Kindergesundheit

Impfungen entscheiden über Leben und Tod

In den vergangenen 30 Jahren sank die Sterblichkeitsrate bei Kindern unter fünf Jahren weltweit deutlich. Um das Ziel von weniger als 25 Todesfällen pro 1000 Lebendgeburten bis 2030 zu erreichen, spielt die Immunisierung gegen Kinderkrankheiten eine entscheidende Rolle.
Kinderimpfung in Sierra Leone. picture-alliance/Miro May/Miro May Kinderimpfung in Sierra Leone.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist die Gesamtzahl der Todesfälle bei Kindern unter fünf Jahren erheblich geschrumpft, von etwa 13 Millionen im Jahr 1990 auf 5 Millionen im Jahr 2020. Die Sterblichkeitsrate ist damit weltweit um 60 Prozent zurückgegangen, von 93 Todesfällen pro 1000 Lebendgeburten (1990) auf 37 (2020). Das globale Ziel für die nächsten sechs Jahre liegt bei unter 25. Es entspricht dem 3. UN-Ziel für nachhaltige Entwicklung (SDG – Sustainable Development Goal): Gesundheit und Wohlergehen.

Für die kontinuierliche Verbesserung der Gesundheit von Kindern und einen weiteren Rückgang der Sterblichkeitsrate sind mehrere Faktoren wichtig. Einer ist in SDG2 („Kein Hunger“) festgehalten: die Bekämpfung von Unterernährung. Letztere ist laut WHO verantwortlich für etwa 45 Prozent aller Todesfälle bei Kindern. Das Thema ist und bleibt aktuell. Obwohl die Zahl unterernährter Kinder unter fünf Jahren zwischen 1990 und 2020 weltweit stetig zurückgegangen ist, waren 2020 noch schätzungsweise 149 Millionen Kinder unterernährt.

Die WHO empfiehlt, Kinder in den ersten sechs Monaten ausschließlich zu stillen – das versorgt sie mit allen wichtigen Nährstoffen für eine gesunde Entwicklung. Doch in Ländern mit niedrigen Einkommen sind Mütter oft selbst unterernährt. Oft ist es daher günstiger und gesünder, die Mütter mit mehr Nahrung zu versorgen, damit sie stillen können, als den Kindern Muttermilchersatzprodukte zu verabreichen, die mit Risiken verbunden sind. Später ist eine ausgewogene Ernährung mit Obst, Gemüse, Vollkornprodukten, magerem Eiweiß, fettarmen Milchprodukten und gesunden Fetten entscheidend für Wachstum, kognitive Entwicklung und das Immunsystem. Nur wenn sich Kinder gesund ernähren, können sie lernen, produktiv sein und den Kreislauf von Armut und Hunger durchbrechen.

Darüber hinaus ist gute Hygiene entscheidend, um Infektionserreger einzudämmen. Dazu gehören das Abdecken von Mund und Nase beim Husten oder Niesen und regelmäßiges Händewaschen mit Wasser und Seife. Dies frühzeitig zu vermitteln kann das Risiko häufiger Infektionen im Kindesalter verringern, etwa Durchfallerkrankungen – nach Lungenentzündungen die zweithäufigste Todesursache bei Kindern unter fünf Jahren. Auch Ausbrüche von Cholera und Typhus lassen sich durch gute Hygiene vermeiden.

Globale Gesundheitsbedrohung

Hygiene wiederum hängt vom Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen ab. So lässt sich auch das Risiko von Antibiotikaresistenzen verringern. Zum einen sinkt der Bedarf an Antibiotika, zum anderen das Risiko für Infektionskrankheiten. Die zunehmende Resistenz von Bakterien gegen Antibiotika (antimicrobial resistance – AMR) ist alarmierend und gilt inzwischen als globale Bedrohung für die öffentliche Gesundheit.

