Pressefreiheit
Beitrag zu besserer Regierungsführung
In seinem jüngsten Buch „The Bottom Billion“ beschäftigt sich Paul Collier mit der Rolle der Medien bei der Reform der Regierungsführung in Ländern mit hoher Korruption. Der anerkannte Entwicklungsökonom von der Oxford University beschreibt, wie die Regierung von Alberto Fujimori in Peru Regierungsmitglieder, Richter, Zeitungsredakteure und die Mitarbeiter von Radio und Fernsehstationen bestochen hat. Sie vergaß jedoch einen kleinen, auf Wirtschaftsfernsehen spezialisierten Satellitenkanal – und das brachte Fujimori zu Fall. Jemand spielte dem Sender ein Video zu, das zeigte, wie ein Richter bestochen wurde. Das Video wurde gesendet, und die Proteste waren nicht mehr unter Kontrolle zu bringen.
Ein anderes Beispiel von Collier ist Nigeria. Ngozi Okonjo-Iweala, die Finanzministerin des Landes von 2003 bis 2006, entschloss sich, die monatlichen Überweisungen der Zentralregierung an die nigerianischen Bundesstaaten zu veröffentlichen. Das sollte den Druck auf die regionalen Behörden erhöhen, ihrer Rechenschaftspflicht nachzukommen. Am Tage der Veröffentlichung schossen die Zeitungsauflagen in die Höhe, berichtet Collier auf Seite 150: Die Bürger wollten wissen, was mit ihrem Geld passiert. Das und die Todesdrohungen bestätigten Okonjo-Iweala darin, dass sie auf dem richtigen Weg war.
Leider sind die Medien aber nicht immer und überall in der Lage dazu, ihre Rolle als „vierte Macht“ auszuüben. In vielen Fällen wollen die Leiter von Zeitungen und Radistationen das auch gar nicht. Korruption so wie in Peru betrifft auch Journalisten und ihre Chefs. Außerdem erfordert unabhängige Berichterstattung Mut. Diejenigen, die sich durch Medienberichte gefährdet sehen, sind häufig mächtig und könnten sich rächen. Außerdem sind Fragen öffentlicher Finanzierung und Entwicklungsplanung sehr komplex. Nur gut ausgebildete Fachleute können darüber qualifiziert berichten.
Deshalb veranstaltet das Internationale Institut für Journalismus von InWent jedes Jahr in Hamburg eine vierwöchige Sommerakademie zum Thema „Freiheit und Verantwortung in den Medien“. Zu den Referenten gehörten bekannte Medienvertreter von führenden deutschen Zeitungen der Hansestadt: Matthias Nass (Die Zeit), Susanne Kölbl (Der Spiegel) und Michael Jürgs (früher beim Stern). Ausländische Fachleute wie Vidya Subrahmaniam von der indischen Tageszeitung The Hindu und Yaw Baudu-Ayebofoh vom ghanaischen Daily Graphic stellten ihr Wissen ebenfalls zur Verfügung. Einen wichtigen Beitrag leistete auch Professor Hans Kleinsteuber, der an der Universität Hamburg Medienwissenschaften lehrt.
Die Zielgruppe der Sommerschule sind Journalisten bis 30 Jahre. Auf dem Programm des diesjährigen Kurses im September stehen so verschiedene Themen wie investigativer Journalismus, die Rolle von Presseclubs und Deutschlands Mediengesetze. „Internationaler Austausch ist von großer Bedeutung“, sagt Werner Eggert vom IJJ, „genauso wie internationale Netzwerkarbeit.“ Die Berufsethik wird schließlich auch durch den Einfluss anderer Journalisten geformt. „Wir wollen, dass junge Kollegen die Grundlagen, das Funktionieren und die Grenzen von Pressefreiheit verstehen“, fügt Eggert hinzu. Ivonne Guzmann vom ecuadorianischen Diario El Commercio hält den internationalen Austausch ebenfalls für sehr hilfreich: „Es war eine großartige Erfahrung“, sagt die Teilnehmerin einer früheren InWent-Sommerakademie. (dem)