für Transparenz und Mitsprache bei den Auswahlverfahren.

Im Jahr 2008 beschloss das AFB, dass die Projektvorschläge aus Entwicklungsländern die Bedürfnisse der besonders verletzlichen Bevölkerung berücksichtigen müssen. Vertreter der Zivilgesellschaft hatten schon lange auf das Thema hingewiesen und Germanwatch mahnte konkrete Leitlinien zur Umsetzung an. Nun kann vom Schutz der Verletzlichen abhängen, ob eine Finanzierung bewilligt wird oder nicht. Dies sind nicht nur leere Worte: In den Gutachten und Verbesserungsvorschlägen für Projekte findet man immer häufiger Hinweise darauf, und auch die Leitlinien wurden beim AFB-Treffen im März 2012 angepasst.

Des Weiteren stärkte das AFB die Mitsprache der Zivilgesellschaft, indem es die Leitlinien für Konsultationen bei der Projektplanung änderte. Die Erfahrungen von Germanwatch, einer Nichtregierungsorganisation (NRO), die eng mit NROs in Honduras, Jamaika und Senegal kooperiert, zeigen, dass Regierungen und Implementierungsinstitutionen die konstruktiv-kritische Beratung der Zivilgesellschaft durchaus wertschätzen.

Um die Transparenz seiner Verfahren zu steigern, veröffentlicht das AFB alle Projektvorschläge, bevor es über sie berät, auf seiner Website, wo sie kommentiert werden können. Die AFB-Treffen werden zudem im Internet übertragen und es gibt einen Beschwerdemechanismus. Seit Juni 2012 werden auch die technischen Überprüfungen der Projekte veröffentlicht, die dem AFB als Entscheidungsgrundlage dienen, wenn auch ohne die eigentliche Entscheidungsempfehlung. So können NROs eigene Bewertungen abgeben, noch bevor das AFB über die Anträge entscheidet. Seit Dezember 2010 finden im Vorfeld der AFB-Meetings zudem zivilgesellschaftliche Dialogtreffen statt, auf denen sich NROs aus verschiedenen Ländern über strategische Fragen austauschen oder Forderungen diskutieren können. Im Juni 2012 wurde dieses auch erstmals per Webcast live übertragen.

Unsichere Finanzierung

Trotz aller Erfolge ist die finanzielle Lage des AF jedoch ungewiss. Ursprünglich sollte er sich vor allem aus Mitteln des Clean Development Mechanism (CDM) finanzieren. Auf alle CDM-Transaktionen – also den Handel mit Emissionszertifikaten – wird deshalb eine Abgabe von zwei Prozent erhoben. Doch diese Einnahmequelle ist zuletzt nahezu weggebrochen, da der CO2-Preis drastisch gesunken ist. Mit rund sechs Euro ist er nur noch halb so hoch wie vor zwei Jahren. Das liegt daran, dass die Zukunft des Kyoto-Protokolls unsicher ist und sich zudem der Hauptakteur im Emissionshandel, die EU, kaum ambitionierte Klimaschutzziele gesetzt hat.

Bisher haben freiwillige Beiträge der Industrieländer diese Finanzlücke teilweise geschlossen. Hauptgeber waren Spanien und Schweden. Deutschland, das offizielle Gastland des AF, hat 2010 zwar 10 Millionen Euro beigetragen, weitere Zusagen stehen aber noch aus.

Bisher hat der AF etwa 130 Millionen Dollar für 18 Projekte bewilligt und wird bis Ende 2012 schätzungsweise weitere 200 Millionen Dollar zur Verfügung haben. Die Nachfrage wird aber wohl sehr bald die verfügbaren Mittel übersteigen: Ein Land kann derzeit maximal 10 Millionen Dollar bekommen, beim letzten Treffen des AFB im Juni 2012 standen allein schon 18 Projekte zur Diskussion.

Deshalb hat das AFB zwei Entschlüsse gefasst. Erstens darf in Zukunft nur höchstens die Hälfte der Mittel an Projekte gehen, die durch multilaterale Institutionen umgesetzt werden. Dies soll garantieren, dass für die nationalen Implementierungsinstitutionen im Akkreditierungsprozess noch genug Mittel zur Verfügung stehen. Eine wichtige Entscheidung – auch wenn sie vielleicht nicht im Interesse von Institutionen wie UNDP oder Weltbank ist und obwohl diese Höchstgrenze seit kurzem fast ausgeschöpft ist. Problematisch bleibt, dass auch relativ wohlhabende Entwicklungsländer Gelder vom AF bekommen können. Die reichen Ölstaaten wie Katar oder die Vereinigten Arabischen Emirate haben dies zum Glück noch nicht versucht. Argentinien, das auf Platz 45 des Human Development Index steht, ist bisher das höchstrangige Land, das einen Projektantrag gestellt hat.

Zweitens hat sich der AF zum Ziel gesetzt, bis Ende 2012 zusätzliche 100 Millionen Dollar zu mobilisieren. Dies soll über Beiträge der Industrieländer, private Zuweisungen oder auch innovative Finanzierungsan-sätze gelingen.

Arbeitsteilung oder Austrocknung

Auf der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen 2009 beschlossen die Teilnehmer, zur Klimafinanzierung einen Green Climate Fund (GCF) einzurichten. Dieser soll weit mehr Mittel erhalten als der AF bisher, was die Frage nach der zukünftigen Rolle des AF aufwirft. Verschiedene Szenarien sind denkbar:
– Arbeitsteilung: Der AF finanziert weiter einzelne, konkrete Projekte. Idealerweise erhielten in Zukunft auch nichtstaatliche Akteure direkten Zugang. Der GCF dagegen unterstützt größer angelegte, langfristige Planungs- und Transformationsprozesse. Beides wird notwendig sein und sich ergänzen.
– Integration: Der AF wird in den GCF eingegliedert. Die größten Hürden scheinen hier politisch-rechtlicher Natur zu sein. Die USA, die das Kyoto-Protokoll nicht ratifiziert haben, sind möglicherweise nicht gewillt, ein Instrument aus dem Protokoll in den GCF aufzunehmen. Zudem ist zumindest bisher im GCF keine institutionelle Unterstruktur geplant, in die der AF passen würde. Unüberwindbar scheinen diese Hürden allerdings nicht.
– Austrocknung: Wenn Regierungen kein Geld mehr für den AF aufwenden, innovative Finanzierung nur dem GCF zugutekommt und die Erlöse aus dem Emissionshandel komplett wegfallen, kann der AF nicht mehr handeln. Er würde dann wohl nur noch die begonnenen Projekte abwickeln, seine Funktionen würde der GCF übernehmen.

Noch wird es zweifelsohne einige Zeit dauern, bis der GCF mit Geldern in Milliardenhöhe ausgestattet sein wird, musste doch das erste Treffen des GCF-Board bisher immer wieder verschoben werden. Zumindest für ein paar Jahre wird der AF also noch eine wichtige Rolle spielen. Wenn sich all seine Projekte, die sich heute noch in der Anfangsphase befinden, als für die besonders Verletzlichen nützlich erweisen, war der AF erfolgreich.

Diejenigen, die nun den GCF entwickeln, können auf die Erfahrungen des AF zurückgreifen. Sie können sich ein Beispiel an ihm nehmen in Sachen direkter Zugang, Transparenz, Mitsprache und Schutz der Schwachen. Obwohl der GCF bald höhere Beiträge einfordern wird, müssen Länder wie Deutschland den AF weiter unterstützen.