Krankheitsanzeichen bei Kindern frühzeitig zu erkennen ist entscheidend, um Komplikationen vorzubeugen und Probleme zu identifizieren, die nicht sofort ersichtlich sind, wie Entwicklungsverzögerungen oder Verhaltensauffälligkeiten. So ist rechtzeitiges Eingreifen möglich. Darauf zielt auch die Strategie „Integrated Management of Childhood Illness (IMCI)“ von WHO und UNICEF ab, die die Versorgung von Kindern unter fünf Jahren in den Fokus rückt. Sie soll Prävention und Gesundheitsförderung als integrale Bestandteile der Versorgung etablieren. Verbessert werden so etwa die Durchimpfungsrate, das Wissen zu gesundheitlichen Themen sowie die häusliche Pflege von Kleinkindern.

Auf Betreuungspersonen kommt es an

Die Strategie stützt sich auf das Wissen und die Fähigkeiten der Betreuungspersonen, ob Eltern, andere Familienmitglieder oder Fachpersonal. Eine stabile, positive Beziehung zwischen ihnen und den Kindern ist ein Schlüsselfaktor für gesundes Wachstum und Entwicklung. Sie ist entscheidend für das physische und psychische Wohlbefinden von Kleinkindern und die Entwicklung ihres Gehirns. Betreuungspersonen müssen daher über die notwendigen Ressourcen verfügen, um Kindern von klein auf ein förderliches Umfeld zu bieten.

Dazu gehört auch, den Nutzen von Impfungen zu kennen und Kinder rechtzeitig gemäß Impfplan zu impfen. Impfstoffe regen das Immunsystem dazu an, Antikörper gegen spezifische Infektionen zu produzieren und schützen Kinder somit vor Krankheiten wie Masern, Polio und Diphtherie. Global sind derzeit Impfstoffe zur Vorbeugung gegen etwa 25 Krankheiten vorhanden. Einige dieser Krankheiten können tödlich sein, vor allem für junge Kinder. Da sich bei Kindern unter fünf Jahren das Immunsystem noch entwickelt, sind sie besonders anfällig für Infektionskrankheiten. Die Impfung ist für sie deshalb besonders wichtig.

Die Wirksamkeit von Impfungen kann sehr hoch sein. Die der Masernimpfung liegt etwa laut einer im Journal of Infectious Diseases veröffentlichten Arbeit bei bis zu 94 Prozent. Trotz solcher Vorteile sind Impfungen aber regional immer noch nicht überall in gleicher Menge verfügbar, was den Rückgang der Sterblichkeitsrate bei Kindern unter fünf Jahren bremst.

Hinzu kommen weitere Faktoren wie die sozioökonomischen Bedingungen, die Infrastruktur des Gesundheitswesens und kulturelle Aspekte. Die Covid-19-Pandemie hat bestehende Probleme verschärft; sie hat die Bereitstellung von Gesundheitsleistungen unterbrochen, die Gesundheitssysteme belastet und ohnehin knappe Ressourcen beansprucht. Das Gleiche gilt für Konflikte und die Auswirkungen der Klimakrise. UNICEF zufolge haben allein in Afrika 12,7 Millionen Kinder in den vergangenen drei Jahren eine oder mehrere Impfdosen verpasst und 8,7 Millionen keine einzige Dosis erhalten. In Nigeria und Äthiopien ist die Zahl der Kinder, die nicht jedes Jahr die Basisimpfungen erhalten, mit mehr als 2,2 Millionen beziehungsweise 1,1 Millionen am höchsten.

Zwar tragen verschiedene Faktoren zur Gesundheit von Kindern bei, doch Impfungen stechen heraus. Sie bieten langfristigen Schutz, verhindern die Ausbreitung von Infektionskrankheiten – und retten letztlich Leben. Außerdem entlasten sie das Gesundheitswesen, da sie teure Behandlungen verhindern und Resistenzen gegen antimikrobielle Mittel verringern. Liegen Bedenken oder Fragen zum Impfen vor, ist es wichtig, dass Fachpersonal zur Beratung bereitsteht.

Benjamin M. Kagina ist Associate Professor und Direktor des NITAGs Support Hub (NISH). Er ist zudem Co-Direktor der Vaccines for Africa Initiative (VACFA) an der School of Public Health and Family Medicine der Universität von Kapstadt.
benjamin.kagina@uct.ac.za

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