Privatwirtschaft

Keine Angst

Zahlreiche Investitionschancen in Afrika bleiben ungenutzt. Erfolgsbeispiele zeigen, dass es nötig ist, das Terrain zu kennen. Das größte Risiko ist aber, nicht zu investieren, meinen Manager mit langjähriger Afrika-Erfahrung.
Die Infrastruktur wird besser – und Mobilfunknetze versorgen viele afrikanische Länder. Ton Koene/picture-alliance Die Infrastruktur wird besser – und Mobilfunknetze versorgen viele afrikanische Länder.

Albert Essien, der Vorstandsvorsitzende der pan-afrikanischen Ecobank, nennt es den „BBC-Effekt“: Die Medien berichten aus Afrika meist nur über Katastrophen. Die Erfolgsgeschichten gehen unter. Viele Menschen wissen nicht, dass die am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt südlich der Sahara liegen. Der afrikanische Außenhandel  hat sich seit 2012 verdoppelt, und die Mitteschichten wachsen stetig. Essien prophezeit, dass Afrikas Ökonomien zu Asien aufschließen werden.

Roddy Barclay von Control Risks, einer Beratungsfirma, sieht ebenfalls langfristige Verbesserungen. Es gibt weniger Gewaltkonflikte, das makroökonomische Management und die Haushaltsdisziplin sind besser geworden. Gleichzeitig erkennen immer mehr Regierungen die wichtige Rolle des Privatsektors. Viele Länder betreiben zunehmend wirtschaftsfreundliche Politik.

 

Eine Erfolgsgeschichte

Kalagadi Manganese ist ein Beispiel für ein erfolgreiches afrikanisches Unternehmen. Vorstandsvorsitzende Daphne Mashile-Nkosi, auch bekannt als die „Iron Lady Südafrikas“, wurde kürzlich auf dem Afrika CEO Forum in Genf zur „Afrikanischen Firmenchefin des Jahres 2014“ gekürt. Ihr Bergbauunternehmen liegt in der Northern Cape Provinz und baut dort Mangan ab.

Nkosi war anti-Apartheid Aktivistin und leistete Sozialarbeit für Frauen in abgelegenen Dörfern. Sie behauptet, durch Zufall in das Bergbaugeschäft „hineingerutscht“ zu sein. Ihr Großvater starb an den Folgen harter Arbeitsbedingungen in einer Mine. Nkosi findet soziale Gerechtigkeit und Frauenrechte sehr wichtig. Stolz verkündet sie, dass 80 Prozent der Arbeitskraft lokal rekrutiert wurden und die Hälfte ihrer Mitarbeiter weiblich ist. Die Bergbau- und die Ingenieurs-Abteilung  werden von Frauen geleitet. Expertise müsse man nicht lange suchen, so Nkosi.

Das Potenzial von Frauen zu fördern ist Nkosis Konzept für erfolgreiche Unternehmensführung. Ihrer Meinung nach sind es die Frauen, die Gesellschaft und Wirtschaft in Südafrika voranbringen. Sie sagt, 90 Prozent des Einkommens von Frauen fließe zurück in die Dörfer – hauptsächlich in Bildung.  Das Beispiel Kalagadi beweist, dass afrikanische Unternehmen zugleich für Gewinne und soziale Sicherung sorgen können.

Der richtige Umgang mit Risiken betrifft auch Arbeitsbedingungen. 2012 zeigte der Streik in der Marikana-Region, wie schlimm es um den Südafrikanischen Bergbausektor steht. Dagegen vertrauen  die Angestellten von Kalagadi Manganese ihrer Unternehmensführung. Das liegt mit daran, dass Kalagadi soziale Infrastruktur fördert. Nkosi zufolge zählen zu den größten Problemen der Provinz fehlende Infrastruktur, etwa für fließend Wasser. Auch Alkoholsucht bereitet ihr Sorgen.

