Entwicklung und
Zusammenarbeit

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Behinderung

Frauen stark machen und Denkweisen ändern

Das Thema Gewalt gegen Frauen rückt ins Bewusstsein der Gesellschaften. Dennoch wird es vor allem in Entwicklungsländern noch immer tabuisiert und verschwiegen. Besonders gravierend ist das Problem bei behinderten Frauen – sie haben wegen ihrer vermeintlichen Hilflosigkeit laut Expert/innen ein drei Mal so hohes Risiko Opfer von Gewalt zu werden wie nicht-behinderte Frauen. Behindertenorganisationen und Politik suchen nach Wegen, um das Problem anzugehen und Lösungen zu finden.
Die CBM-Ausstellung „Silent Tears“ verleiht Frauen mit Behinderung eine Stimme: Jacky aus Guatemala „tanzt“ im Rollstuhl. Jacky/Silent Tears Projekt Die CBM-Ausstellung „Silent Tears“ verleiht Frauen mit Behinderung eine Stimme: Jacky aus Guatemala „tanzt“ im Rollstuhl.

Laure Tay ist Landesdirektorin von Togo, Benin und Elfenbeinküste der zivilgesellschaftlichen Organisation Christoffel-Blindenmission (CBM). Sie kennt die Situation von behinderten Frauen in den Ländern, für die sie zuständig ist, gut. Besonders problematisch ist die Verbindung zwischen Armut und Behinderung: Behinderung ist oft Ursache, aber auch Folge von Armut.

Die Betroffenen hätten mit vielen Formen von Gewalt zu kämpfen, berichtet Tay. „Es gibt mittelbare und unmittelbare Gewalt, physische und psychische Gewalt durch die Menschen in der Umgebung, zum Beispiel durch Pflegende. Dass wirtschaftliches Einkommen und ein selbstständiges Leben häufig für sie nicht möglich sind, gehört aber auch dazu.“ Das gäbe es in vielen Ländern – auch in reichen Industrieländern –, im afrikanischen Raum kämen aber noch soziokulturelle Barrieren hinzu: Behinderung würde oft als Fluch oder Hexerei angesehen.

Auch deshalb erfahren behinderte Frauen oft Stigmatisierung und Ausgrenzung und zwar in vielen Bereichen wie in Bildung, in der Gesundheitsvorsorge, im Familienumfeld oder im Arbeitsleben. CBM möchte genau dort mit einem „menschenrechtsbasierten Ansatz“ helfen, so die Landesdirektorin: „Uns geht es vor allem darum, die Frauen stark zu machen und zu ermächtigen, ihre Situation zu verändern. Sie müssen sich ihrer Rechte bewusst werden und sie einfordern.“ Nur so ändere sich auf Dauer die Denkweise der Gesellschaft.

CBM hat erreicht, dass das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ein Projekt in Togo unterstützt, das eine von Gewalt und Behinderung betroffene Frau ins Leben gerufen hat. Sie hat mit einigen Frauen aus ihrem Dorf begonnen, sich eine wirtschaftliche Basis aufzubauen und Kleinigkeiten wie Seifen, Salben oder Taschen selbst herzustellen. Mittlerweile seien daran rund 1000 Frauen beteiligt und könnten durch die Einnahmen ihre Kinder zur Schule schicken und ihr Leben bestreiten. Es sei gelungen, das Selbstbewusstsein der Frauen zu stärken und die Vorurteile der Umgebung zu verändern, resümierte Tay bei einer Online-Fachtagung, die von CBM und dem Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen organisiert worden war.

Ähnliche Probleme weltweit

Mit ähnlichen Problemen wie die Frauen in Westafrika kämpfen auch behinderte Frauen in anderen Teilen der Welt, erklärt die Vorsitzende des Nationalen Forums für Frauen mit Behinderungen in Pakistan Abia Akram. Sie betont, dass die Coronakrise die Situation verschärft habe, vor allem zu häuslicher Gewalt sei es noch häufiger gekommen. Sie bedauert, dass die Frauen oft nicht wüssten, wo es Hilfsangebote gäbe. Ihre Organisation habe in der Coronakrise begonnen, behinderte Frauen mit besserer Technik auszustatten, so dass sie Zugang zu Informationen im Internet bekommen und digitale Angebote wahrnehmen können.

Akram plädiert dafür, dass es einen echten gesellschaftlichen Wandel geben müsse und behinderte Frauen eine wirkliche Beteiligung in Gesellschaft und Politik bekommen sollten. Auch die Politik muss ihrer Meinung nach ihre Hausaufgaben machen. Es gebe zwar entsprechende Gesetze, die Gleichberechtigung und Chancengleichheit von Behinderten garantierten, diese müssten aber auch umgesetzt werden.

Die GIZ ist sich laut Vorstandsmitglied Ingrid-Gabriela Hoven darüber bewusst, dass behinderte Frauen eine erhöhte Gefahr von Gewalterfahrung hätten. Deshalb hat sich die GIZ zum Ziel gesetzt, dieses Wissen in alle Programme zu integrieren und zu beachten, sagt sie. Um eigene Mitarbeiter zu sensibilisieren, schult die Organisation diese in Fortbildungen und hat Richtlinien erlassen, wie die Aspekte Gendersensibilität und Inklusion eingearbeitet werden können. Wie viele Experten beklagt Hoven, dass es sehr schwer sei, Daten zu erheben, da Behinderung oft nicht erfasst wird.


Link
CBM-Fotoausstellung Silent Tears – Starke Frauen:
https://www.cbm.de/unsere-politische-arbeit/silent-tears.html


Sabine Balk ist Redakteurin von E+Z Entwicklung und Zusammenarbeit /D+C Development and Cooperation.
euz.editor@dandc.eu