Heutzutage
Direkte Hilfe
Alles begann mit einer Sammelaktion von Ventilatoren. Im Sommer 2012 besuchte die 37-jährige Siba Barada mit einigen Freundinnen syrische Flüchtlingsfamilien in Beirut. Sie erkundigten sich nach deren Bedürfnissen und erfuhren, dass viele Familien im feuchtheißen Beiruter Sommer Ventilatoren brauchten. Mit Spenden aus dem Bekanntenkreis kauften die Frauen mehrere Ventilatoren. Mit dem übrig gebliebenen Geld besorgten sie Milchpulver und Windeln. So entstand das erste Projekt einer Gruppe von jungen Syrern, die vor dem Krieg in ihrer Heimat in den Libanon geflohen waren. Doch es kamen immer mehr Flüchtlinge nach Beirut, und die Bedürfnisse wuchsen. Siba sagt, dass sie mit 30 Fa-milien anfingen, nun seien es über 1000. Spendensammelaktionen im Familien- und Freundeskreis reichten nicht mehr. So gründeten sie einen Verein, der den Namen „Sarda“ (auf Deutsch: „kleine Geschichte“) erhielt. Als Verein sei es leichter, Kontakt mit anderen NGOs und Geldgebern aufzunehmen, erklärt Siba, die vor Ausbruch des Aufstandes in Syrien als Übersetzerin arbeitete.
„Sarda“ besteht aus sechs festen Mitarbeitern und vielen Freiwilligen. Keiner bekommt ein Gehalt. Alle arbeiten in hauptamtlichen Berufen oder studieren. Für die Initiatoren des Vereins sind direkte unbürokratische Hilfe und der persönliche Kontakt zu den syrischen Familien in Beirut sehr wichtig.
Der 35-jährige Rami Sulaiman hat in Syrien als Buchhalter gearbeitet. Nach der Flucht aus seiner Heimat begann er, sich in der Flüchtlingshilfe zu engagieren. Seit Herbst 2012 ist Sulaiman bei „Sarda“ dabei. Er erzählt, wie er und seine Mitstreiter es schafften, Stück für Stück das Vertrauen zu den Flüchtlingen aufzubauen: „Viele sind misstrauisch und haben vermutet, dass wir eine syrische politische Fraktion vertreten. Manche waren so eingeschüchtert, dass sie schon Verdacht schöpften, wenn wir sie nach ihren Namen fragten. Erst langsam haben sie uns vertraut.“
Die Arbeit von „Sarda“ konzentriert sich zurzeit auf die medizinische Versorgung von schwangeren syrischen Flüchtlingsfrauen und auf den Kindergarten „Amaluna“ (auf Deutsch: „Unsere Hoffnung“). Seit Herbst letzten Jahres betreut der Kindergarten im Beiruter Armenviertel Sabra 76 syrische Kinder im Vorschulalter. „Fast alle Kinder leben in sehr beengten und ärmlichen Verhältnissen“, sagt die Erzieherin Nabila. Manchmal lebten zwei oder drei Familien in einer kleinen Wohnung. Spiele in den Räumen des Kindergartens seien oft die einzige Möglichkeit für die Kleinen, sich auszutoben.
Bei „Amaluna“ arbeitet der Verein mit palästinensischen und libanesischen Partnern zusammen. Die libanesisch-palästinensische Organisation PARD (The Popular Aid for Relief and Development) hat die Räume zur Verfügung gestellt. Die Erzieherinnen und die ehrenamtlichen Helfer sind Palästinenser und Syrer. Ein syrischer Arzt hat sich bereit erklärt, jede Woche im Kindergarten eine Sprechstunde abzuhalten. Finanziert wird „Amaluna“ aus Spenden, unter anderem durch den deutschen Verein Schams.
Mona Naggar ist Journalistin und Trainerin für Journalismus. Sie lebt in Beirut, Libanon.
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