Bisher kooperiert noch kein deutsches Unternehmen mit Kalagadi. Dabei könnte die südafrikanische Firma deutsche Technologie gut gebrauchen. Nkosi würde gerne mehr Kontakte aufbauen. Sie sieht großes Potenzial für Investitionen in ihrem Land und rät deutschen Investoren, Afrika nicht als eine Einheit zu sehen, sondern als Kontinent mit vielen unterschiedlichen Ländern und Möglichkeiten.

 

Übertriebene Sorgen

Experten sind sich einig, dass es selbstverständlich in Afrika ernstzunehmende Risiken gibt. Der niedrige Ölpreis wird ölproduzierende Länder hart treffen. Große Lücken klaffen in der Infrastruktur. Die Stromversorgung ist vielfach unzuverlässig. Auch Sicherheitsgefahren bestehen. Laut der Beratungsfirma Control Risk werden soziale Bewegungen und gewaltsame Aufstände manche Länder destabilisieren. Militante islamistischen Gruppen wie Boko Haram, Al Kaida in Nordafrika und Al Shabaab sind international bekannt. Control Risk sieht diese Milizen aber hauptsächlich als lokale Gefahren.

Nicholas Mulila ist Chef der Risiko-Abteilung bei Safaricom, einem kenianischen Mobilfunkanbieter. Er fühlt sich nicht von Al Shabaab eingeschüchtert und urteilt, terroristische Anschläge könnten „überall“ passieren. Sein Team arbeitet an einer drei-jährigen Risikoanalyse und sieht eine strahlende Zukunft für Safaricom. Florian Witt von der Commerzbank stimmt zu. Die deutsche Großbank hat die Haltungen deutscher Investoren untersucht und heraus gefunden, dass negative Schlagzeilen immer noch sehr einflussreich sind.  Laut Witt haben aber selbst mächtige Terrororganisationen wie Boko Haram der nigerianischen Wirtschaft bisher nicht geschadet.

„Der deutsche Privatsektor muss seine Strategien überdenken“, fordert Karl Weinfurtner von der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG). Die DEG ist die Tochter der KfW Entwicklungsbank, die Privatinvestitionen in Entwicklungsländern finanziert. In seiner 25-jährigen Laufbahn, sagt er, sei es nur einmal vorgekommen, dass eine Investition in Afrika keinen Erfolg gehabt hätte. Weinfurtner bedauert, dass deutsche Unternehmen in Afrika weniger präsent sind als Konkurrenten aus Frankreich, Spanien und Belgien.

Auch der Vorsitzende des Afrikavereins der deutschen Wirtschaft Stephan Liebing hält deutsche Manager für zu risikoscheu. Zu viele erwarteten, dass Investitionen in Afrika nicht profitabel sein könnten. Entsprechend bezweifelten sie, dass sich Anfangsinvestitionskosten rentierten. Diese Haltung sei fehlgeleitet. Viele ausländische Unternehmen seien in Afrika erfolgreich, betonte Liebing auf einer vom Afrikaverein organisierten Konferenz Ende Februar in München.

Afrika brauche Investoren, fügt Liebing hinzu. Die Nachfrage für deutsche Technologien und Expertise sei hoch. Beispielsweise wünschten afrikanische Partner zunehmend professionelles Training und Zusammenarbeit im Bereich erneuerbare Energien. Obwohl deutsche Firmen diesen Sektor anführen, fehlten sie auf dem afrikanischen Radar, bedauert Liebing.

Vorurteile und Unwissenheit zu überwinden, erfordert Engagement. Ecobank-Topmanager Essien nennt wesentliche Aspekte für den erfolgreichen Markteinstieg in Afrika. Wichtig ist:

  • Märkte mit guter Balance zwischen Risiko und Ertrag zu wählen,
  • passende und vertrauenswürdige Partner zu finden,
  • die örtlichen Gesetze und Regeln zu verstehen,
  • Umweltfaktoren zu berücksichtigen,
  • mit der fremden Unternehmenskultur vertraut zu werden und
  • das technische Niveau eines Landes korrekt einzuschätzen.

Theresa Krinninger