Bürgerkriege

Parteibuch statt Patronen

Ein Report der Weltbank lobt Erfolge beim Staatsaufbau und Wirtschaftsreformen in Burundi. Den steinigen Weg dorthin ruft Willy Nindorera in einer Studie der Berghof Foundation ins Gedächtnis.

Von Floreana Miesen

Im Bericht der Weltbank heißt es anerkennend: „Burundi ist eine der aktivsten Ökonomien der Welt.“ Die ordnungs­politischen Erfolge wären aber ohne den Frieden nach dem Bürgerkrieg kaum möglich gewesen. Nindorera schildert, wie Hutu-Rebellen ihren bewaffneten Kampf aufgaben und auf Gewalt verzichteten. Aus seiner Sicht eskalierten die Konflikte in Burundi durch unklare Machtverhältnisse seit der Unabhängigkeit des Landes. Als die Kolonialmächte 1962 abzogen, traten Spannungen zwischen Tutsis und Hutus auf. 1972 töteten radikalisierte Hutus über tausend Tutsi-Zivilisten. Die von Tutsis dominierte Armee habe sich daraufhin als Sicherheitsgarant der Minderheitsbevölkerung gesehen, schildert Nindorera. Viele Hutus hielten das Heer dagegen für kriminell und gewalttätig.

Als der demokratisch legitimierte Präsident Melchior Ndadaye, der den Hutus angehörte, 1993 ermordet wurde, gab es in Burundi Massaker zwischen den Bevölkerungsgruppen in einem Bürgerkrieg. Im April 1994 wurde dann das Flugzeug abgeschossen, in dem sich sein Nachfolger und der Präsident Ruandas befanden. Dieser Anschlag löste den ruandischen Genozid mit schätzungsweise 800 000 Toten aus.

In Burundi eskalierte der Konflikt nicht so schnell, wütete dafür aber länger und kostete rund 250 000 Menschen das Leben. 1994 entsand die Rebellengruppe Conseil National pour la Défense de la Démocratie – Forces de Défense de la Démocratie (CNDD-FDD). Ihre wichtigsten Forderungen waren die bedingungslose Wiederherstellung der institutionellen Rechtmäßigkeit in Übereinstimmung mit den Ergebnissen der Präsidentschaftswahlen im Juni 1993 und die Reform der von Tutsis dominierten Armee, die als Machtzentrum galt.

Der Konflikt in Burundi zog sich laut Nindorera mit vielen Akteuren, die keine klaren Ziele verfolgten, hin. Den jugendlichen Rebellen fehlte politische und militärische Erfahrung. Nach einigen Jahren erschien ihnen der Kampf zunehmend als sinnlos. Verhandlungen wurden attraktiver. Eine Übergangsregierung entstand dank Vermittlungen von Nelson Mandela im November 2001. In der Folge fanden Verhandlungen in feindseligem Misstrauen statt. CNDD-FDD-Mitglieder litten unter ihrer sozialen Abwertung, einigten sich aber mit der Übergangsregierung. Ihre Forderung, in Armee und Politik proportional vertreten zu sein, wurde erfüllt. Danach sei die Reintegration ehemaliger Kämpfer erfolgreich verlaufen, schreibt Nindorera. Verträge wurden eingehalten und Gewalt ver­mieden.

Seit November 2003 ist die Rebellenbewegung CNDD-FDD eine politische Partei. 2005 gewann sie Wahlen. Viele Tutsis sind der Partei beigetreten und sorgen heute für Pluralismus. Aus Nindoreras Sicht ist der Wandel von der Rebellentruppe zur Partei erfolgreich, auch wenn das Erbe der gewalttätigen Vergangenheit noch manchmal ihr Erscheinungsbild prägt. (fm)

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